„Wenn der Staat nicht schnellstmöglich eingreift, werden die Ausbildungsverhältnisse im Handwerk deutlich zurückgehen und der Facharbeitermangel größer“, meint Hermann Hubing, Hauptgeschäftsführer der Landesinnungsverbände für das hessische und rheinland-pfälzische Tischlerhandwerk sowie Geschäftsführer der Holzfachschule Bad Wildungen, angesichts steigender Energiepreise.
Rechenbeispiel Holzfachschule
Am Beispiel der Holzfachschule in Bad Wildungen, die für zehn hessische Tischlerinnungen die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung anbietet, rechnet Hubing die Folgen der steigenden Energiepreise vor. Konnte die Schule in den Vorjahren die Kilowattstunde Gas für knapp 2 Cent einkaufen, so seien die Einkaufspreise nun auf 15,20 Cent brutto pro Kilowattstunde gestiegen; hinzu kämen noch die 2,4 Cent Gasumlage. Somit würden die Kosten für seine Schule von 2021 auf 2022 voraussichtlich um 180 000 Euro auf 265 000 Euro steigen.
Höhere Lehrgangsgebühren
Selbst unter Berücksichtigung möglicher Einsparungspotentiale wie gesenkter Raumtemperatur sowie Verlegung energieintensiver Lehrgänge seien die zu erwartenden Kostensteigerungen nur durch spürbare Erhöhungen bei den Lehrgangsgebühren aufzufangen. Konkret würde dies bedeuten, dass beispielsweise die Gebühren für Lehrgänge zur überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung inkl. Verpflegung und Unterkunft von derzeit rund 200 Euro pro Woche spürbar angehoben werden müssen. Bei einer Erhöhung um nur 30 % würde dies jedoch zu einer Kostenbelastung für die Unternehmen in Höhe von 300 Euro pro Auszubildenden führen.
Ausbildungskosten als Hinderungsgrund
Aus einer aktuellen Befragung der Betriebe in Hessen und Rheinland-Pfalz geht hervor, dass die Ausbildungskosten ein wesentlicher Hinderungsgrund für die Bereitstellung von Ausbildungsstellen sei. Sollten diese nun aufgrund der steigenden Energiepreise nochmals erhöht werden, so würden sich viele Betriebe, die selbst ebenfalls unter steigenden Kosten für Energie leiden, genau überlegen, ob sie weiterhin ausbilden werden.
Appell an Politiker
Hubing appellierte daher nachdrücklich an die Politiker in Bund und Land, kurzfristig für die Berufsbildungszentren, die bereits unter der Corona-Krise zu leiden hatten, eine Lösung zu finden, damit die Lehrgangsgebühren für die Auszubildenden nicht überproportional angehoben werden müssen. (bs)