Eine besondere Herausforderung für Planer und ausführende Betriebe bei der Umgestaltung des Plenarsaales des Bayerischen Landtages war es, der Beengtheit und Hermetik der vorhandenen Hülle entgegenzuwirken und die schwierigen Raumproportionen optimal zu nutzen. Im Ergebnis präsentiert sich der Plenarsaal nun seit Oktober vergangenen Jahres in neuem Gewand: Als moderner, durchdachter und funktioneller Raum, der eine ganze Reihe interessanter Details aufweist.
Der alte Plenarsaal des Bayerischen Landtages stammte aus dem Jahr 1949 und bot mit 204 Abgeordnetenplätzen nur beengte Sitzverhältnisse. Die Zu- und Abluft wurde im historischen Mauerwerk geführt, wobei die Raumluftkonditionierung aufgrund zu geringer Querschnitte nicht befriedigend war.
Der neue Plenarsaal wurde nun in der Zeit vom Juli 2004 bis Oktober 2005 erstellt. Auf einer Nutzfläche von 580 Quadratmetern entstanden 164 Sitzplätze für Abgeordnete sowie 39 Plätze auf der Regierungsbank. Die Zuschauertribüne fasst 133 Personen.
Für die Neukonzeption des Plenarsaales wurde die innere Organisation des Raumes gedreht: Die Regierungsbank wurde zur Ostseite positioniert und die Abgeordneten erhielten von der westlichen Wandelhalle her den Zugang.
Die Abgeordnetentische sind auf den ersten Blick modern und sachlich gehalten. Hinter diesem Erscheinungsbild verbergen sich – kaum sichtbar – mehrere Funktionen zugleich. Die Tische sind modular, konzentrisch in sechs Reihen und axial ausgemessen zur Gebäudeachse mit viel Technik aufgebaut: Insgesamt stehen 180 Module zur Verfügung, 164 sind im Einsatz. Gebaut wurden die aufwändigen Tische von den Vereinigten Holzbaubetrieben Wilhelm Pfalzer & Hans Vogt GmbH & Co. KG, Memmingen (VHB). Die Tische haben aufgrund der ovalen, konzentrischen Anordnung der sechs Ränge verschiedene Radien. Außerdem sind die Abgeordnetentische so realisiert, dass im jeweiligen Rang jeder Tisch an jeder beliebigen Position aufgestellt werden kann. Sämtliche Tische einer Reihe sind absolut identisch. „Es war eine große Herausforderung, absolut identische Tische herzustellen, die über ein fest montiertes Raster an Steckfüßen mittels Steckschuhen millimetergenau aneinander und austauschbar aufgestellt werden können. Hierzu haben wir mit Gegenschablonen gearbeitet“, kommentiert Wolfgang Geismayr, VHB Technik. „Mit viel Detailarbeit ist damit die Konzeption der Architekten umgesetzt worden, so dass die Fraktionsstärken des Landtages mit den Abgeordnetentischen abgebildet werden können“, fügt VHB-Projektleiter Jörg Jooß hinzu.
Die ist deutlich sichtbar. Die Tische stehen passgenau aneinander, Gänge trennen die Fraktionen und entsprechen dabei exakt der Breite eines Abgeordnetentisches. Darüber hinaus haben die Tische eine Medienleiste, die jedem Abgeordneten alle erforderlichen Hilfsmittel – vom Elektro- über einen Mikroanschluss bis hin zum Internetzugang – bieten. Die ergonomischen Sitze selbst sind jeweils auf einer Laufschiene verschiebbar und können zudem gedreht werden. Zwischen den Rängen ist ausreichend Platz, so dass man problemlos hinter den sitzenden Abgeordneten hergehen kann.
Des Weiteren verbirgt sich auch die kontrollierte Raumbelüftung in den Tischen. Zu diesem Zweck wurde im Boden unter jeder möglichen Tischposition ein Lüftungskasten integriert. Von diesem aus wird die Zuluft großflächig über die Mikroperforation der vertikalen Tisch-Außenverblendungen dem Raum zugeführt. Für ein optimales Raumklima wird erforderlichenfalls die Zuluft be- oder entfeuchtet.
Der feine und moderne Charakter der Möblierung wird durch die Wahl der Hölzer und ihre Behandlung unterstrichen. Die Oberfläche der Abgeordnetentische wurde mit Eichefurnier ausgeführt, das vor der Verarbeitung gebleicht wurde. Um eine offenporige, hervorragend lichtechte und eine nach DIN 68861, Teil 1B, chemikalienbeständige Oberfläche zu erzielen, wurden sämtliche Objekte mit dem Zweihorn 2K-PUR Klarlack Crystallit CL 0 im Glanzgrad matt ablackiert. Dadurch unterstrich man gekonnt die Eleganz des gebleichten Eichefurniers. In punkto Oberflächenbehandlung wurde das Projekt übrigens von der Firma Habisreutinger betreut.
Das Rednerpult ist auf Knopfdruck höhenverstellbar und auch für Rollstuhlfahrer geeignet. Um nun die Größe und Funktionalität zu testen, wurde es zunächst als rohes MDF-Modell aufgebaut. Um die aufwändige Technik in die architektonisch vorgegebenen Dimensionen zu integrieren, wurden speziell für dieses Objekt Mechanik und Position des Elektromotors optimiert und in ein vom Schlosser exakt angefertigtes Grundstahlgestell, das mit Furnierpaneelen verkleidet wurde, eingearbeitet.
Der Präsidententisch wurde vom Architekten als ein kompakter Kubus mit einer homogenen Holzoberfläche, ohne vertikale und horizontale Fugen geteilt, konzipiert. VHB fertigte den Präsidententisch als ein Stück in der Werkstatt, wobei die Oberfläche homogen durch ein keilverzinktes Furnier hergestellt wurde. So war kein Ansatz zu erkennen. Das Furnier wurde wiederum mit dem Crystallit CL O von Zweihorn ablackiert. Der Präsidententisch hat ein Gesamtgewicht von immerhin 500 kg. 13 Personen, inklusive der Architekten, trugen das gute Stück schließlich an seinen Platz. ■
Bauherr:
Freistaat Bayern, vertreten durch
den Bayerischen Landtag
Objekt:
Abgeordneten- und
Präsidententische
Ausführender Betrieb:
Vereinigte Holzbaubetriebe
Wilhelm Pfalzer & Hans Vogt
GmbH & Co. KG, Memmingen
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