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An der Schwelle ins neue Jahrtausend

Das Tischler- und Schreinerhandwerk im Strukturwandel
An der Schwelle ins neue Jahrtausend

An der Schwelle ins neue Jahrtausend
Mit welchen Erwartungen gehen die Betriebe des deutschen Tischler- und Schreinerhandwerks in das neue Jahrtausend? Wo liegen ihre Marktchancen für die Zukunft? Zwingen Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu neuen Unternehmensstrate-gien? Fragen, die wir mit dem Präsidenten des Bundesverbandes HKH, Guido Ossenkopp, diskutierten.

BM Das Tischlerhandwerk zählt ganz zweifellos zu den Traditionsberufen, mit denen jedermann ein Bild verbindet. Ist dieses Image Jahr 2000 fähig?

Ossenkopp Das Bild des Tischlers oder Schreiners in der Öffentlichkeit ist immer noch durch die Klischeevorstellungen des Meister Eder geprägt. Doch die Realität hat längst dieses Bild überholt. Der fortschrittliche Tischler bzw. Schreiner arbeitet heute in einem hochtechnisierten Umfeld. So nett die Vorstellung in den Köpfen auch sein mag, wir müssen als Dachorganisation des Tischler- und Schreinerhandwerks daran arbeiten, das reale Bild zu vermitteln, ein Bild, das im übrigen genauso sympathisch sein kann.
BM Bedeutet das eine Abkehr von den traditionellen Werten?
Ossenkopp Natürlich nicht, aber man kann die Situation vielleicht mit dem scheinbar widersprüchlichen Satz kennzeichnen: „Zurück in die Zukunft“. Die weit überwiegende Zahl der Tischler- und Schreinerbetriebe, die sich in Innungen, Landesfachverbänden und dem Bundesverband HKH organisiert haben, fühlen sich nach wie vor dem Werkstoff Holz verpflichtet, ohne andere Werkstoffe mit speziellen Fähigkeiten auszuschließen. Dies wird im übrigen sehr deutlich in der Größenordnung des Umsatzes von rund acht Milliarden DM, den der Holzhandel mit dem Tischlerhandwerk tätigt. Dennoch sind wir Tischler nur überlebensfähig, wenn wir zwar die Traditionen und Fertigkeiten der Vergangenheit kennen und beherrschen, uns aber den Trends und Techniken der Zukunft nicht verschließen.
BM Müssen nicht auch die Rahmenbedingungen stimmen, um dem Tischlerhandwerk eine Zukunft zu schaffen?
Ossenkopp Die 44 505 deutschen Tischlereien und Schreinereien sind mit ihren Produkten extrem von der Binnenkonjunktur abhängig. Die vielfach gelobten Exporterfolge der deutschen Wirtschaft nutzen unseren Betrieben wenig. Die negativen Diskussionen des vergangenen Jahres, die Querelen um die Steuer-, Renten- und Gesundheitspolitik beunruhigen uns Tischler und unsere Kunden. Die daraus entstehende schwache Binnennachfrage wirkt direkt auf uns Handwerker. Das bedeutet im Verbund mit dem Ausbleiben einer echten Unternehmenssteuerreform und der Bemäntelung einer Steuer-erhöhung, durch den neuen Begriff ”Ökosteuer”, Umsatz-einbrüche und Arbeitsplatz-verluste.
Zu positiven Rahmenbedingungen könnte die Bundesregierung, könnten aber auch die Landes- und Kommunalparlamente und -verwaltungen wesentlich beitragen. Zum Beispiel könnte die Schwarz-arbeit endlich bekämpft werden.
BM Wie sieht die derzeitige Konjunktur für Tischlerprodukte aus?
Ossenkopp Die aktuelle Konjunktureinschätzung im Tischlerhandwerk ist stark von der oben beschriebenen Situation geprägt. Dennoch erhoffen wir eine leichte Konjunkturverbesserung.
Unsere Erwartungen sind natürlich vom jeweiligen Produktschwerpunkt abhängig. Der vorsichtige Optimismus wird derzeit immer noch vor allem von Betrieben getragen, die nicht oder nur zu geringen Anteilen von der Situation am Bau abhängig sind. Der Innenausbau lässt mit einem leicht gesteigerten Auftragseingang die günstigeren Prognosen zu.
BM Wie wirkt sich die Globalisierung der Märkte auf das Tischler- und Schreinerhandwerk aus?
Ossenkopp Genau vor diesem Hintergrund wird am ehesten deutlich, welchen Strukturveränderungen unser Handwerk zur Zeit unterworfen ist. Hinter der Aussage: „Die Märkte werden global“, versteckt sich, dass die Tischler- und Schreinerbetriebe zunehmend Grausamkeiten ausgesetzt sind. Möbel, Bauelemente und Treppen aus ausländischer Fertigung werden immer häufiger in Deutschland angeboten. Hier bei uns vom Tischler hergestellte Produkte laufen wegen der wesentlich höheren Lohn- und Abgaben-belastung Gefahr, zu Nischen-produkten zu werden. Zudem nimmt in allen Bereichen der Holzindustrie die Einzel-fertigung zu, die bis dahin die Domäne der Tischler war. Für sie bliebe im Ergebnis bei den Massenprodukten nur noch die Montage. Damit gewinnen die Handelsanteile in den Betrieben immer mehr Raum, mit dem Ergebnis einer neuen Konkurrenzsituation zu Baumärkten, Fachmärkten und zum Direktvertrieb. Diese Herausforderung kann in der Gemeinschaft der Verbände besser bewältigt werden als von jedem allein.
Betroffen macht mich der Rückgang der Mitarbeiterzahlen in den vergangenen fünf Jahren, den ich zu großen Teilen auf diese Veränderung zurückführe. Arbeitsplatzverluste in einer Größenordnung von rund 20 000 würden bei einem Bauunternehmen, wie kürzlich geschehen, den Kanzler auf den Plan rufen.
BM In welchen Bereichen liegen für die Tischler- und Schreinerbetriebe in Zukunft die Marktchancen?
Ossenkopp Alle Markt-trends deuten darauf hin, dass Kunden anspruchsvoller werden und zunehmend das individuelle, qualitative Handwerks-produkt nachfragen. Sie suchen die direkte Beziehung zum Produzenten ihrer Möbel und erwarten Dienstleistungen, wie Beratung und Service, die anonyme Industrieunternehmen oder ausländische Anbieter nicht bieten können. Hier scheint die Chance für unser Handwerk zu liegen. Allerdings wird der Aufwand beim Verkauf wesentlich größer.
In Erkenntnis dieser Situation gilt es jetzt umso mehr, die Märkte zu festigen und wo notwendig, zurückzuerobern, Stück für Stück, auch gegen Widerstände. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass Qualitätsprodukte des Tischlers nicht über den Preis zu verkaufen sind.
BM Bleibt zu hoffen, dass die Betriebe des deutschen Tischler- und Schreinerhandwerks ihre Chancen zu nutzen wissen. Herr Ossenkopp, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
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