Als Dienstleister und Versorger der Nation sieht Hans Peter Wollseifer, Präsident vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), das Handwerk. „In allen Regionen sichern Handwerksbetriebe Ausbildung und Beschäftigung“, so Wollseifer in einem Interview der Schwäbischen Zeitung, das von Benjamin Wagener geführt und am 24. Mai 2017 erschienen ist. Wollseifer weiter: „So leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Wohlstand Deutschlands, stabilisieren die Wirtschaft und fördern maßgeblich den Zusammenhalt in der Gesellschaft.“
2017 mit hervorragendem Start
Befragt danach, wie es beim deutschen Handwerk läuft, erklärte Wollseifer, dass es hervorragend ins Jahr 2017 gestartet ist. Das erste Quartal 2017 sei das erfolgreichste seit der deutschen Einheit. „Beim Umsatz, der Geschäftslage und Beschäftigung und – was besonders erfreulich ist – auch bei den Investitionen liegen die Zahlen deutlich über den Ergebnissen der Vorjahre.“ Besonders gut sei die Lage bei den Bau- und Ausbaugewerken. So gebe es auf dem Bau Auftragsreichweiten von mehr als zehn Wochen.
Digitalisierung bereits Realität
Wollseifer ist überzeugt davon, dass Handwerker künftig noch stärker gewerkeübergreifend zusammenarbeiten werden, um das digitale Haus der Zukunft zu realisieren. Die Digitalisierung habe das Handwerk aber schon längst erreicht: „95 % unserer Handwerksbetriebe haben eine eigene Webseite. 58 % der Handwerksbetriebe setzen auch auf Softwarelösungen, um ihre betrieblichen Abläufe zu steuern. Und jeder vierte Betrieb nutzt die moderne Technologie für die Produktion.“
Warum fehlt dem Handwerk der Nachwuchs?
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Schulabgänger pro Jahr deutlich zurückgegangen. Inzwischen gibt es einen harten Wettbewerb um junge, engagierte Leute. Das Streben nach immer höheren Bildungsabschlüssen hat außerdem dazu geführt, dass sich der Ausbildungsmarkt grundlegend verändert hat. Heute beginnen rund 60 Prozent eines Jahrgangs ein Studium, noch vor zehn Jahren starteten so viele eine duale Ausbildung. Da kann man schon fragen, ob das nicht am Arbeitsmarkt vorbei geht.
Wie viele Flüchtlinge hat das Handwerk untergebracht?
Im Jahr 2016 lernten knapp 4600 junge Leute aus den acht häufigsten Asylzugangsländern im Handwerk, ein Zuwachs von über 2900 Personen binnen drei Jahren. Etliche weitere Tausend junge Menschen mit Bleibeperspektive befinden sich in Praktika, in Ausbildungsvorbereitungskursen oder Berufsorientierungsmaßnahmen. Die ersten, die vor ein paar Jahren gekommen sind, sind mittlerweile auch schon Facharbeiter. Das ist auch gut so. Flüchtlinge sollen ja nicht von den Sozialsystemen leben müssen, sondern sollen sich einbringen, arbeiten und ihren Beitrag zu unseren Sozialsystemen leisten. Der überwiegende Teil will das übrigens auch. (bs)
BM online 07|2017