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Nur „Made in Germany“ reicht nicht mehr

Wölpert Innenausbau punktet mit dem FSC-Label im internationalen Geschäft
Nur „Made in Germany“ reicht nicht mehr

Typisch „bio“ sieht bei Wölpert Innenausbau eigentlich nichts aus. Dennoch hat sich das Unternehmen als eines der ersten in Deutschland FSC-zertifizieren lassen. „Wir wollten bei den internationalen Konzernen im Geschäft bleiben“, bringt Schreinermeister Christian Höpfl es auf den Punkt.

Autor: BM-Redakteurin Regina Adamczak
„Noch vor fünf Jahren war es für viele unserer internationalen Kunden ausreichend, wenn sie wussten, dass die Innenausbauten ,Made in Germany‘ waren“, erinnert sich Anja Höpfl. Das hat sich mittlerweile geändert. „Wenn börsennotierte Unternehmen wie Coca-Cola oder das zu Microsoft gehörende Skype ihre Firmenzentralen in London ausbauen, dann legen sie Wert auf zertifizierte Produkte. Damit punkten sie dann wiederum bei ihren Kunden.“ In England ist das Label vielerorts Vorschrift. Aber auch in der Schweiz und anderen Staaten habe FSC einen guten Stand.

„Wir arbeiten schon seit Jahren mit einem Partnerunternehmen aus England zusammen, haben uns aber lange um die Zertifizierung gedrückt,“ gibt Christian Höpfl zu, der seit 1998 als Geschäftsführer bei Wölpert arbeitet und das Unternehmen in Bad Mergentheim im Jahr 2012 zusammen mit seiner Frau übernommen hat. „Schließlich ist das mit sehr viel Aufwand und auch Kosten verbunden. Aber letztendlich ging es um Auftragsvolumen zwischen 100 000 und 300 000 Euro und da wollten wir natürlich dabei sein.“
Begonnen hat alles im Jahr 2012: Die Höpfls wurden über einen Vortrag beim Landesfachverband Baden-Württemberg auf einen Berater aufmerksam, der sie durch die Zertifizierung begleitete.
Ohne Berater geht es nicht
„Bei der Vorabinformation erhielt ich manchmal den Eindruck, man könne diesen Prozess alleine organisieren, aber das ist unmöglich,“ so das Resümee von Anja Höpfl. Ohne Berater geht es nicht, auch wenn das Unternehmen, schon gut organisiert ist, wie es bei Wölpert Innenausbau durch die Einführung des Paulus-Lagersystems der Fall war. Denn eine transparente Organisation und lückenlose Dokumentation sind das A und O einer Zertifizierung.
Es muss lückenlos nachgewiesen werden, von wo das Material kommt und wie es verwendet wird. Dass das nicht ganz einfach ist, versteht sich von selbst. Anja Höpfl ist die offiziell Beauftragte und dafür verantwortlich, dass alle Regeln eingehalten werden. „Es ist zwar aufwendig, sorgt aber auch für Klarheit und Effizienz.“ Heute füllen die notwendigen Unterlagen mehrere Ordner: Alle Lieferanten müssen auf eine gültige Zertifizierung hin überprüft und mit Nummer gelistet werden, alle relevanten Aufzeichnungen, wie Frachtpapiere, Lieferscheine und Rechnungen, müssen nachvollziehbar sein, alle Arbeits- und Verwaltungsabläufe müssen überprüft und dokumentiert werden.
Auch der Holzhandel hat sich umgestellt
Anfangs war es nicht ganz einfach, zertifiziertes Material zu bekommen. „Zu Beginn haben sich die Holzhändler schwergetan,“ erzählt Anja Höpfl. „Sie müssen ja dann auch zertifiziert sein. Aber ein Teil hat sich mit uns umgestellt und mittlerweile können wir unseren Bedarf ganz gut decken. Das Material kommt meist aus Tschechien oder der Schweiz.“
Bei Wölpert Innenausbau hat man sich dafür entschieden, das Lager so gut wie komplett umzustellen, auch wenn das Material rund zehn Prozent teurer ist. „Wir haben jetzt MDF, Rohspanplatten und Leimholzplatten als FSC-zertifiziertes Material auf Lager und insgesamt das Stammmaterial verringert.“ Es wäre zu teuer und zu kompliziert gewesen, zwei Lagersysteme parallel zu führen. Auch weil es um Mindestabnahmemengen geht. „Also werden nun alle unsere Kunden mit zertifiziertem Material beglückt – ob es nun gefordert ist oder nicht. Das ist ein echter Mehrwert“, fasst Christian Höpfl zusammen. Selbst Verbindungsmittel wie Dübel tragen den FSC-Stempel. Nur ab und zu wird auftragsbezogen nicht zertifiziertes Material kommissionsweise bestellt, getrennt gelagert und separat verarbeitet.
Ein Kontrollsystem wurde aufgebaut
Zusammen mit dem Berater wurden Vorlieferanten kontaktiert, überprüft und gewechselt, wenn keine Zertifizierung vorhanden war, Maßnahmen zur Identifikation von zertifiziertem Material eingeführt, ein nachvollziehbares Kontroll- und Kennzeichnungssystem aufgebaut sowie eine Buchführung über die verschiedenen Stadien der Be- und Verarbeitung. Bis alles den geforderten Standards entsprach, dauerte es fünf Monate. Die Zertifizierung selbst wird von einem akkreditierten Zertifizierungsunternehmen durchgeführt, bei Wölpert Innenausbau war es die SGS-Gruppe mit Sitz in Hamburg. Aktuell finden sich auf der Homepage von FSC Deutschland, 13 Zertifizierer, die in Deutschland Wald- oder Produktketten- Zertifikate vergeben.
Das Zertifikat ist fünf Jahre lang gültig
Alle Produktions- und Verkaufsabläufe wurden von einem erfahrenen Gutachter vor Ort überprüft. Die bei der Betriebsprüfung gesammelten Daten bildeten die Grundlage für die Entscheidung über eine erfolgreiche Zertifizierung. Stellt der Zertifizierer fest, dass das Unternehmen die Voraussetzungen erfüllt, wird dem Betrieb ein so genanntes Produktkettenzertifikat erteilt. Das FSC-Zertifizierungssystem unterscheidet zwei verschiedene Zertifikate: Eines für Forstbetriebe und eines für Verarbeitungsbetriebe und den Handel, welche eine getrennte Verarbeitung des FSC-Holzes und eine geschlossene Produktkette nachweisen müssen.
FSC-Zertifikate gelten für einen Zeitraum von fünf Jahren. Die Zertifizierungsstelle führt jährliche Kontrollen durch, um sicherzugehen, dass die Anforderungen erfüllt werden.
Finanzielle und nervliche Belastung
Die Kosten der Umstellung schätzen Anja und Christian Höpfl auf mindestens 15 000 Euro, das beinhaltet Beratung, Umstellungskosten, Arbeitszeit für Schulungen und die Zertifizierungsgebühr. Jede Überprüfung schlägt noch einmal mit ungefähr 2000 Euro zu Buche. Aber auch die nervliche Belastung sei nicht zu unterschätzen: „Der Zertifizierer schaut genau hin, fragt auch die Mitarbeiter und greift entschieden durch.“ Denn: Auch die Mitarbeiter müssen mitziehen, ohne sie lassen sich nicht alle Abläufe lückenlos dokumentieren. Bei Wölpert ist das kein Problem: „Alle unsere Mitarbeiter sind stolz auf das Erreichte und stehen voll dahinter.“
Regelmäßige Schulungen sind Voraussetzung. Als Beauftragte führt Anja Höpfl auch die internen Schulungen ihrer Mitarbeiter durch. Dabei sind nicht nur Lieferscheine und Materialfluss ein Thema, sondern beispielsweise auch Arbeitssicherheit, weil auch soziale Komponenten Teil des FSC-Systems sind.
Und auch der Senior Eberhard Wölpert, Vater von Anja Höpfl, steht der Zertifizierung aufgeschlossen gegenüber, vor allem, weil ihm Effizienz schon immer am Herzen lag und die Zertifizierung weiter dazu beigetragen hat. Das Familienunternehmen kann mittlerweile auf eine über 80-jährige Geschichte zurückblicken. Im Jahr 1933 gegründet, zog man 1995 in ein neues Produktionsgebäude, wo auf rund 2000 m2 mit 15 oft langjährigen Mitarbeitern und modernster Maschinentechnik hochwertiger Innenausbau für Kunden aus aller Welt gefertigt wird – für den Privatkunden genauso wie auch Büroeinrichtungen, Objekt- und Ladenbau sowie Schiffsinnenausbau.
„Wir hätten es schon früher machen sollen“
Auch wenn der Weg zur Zertifizierung oft stressig war und vieles im „Learning-by- doing“-Modus ging, ist Anja Höpfl mittlerweile entspannter geworden: „Vieles spielt sich mit der Zeit ein.“ Und insgesamt sind sich Anja und Christian Höpfl heute einig: „Wir hätten das schon früher machen sollen.“

