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Eigensinnig

Werkstattbesuch beim Möbelmacher Eckehard Weimann
Eigensinnig

Sie heißen „Molla“, „Scheitrbeig“ und „Hoinza“. Die Möbel des Allgäuer Schreinermeisters Eckehard Weimann sind eigenwillige Charaktere – ganz so wie ihre aus der Allgäuer Mundart entliehenen Namen. BM-Redakteur Heinz Fink

I Ihre Oberflächen sind selten geradlinig und eben. Mal sind sie sanft gewellt, mal rau bearbeitet. Einige sind kantig gefaltet, andere weich und plastisch geformt. Manche zeigen ihr Material und all seine Fehler, andere verbergen es unter einer Haut aus Farbe oder Metall. Selten sind sie streng geometrisch, meist fließen ihre Konturen organisch. Auf jeden Fall laden sie ein, sie zu „begreifen“ – und das im doppelten Sinne des Wortes.

Die Rede ist von den Möbeln und Objekten des Allgäuer Schreinermeisters Eckehard Weimann. In seiner Werkstatt in Reichholzried nahe Kempten fertigt der 49-jährige Möbelmacher, wie er sich nennt, individuelle Einzelmöbel, von denen ein jedes seine eigene Geschichte erzählt.
Entschiedene Berufswahl
Der Grundstein für sein handwerklich-gestalterisches Schaffen wurde schon früh gelegt, denn schon als Kind schnitzte er gerne und bereits mit zwölf Jahren baute er sich einen Stuhl. Aber nicht irgendeinen Stuhl, einen traditionellen Allgäuer Brettstuhl mit kantigen, in Gratleisten schräg eingestemmten Beinen und einer reich beschnitzten Lehne.
Eins war schon damals für ihn klar: Er will Schreiner werden. Nach der Lehre in einem alteingesessenen Allgäuer Schreinereibetrieb, dem eine Holzschnitzerei angegliedert war, anschließender Gesellenzeit in verschiedenen Betrieben und Meisterprüfung machte sich Eckehard Weimann 1994 selbstständig. Vor gut zehn Jahren konnte er die Werkstatt eines Kollegen, bei dem er schon als Geselle und Meister gearbeitet hatte, übernehmen. Seither betreibt er sein Werkstatt-Atelier im Erdgeschoss eines Handwerkerhauses aus den 40er-Jahren, in dem er mit seiner Familie auch wohnt. Neben seinen international gefragten Möbelunikaten fertigt er hier auch Möbel und Innenausbauten für den gesamten Wohnbereich für Kunden aus dem näheren Umkreis.
Berühren ausdrücklich erwünscht
Die haptische Qualität seiner Möbelobjekte ist Eckehard Weimann besonders wichtig, sie sollen den Nutzer berühren, sowohl praktisch als auch emotional. Mal tun sie dies durch die raue Oberfläche aus gespaltenem Holz, ein andermal durch ihre plastisch geformten, fein geschliffenen und geölten Flächen aus Massivholz. Aber auch seine lackierten oder mit unterschiedlichen Metalloberflächen belegten Möbel und Objekte reizen zum Darüberstreichen.
Zur groben Ausarbeitung der plastischen Formen seiner „Organic Design“-Serie nutzt Eckehard Weimann einen mit einer speziellen Frässcheibe der Firma Arbortech bestückten Winkelschleifer. Feinere Details werden mithilfe unterschiedlicher Schnitzeisen, Raspeln und Feilen bearbeitet. Abschließend werden die Massivholzflächen geschliffen und geölt.
Moderne Oberflächenoptik
In Sachen Oberfläche experimentiert der Allgäuer Möbelmacher aber auch gerne mit ausgefallenen Materialien. Für seine Möbel in Metalloptik nutzt er als Trägermaterial Birke- Multiplex, aber auch Platten aus recyceltem Polyurethan-Hartschaum. Nach der Bearbeitung werden die plastischen Flächen mithilfe eines Farbrollers, die geraden mittels Spachteltechnik mit einer selbst entwickelten Mischung aus Metallpulvern und Bindemittel beschichtet. Je nach Farbe mischt er fein gemahlenes Eisen, Aluminium, Bronze oder sogar Titan in das Bindemittel. Anschließend werden die Flächen wiederum geschliffen und teilweise auf Hochglanz poliert.
Bei den Möbeln seiner Serie „Natural Style“ dagegen arbeitet Eckehard Weimann mit starken Gegensätzen und besonderen Holzstrukturen. Gespaltene Rüster für die Fronten kontrastiert bei einem Stehpult mit den glatten, fein dimensionierten Seiten aus geseifter Esche. An der Schubladenkommode „Typograph“ kommt sägerauer Nussbaum für den Korpus und glatt gehobelter Ahorn für die Vorderstücke zum Einsatz – als Griffe dienen große Drucklettern aus Blei. Eine Hülle aus feinjährigem Tannenholz umzieht dagegen den reduziert gestalteten Schubkastenturm „Excel“ mit Griffen aus antiken Plakat-Drucklettern aus Birnbaum.
In der Serie „Artefact“ schließlich finden sich bildhauerisch-skulpturale Möbel: Eine gedrechselte Scheibe aus Ahorn als Gesicht und eine beschnitzte Koffertüre als Körper bilden beim Schrankmann eine abstahierte menschliche Figur. Figürlicher kommt dagegen das CD-Regal „Opopo“ daher, das einen realistisch ausgearbeiteten weiblichen Torso von hinten zeigt. Aus einer ganz anderen Quelle zieht die Kommode „Jackson“ ihre Inspiration: Der aufrecht stehende, weiße Quader ist mit bunten Farbläufern und -klecksen im Stile der Malerei des US-amerikanischen Künstlers Jackson Pollock überzogen.
Heimatverbunden
Obwohl Eckehard Weimann seine Möbelunikate inzwischen – dank Internet und einer regen Beteiligung an überregionalen Messen und Kunsthandwerkerausstellungen – bis nach Frankreich, Spanien, die Schweiz und sogar bis nach Hongkong und in die USA verkauft, schlägt sein Herz doch für seine Heimat, das Allgäu. Von hier bezieht er seine Hölzer: Nussbaum, Kirschbaum, Birnbaum, Eiche, Esche, Ahorn, Buche oder Ulme. Hier findet er aber auch die Inspiration und die Namen für einen Teil seiner Möbel. So bezeichnet „Scheitrbeig“ – ein Brennholzstapel im Allgäuer Dialekt – eine Schubladenkommode mit einer Front aus Ulme-Spaltholz und die Garderobe „Hoinza“ entlehnt ihren Namen von den Gestellen zur Heutrocknung. „Molla“, der Stier, gibt einem Stuhl, dessen Lehne aus Kuhhörnern gebildet wird, seinen Namen – selbstverständlich von Allgäuer Rindern! I
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