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Nachfolge mit Vorsprung

Generationswechsel bei der Tischlerei Bartholl
Nachfolge mit Vorsprung

„Ein Unternehmen ändert sich nur, wenn die Mitarbeiter es wollen.“ Das steht auf einem Ausdruck, der in Fenja Bartholls Büro hängt. Die 30-Jährige ist als Branchenfremde in die Tischlerei ihres Vaters eingestiegen und wird sie später übernehmen. Alle gemeinsam gehen nun Schritt für Schritt den Weg in Richtung Zukunft.

Autor: Natalie Ruppricht, BM-Redaktion

I Bisher teilen sich Stephan Bartholl (60) und seine Tochter Fenja die Geschäftsführung der Tischlerei Bartholl (TIB) in Bad Segeberg nördlich von Hamburg noch. Sie ist schon seit 2012 dabei und wird das Unternehmen eines Tages übernehmen. Wann genau? Der Senior schmunzelt: „Das entscheidet Fenja. Wenn sie soweit ist, gehe ich.“

Bis dahin gibt es noch einiges zu tun. Denn Fenja Bartholl hat keine Tischlerlehre ge- macht, sondern „lediglich“ einen Master in Betriebswirtschaft. Die Aufgaben müssen also neu verteilt werden – es wird sich einiges ändern. Notwendige Neuerungen will die junge Geschäftsführerin aber nicht von oben herab diktieren – nach dem Prinzip „Order per Mufti“, wie sie das nennt –, sondern alle 15 Angestellten in den Prozess einbinden.
In Workshops die Zukunft abstecken
Gemeinsam mit ihrem Bruder Hinnerk (33), der eigentlich freiberuflicher Unternehmensberater in der Windkraftbranche ist, hat sie sich überlegt, wie das funktionieren könnte. „Die Idee kam uns in einer Kneipe“, lacht Fenja. „Wir haben darüber diskutiert, wie wir mich fachlich fit kriegen, die Akzeptanz der Mitarbeiter sicherstellen und herausfinden, wo ihnen der Schuh drückt.“
Die Idee geht so: Alle sechs Monate gibt es einen eintägigen Workshop, moderiert von Hinnerk Bartholl. Die Teilnehmer sind Fenja, ihr Vater Stephan, Mutter Cornelia (sie macht die Buchhaltung), Meister Volker Martensen und ein Mitarbeiter aus der Werkstatt. Jedes Mal behandeln sie ein Thema, das im Rahmen des Generationswechsels wichtig erscheint. Beim ersten Termin im Herbst 2012 ging es vor allem um die Aufgabenverteilung im Büro. Im Fokus des zweiten und dritten Workshops stand die Produktpalette, weitere Themen waren die Lagerhaltung, die Ausbildung oder auch eine mögliche Standardisierung in der Möbelproduktion.
Starke Möbel effektiv fertigen
Mithilfe von Steckbriefen hat das Projektteam in den Workshops die Top-5-Produkte von TIB definiert. Dazu wurden Umsatzanteile und Wirtschaftlichkeit verglichen, das Wachstum prognostiziert und die Kompetenzen der Mitarbeiter bewertet. Der Schwerpunkt liegt bisher im individuellen Möbelbau (ca. 55 %) sowie auf Handel und Montage von und mit Fenstern (40 %). Daneben führt TIB Reparaturen durch und berät in Sachen mechanischer Einbruchschutz im Sinne der Polizei.
Bei den Möbeln wollen die Bad Segeberger Tischler in Zukunft Zeit sparen – sowohl in der Fertigung, als auch in der AV. Dazu sollen Abläufe und Konstruktionsdetails standardisiert werden: Man muss den Schrank ja nicht jedes Mal neu erfinden.
Zudem ist geplant, eine zweite Führungsebene aufzubauen: Die Bereichsleiter „Bau“ und „Möbel“ werden Fenja Bartholl den Rücken freihalten und ihr mit Fachwissen zur Seite stehen, wenn der Vater den Betrieb verlässt. So will man die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen. Für die Bauelemente, die noch der Unternehmensgründer betreut, sucht TIB schon jetzt einen Meister mit Führungsqualitäten.
In den Workshops fiel auch die Entscheidung, dass der Raumgestaltungsservice fokussiert und die neue Geschäftsführerin in Sachen Kundenberatung geschult wird. Vieles lernt sie von ihrem Vater, doch sie hat auch eine Fortbildung bei Kollege Toni Werner gemacht. Inzwischen konstruiert sie selbst Möbel und plant ganze Innenausbauten.
