1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Praxis- und Kollegentipps » Zu Gast beim Kollegen »

Kompakte Holzbox

Schlichte Hülle mit expressivem Inhalt: Ein ausgefallener Holzbau im Kanton Bern
Kompakte Holzbox

Ortstypische Bauvorschriften können Architekten und Bauherren bisweilen zur Verzweiflung bringen, engen Sie doch allzuoft den Entwurfsspielraum hinsichtlich Größe, Form und Gestaltung eines Neubaus ein. Im schweizerischen Ort Hindelbank, im Kanton Bern, hat das Architektenteam Freiluft einen so genannten „Ersatzneubau“ realisiert, der die strengen äußeren Vorgaben einhält, im Inneren aber mit ungewöhnlichen Raumzuschnitten überrascht.

Das Baurecht mit seinen vielfältigen Vorschriften regelt unter anderem die Größe, Form und Gestaltung eines Gebäudes. Oftmals wird es von Seiten der Planer und der Bauherrschaft als störendes, die Gestaltungsfreiheit einengendes Korsett empfunden. Im Falle des, vom Berner Architektenteam Freiluft entworfenen und realisierten Wohnhauses wurden diese Rahmenbedingungen nicht als Beschränkung empfunden, sondern eher als Herausforderung, die mit „sportlichem Einsatz“ gelöst wurde.

