Rund 42 Prozent der etwa 840.000 Handwerksbetriebe in Deutschland sind Ein-Personen-Unternehmen. Das hat eine Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk (ifh) an der Universität Göttingen ergeben, die im Mai 2014 veröffentlicht wurde.
Bis kurz vor der Jahrtausendwende hatte die Zahl der sogenannten Soloselbstständigen kontinuierlich abgenommen, stieg dann aber von 77.000 im Jahr 1995 auf rund 263.000 im Jahr 2010. Besonders nach der Öffnung des Handwerks für zulassungsfreie Berufe 2004 verzeichneten einige Gewerke ein Plus von mehreren hundert Prozent.
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass es sich bei Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) im Handwerk nur sehr selten um Kümmerexistenzen handelt, die am Rande des Existenzminimums leben. Meistens liegen der Soloselbstständigkeit bewusste Entscheidungen zugrunde.
Das zeigen auch mehr als 30 Kurzbiografien, die die Datenanalyse des ifh ergänzen und die Vielfalt der Erwerbsbiografien exemplarisch aufzeigen. Zwar erfährt man dort sehr wohl von wirtschaftlichen Zwängen, die Soloselbstständigkeit trotz unzureichender sozialer Absicherung und erschreckend niedrigen Einkommen beizubehalten. Andererseits berichten viele Ein-Personen-Unternehmer von ihren Erfolgen z. B. in einer Werkstattgemeinschaft, im Nebenerwerb am Feierabend oder als Zuverdienst zur Rente.
Bislang stehen viele Handwerksorganisationen der gestiegenen Zahl an EPUs ratlos gegenüber. Sie gelten einerseits als Bereicherung, weil sie oft Nischen bearbeiten, die für größere Betriebe zu klein sind. Andererseits gibt es die Meinung, es lohne nicht, sich um Soloselbstständige besonders zu kümmern: Sie zahlen kaum Beiträge und seien in der Regel bald wieder vom Markt verschwunden.
Die Studie stellt außerdem fest, dass es für Handwerksorganisationen sehr schwierig ist, die Ein-Personen-Unternehmen überhaupt zu erreichen. Sie sind zwar eintragungspflichtig in der Handwerksrolle, bilden jedoch wegen ihrer Vielfältigkeit keine homogene Gruppe. Ein gemeinsames Gruppeninteresse existiere praktisch nicht.
Das ifh spricht sich für eine Bürokratieentlastung sowie Qualifizierungs- und Beratungsmaßnahmen speziell für Kleinstbetriebe aus. Außerdem sei eine bessere Vernetzung nötig, z. B. in Erfa-Gruppen oder über Internet-Plattformen auf den Kammer-Webseiten. Eine stärkere Einbindung in die Handwerksorganisation könne auch über die bewusste Öffnung der Innungen erfolgen – dazu sei aber auch mehr Eigen initiative der Soloselbstständigen erforderlich. (nr/Quelle: ifh Göttingen)
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