Über Reparaturen weiter wachsen
Ausführlich diskutiert wurde auch das Thema Reparaturen, denn hier soll die Rentabilität steigen. TIB sieht großes Potenzial, will den Bereich ausbauen und dadurch weiter wachsen. Das passt zur Unternehmensphilosophie: Die Tischlerei hat sich auf die Fahnen ge- schrieben, Bestehendes so lange wie möglich zu erhalten (Stichwort Nachhaltigkeit) und versteht sich als Problemlöser. Zudem seien Reparaturen oft ein Türöffner, mit denen man neue Kunden gewinnen kann.
Seit etwa einem Jahr wird der Service explizit angeboten. Nun sollen die internen Abläufe entsprechend optimiert und das Marketing ausgebaut werden. Das Ziel: Einen Mitarbeiter abstellen, der sich selbst organisiert, die Reparaturen koordiniert und durchführt. „Sobald wir den Großraum Bad Segeberg unter Kontrolle haben, soll Hamburg folgen“, so die engagierte Junior-Chefin.
Azubis mehr an die Hand nehmen
Bei den Angestellten komme das Workshop-Konzept gut an: „Wenn wir samstags getagt haben, wissen am Montagmorgen schon alle, worum es ging.“ In den ersten Terminen hat Uwe Albrecht die Interessen der Werkstattmitarbeiter vertreten. Er ist seit 25 Jahren bei TIB und somit der dienstälteste Geselle. Auch Tischlermeister Stephan Schreiner hat bereits an einem Workshop teilgenommen. „In den Diskussionsrunden geht es immer locker zu und die Mitarbeiter tragen richtig viel bei“, freut sich Fenja Bartholl.
Die Belegschaft hatte unter anderem ge- fordert, dass die Azubis mehr an die Hand genommen werden. Seit etwa einem Jahr gibt es daher eine feste Zuteilung: Jeder Lehrling arbeitet drei bis vier Wochen am Stück mit einem Gesellen zusammen. Außerdem findet nun eine monatliche Azubi-Runde statt. Aktuelle Inhalte: die Zwischen- und Gesellenprüfung sowie die Bedeutung des FSC-Zertifikats, das TIB seit 2000 führen darf.
Gläserne Werkstatt mit mehr Fläche
Die junge Betriebswirtin fordert von ihren Mitarbeitern die ständige Bereitschaft zu Veränderungen, damit das Unternehmen sich weiterentwickeln kann. So wurde nach einem Konsens im Workshop das Lager umgestellt, inzwischen ist aber klar: „Da müssen wir nochmal ran.“ Auf der Themenliste für kommende Veranstaltungen steht außerdem die Idee zu einer gläsernen Fertigung, die Einrichtung eines kleinen Shops für Heimwerker, die im Baumarkt nicht fündig werden sowie der Wunsch der Mitarbeiter, die Produktions- fläche zu vergrößern. Allerdings steht erst mal ein Anbau mit 3D-Showroom und Materialsammlung an, der schon Ende 2015 eröffnet werden soll. Ein erster großer Schritt in Richtung Zukunft ist bereits getan: 2014 wurde die Rechtsform angepasst. Das 1984 von Stephan Bartholl gegründete Einzelunternehmen ist heute eine GmbH & Co. KG. Die Umfirmierung hat etwa ein Jahr gedauert und war nicht ganz billig, aber enorm wichtig, um den Fortbestand von TIB abzusichern. I

Das ist mir aufgefallen Stolz auf den Wirbelwind

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Mir weht ein frischer Wind – nein: fast ist es ein Wirbelsturm – entgegen, als wir über Fenja Bartholls Pläne für die Tischlerei ihres Vaters sprechen. Sie ist mit viel Elan bei der Sache und man merkt sofort, dass die Arbeit ihr viel Freude bereitet – auch wenn sie meist 60 Stunden pro Woche arbeitet und weiß, dass Theorie und Praxis zwei Paar Schuhe sind: „Es bedarf viel Fingerspitzengefühl, ein Handwerks- unternehmen zu führen.“ Stephan Bartholl ist stolz auf seine Tochter, auch wenn er das so wahrscheinlich nie formulieren würde. „Er ist ein echtes Nordlicht“, sagt seine Tochter mit einem Augenzwinkern. Dennoch war er sich immer sicher: „Sollte sie das Unternehmen einmal übernehmen, wird sie es gut machen.“ Auch mich hat die junge Geschäftsführerin begeistert.
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