Die Lage des Gebäudes zwischen Wald und landwirtschaftlich genutzten Flächen machten bei der Planung des kleinen Einfamilienhauses die Einhaltung des Umrisses und der Dachform des Vorgängerbaus aus dem Jahr 1958 zur Auflage und gaben somit das äußere Erscheinungsbild und das Volumen vor. Damit enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten mit den „Vorfahren“. Denn die Architekten des Büros Freiluft, Martin Klopfenstein, Alexander Grünig und Matthias Zuckschwerdt, zeichneten das am Hang liegende Gebäude mit scharfen Umrissen, ohne Dachüberstände und einer feinen, vertikal verlaufenden Außenhaut aus Lärchenholz.
In den Holzblock geschnitten
„In ein massives Stück Holz wird willkürlich hineingesägt. Die Schnitte werden zu Wänden, das Massive zu Räumen“, so die Grundidee der Architekten beim Entwurf. „Das Innere des Gebäudes wurde anfangs ausschließlich mithilfe eines Arbeitsmodells entwickelt. Erst nach und nach konkretisierten sich die Funktionen der einzelnen Räume.“
Auf einer in den flachen Hanganstieg eingelassenen Betonwanne, errichteten die Architekten einen reinen Holzbau aus partiell vorgefertigten Elementen. Das Holz dafür stammt zu 80 % aus dem eigenen Wald des Bauherren und wurde ein Jahr zuvor eingeschnitten, technisch getrocknet und in einem Holzwerk weiterverarbeitet. So wurden die Brettstapeldecken des Gebäudes eigens aus diesem Holz angefertigt.
Das gesamte Haus ist nach dem Minergie-P-Standard, vergleichbar dem deutscher Passivhäuser, gefertigt und kommt annähernd ohne Heizung aus: Geheizt und Warmwasser aufbereitet wird durch, auf dem Dach angebrachte Sonnenkollektoren. Im Winter unterstützt die Stückholzheizung des nahegelegenen Elternhauses des Bauherrn über eine Fernwärmeleitung das Heizsystem. Eine Dachbegrünung rundet das ökologische Konzept des Gebäudes ab.
Von der Natur ins Haus
Das Gebäude wird von der, dem Wald zugewandten Hangseite her erschlossen. Dabei liegt die großflächig verglaste Eingangstür gut geschützt in einer vorgezogenen Nische. Der sich konisch verjüngende Flurbereich dient als Verteiler zu den auf der oberen Geschossebene liegenden Arbeits- und Gästezimmern sowie einer Toilette. Der Flur endet auf einer spitz zulaufenden Kanzel, die als Podest für die zum Untergeschoss führende Treppe dient. Von dort aus hat man einen großzügigen Blick durch die große Fensterfront hinaus in die angrenzende Natur. Die Brüstung der Kanzel und die Wange der geradläufigen Treppe sind aus Fichte-5-Schichtplatte gefertigt, deren Aufbau an der oberen Kante sichtbar ist. Die geölten Treppenstufen in Eiche sind zwischen Wandfläche und Treppenwange eingespannt. Den unteren Treppenabsatz bildet dabei ein spitz in die Raumecke auslaufendes Podest, das ein L-förmiges Stahlprofil aufnimmt, welches die frei endende Treppenwange stabilisiert.
Über den tiefer liegenden, dreieckig geformten Essplatz mit offener Küche erschließen sich das Elternschlafzimmer, das Bad und ein in den Hang hineingebauter Technikraum für Wärmespeicher, Haustechnik und Waschmaschine. Küche, Essplatz und Schlafzimmer haben eine beeindruckende Raumhöhe von 5.8 m bis in die Dachuntersicht. Über vier Stufen erreicht man den etwas höher gelegenen Wohnraum. Interessant hier: In der Bodenfläche befindet sich eine Klappe die zu einem flachen Kriechkeller führt, der zusätzlichen Stauraum bietet.
Aufs Äußerste reduziert
Die markant zugeschnittenen und sehr expressiv gestalteten Räume kommen mit wenigen Einbauten aus. So wird die freistehende Küche mit rotlackierten MDF-Fronten durch flächenbündige Wandeinbauten und Ausschnitte im Bereich des Treppenabsatzes um weiteren Stauraum ergänzt. In den Treppenstufen sind Schubladen integriert. An einer von der Decke abgehängten, hölzernen Wandscheibe hängen über der Küche verschieden große, collagenhaft arrangierte Korpusse. Diese sind zum Essplatz und Küche hin durch Drehtüren verschlossen und zum Wohnraum als offene Regalboxen ausgebildet. Ähnliche Einschnitte und wandintegrierte Stauräume gibt es in der Toilette im Obergeschoss. Witzig hier: ein schmaler Fensterschlitz ermöglicht den Blick in den Wohn- und Essraum.
Alle Zimmertüren sind als überfälzte Drehtüren in 5-Schicht-Platten ausgeführt und liegen leicht zurückversetzt und flächenbündig mit den Blockrahmen in den Wandflächen. Lediglich die WC-Tür ist zum Flur hin flächenbündig liegend mit der Wandverkleidung ausgeführt.
Sensible Materialauswahl
Durch die Reduktion auf wenige Materialien, wie Fichte im Inneren, schwarz pigmentiertem und geschliffenen Anhydritestrich in Küche, Bad und Technikraum und lediglich vergipsten und ansonsten roh belassenen Wand- und Deckenflächen, erreichen die Architekten eine klare und durchgängige Sprache. Diese steht im angenehmen Kontrast zur ausdrucksvollen Raumgestaltung im Inneren des kleinen, kompakten Schmuckstückes in Holz. (Heinz Fink) ■
Architektur und Bauleitung:
Freiluft Architekten
3011 Bern, Schweiz
Schreinerarbeiten und Küche:
Heiniger Möbelwerkstätte
3312 Fraubrunnen, Schweiz
Fenster:
Wenger Fenster AG
3752 Wimmis, Schweiz
Holzbau:
Ryf Holzbau
3128 Rümligen, Schweiz
Fotos:
Freiluft Architekten
Herstellerinformation
BM-Gewinnspiel
Herstellerinformation
BM-Titelstars
Herstellerinformation
Im Fokus: Vernetzte Werkstatt

Herstellerinformation
Im Fokus: Vakuumtechnik
Herstellerinformation
BM auf Social Media
BM-Themenseite: Innentüren
Im Fokus: Raumakustik
_6006813.jpg
Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
Im Fokus: Gestaltung
Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

BM Bestellservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der BM Bestellservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum BM Bestellservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des BM Bestellservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de