FSC Deutschland
Der FSC wird in Deutschland getragen von Umweltverbänden wie WWF und Greenpeace, aber auch von Vertretern aus der Wirtschaft und Gewerkschaften wie der IG Metall oder der IG BAU. Insgesamt besteht der FSC Deutschland derzeit aus 168 Mitgliedern, dazu kommen weitere 65 unterstützende Fördermitglieder (Stand 2013).
Die Arbeitsgruppe gliedert sich, analog zur internationalen Dachorganisation, in eine Sozialkammer, eine Umwelt- und eine Wirtschaftskammer. Vorrangiges Ziel ist eine umweltgerechte, sozialverträgliche und wirtschaftlich tragfähige Bewirtschaftung der Wälder in Deutschland.

Habe ich mir einfacher vorgestellt: Ganz schön viel Aufwand

Warum lassen sich nicht mehr Unternehmen zertifizieren, habe ich mich oft gefragt. Das ist doch klasse fürs Image und lässt sich prima vermarkten. Nachdem ich mir den Weg zur FSC-Zertifizierung von den Höpfls habe erklären lassen, weiß ich warum: Es ist ein Heiden-Aufwand und kostet einiges an Geld. Ob sich das lohnt, muss jeder Betrieb für sich persönlich abwägen.

Die BM-Serie im Überblick: Facetten der Nachhaltigkeit
Dieser Beitrag ist Teil einer Serie.
Darin geht BM der Frage nach, wie nachhaltiges Handeln in der Schreinerei aussehen kann. Im Fokus steht insbesondere die praktische Relevanz des wenig greifbaren Begriffes der Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk.
Die Hauptbeiträge im Einzelnen:

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Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
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Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

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