Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn irgendetwas unantastbar ist, dann sind es unsere Branchenmessen mit obligatorischer Volle-Hallen-Garantie. Anfang 2020 hätte niemand diese Aussage ernsthaft infrage gestellt. Ob Holz-Handwerk und Fensterbau Frontale in Nürnberg, Ligna in Hannover, Interzum in Köln oder BAU in München: Ich hätte nie gedacht, dass unsere internationalen Branchentreffs mit Leuchtturmfunktion derart unter Druck geraten können. Hand aufs Herz: Im besten Fall wird es Ende September pandemiebedingt eine „echte“, wenn auch abgespeckte Ligna in Hannover geben. Sicher ist das allerdings in meinen Augen nicht. Auch wenn es unpopulär sein mag und man eigentlich nur in Fettnäpfchen tritt, kann man einer Frage nicht ernsthaft aus dem Weg gehen: Wie sehen Messekonzepte in Zukunft aus und was macht sie auch bei stürmischer See sicher vor Schlagseite?
Die aktuellen Antworten der Messeveranstalter sind digitale Formate. Auch wenn sich diese im Detail etwas unterscheiden, so sind sie doch vom Grundsatz her recht ähnlich. Aber machen wir uns bitte nichts vor – hier fehlt es bislang an Impulsen, die es wirklich schaffen würden, dieses wundervolle Bisschen echtes Leben und Messefeeling beim Besucher aufkommen zu lassen.
Als ich mich kürzlich mit einem Kollegen genau dazu austauschte, überraschte er mich mit einer spannenden Aussage. Nach vielen virtuellen Messedates in der BAU-Woche sagte er zu mir: „Weißt Du, was ich vermisst habe? Eine echte Geräuschkulisse.“ Ich musste erst schmunzeln, verstand aber dann sofort die Botschaft dahinter: Was derzeit an digitalen Formaten praktiziert wird, erfüllt im Kern nicht das, was wir alle uns von einer Messe wünschen: Zufällige Begegnungen und Gespräche mit Menschen und Kollegen oder auch die überraschende Entdeckung einer coolen Neuheit, die mich und meinen Betrieb weiterbringt.
Tatsache ist: Schreiner, Tischler und Fensterbauer haben ungebrochen gut zu tun und werden weiter kräftig investieren. Ich bin gespannt, mit welchen Ideen und Konzepten Messeveranstalter künftig ihre Rolle als zentraler Dreh- und Angelpunkt bei Investitionsentscheidungen behaupten wollen.
Es grüßt Sie herzlich
Christian Närdemann,
BM-Chefredakteur und absoluter Messefan