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Bannstrahl für Krachmacher

Die EU-Richtlinie für Bildschirmarbeitsplätze
Bannstrahl für Krachmacher

In der fünften Folge unserer Serie „EU-Richtlinien für Bildschirmarbeitsplätze” beschäftigt sich der Autor Peter Wendt von der PWP-Unternehmensberatung in Hüttenberg/Hessen mit weiteren Anforderungen an die Arbeitswelt: Lärm/Raumakustik, Wärmebelastung/Be-lüftung und Strahlung. Um die Serie zu komplettieren, streift er auch kurz die wichtigsten Anforderungen an die Computer. Zum Schluß beantwortet er noch einmal komprimiert die Frage: Was heißt das für die Innenausbaubetriebe des Tischler- und Schreinerhandwerks?

Arbeitsumgebung, Punkt 17:

„Bei der Gestaltung des Bildschirmarbeitsplatzes ist dem Lärm, der durch die zum Bildschirmarbeitsplatz gehörenden Arbeitsmittel verursacht wird, Rechnung zu tragen, insbesondere um eine Beeinträchtigung der Konzentration und der Sprachverständlichkeit zu vermeiden”.
Hier wird ausschließlich auf die „zum Bildschirmarbeitsplatz gehörenden Arbeitsmittel” eingegangen. Als typische „Krachmacher” kommen somit z.B. Drucker, Telefon, Kopierer und Fax in Frage. Ob und wie stark die Konzentration durch Lärm beeinflußt wird, ist auch eine subjektive Größe. Was heute ablenkt, kann morgen durchaus unproblematisch sein. Beim Aspekt „Sprachverständlich-
keit” geht es in erster Linie um die direkte Kommunikation z.B. zwischen zwei Kollegen und um die indirekte, telefonische Kommunikation. Es darf nicht sein, daß man sich nicht mehr oder nur noch schwer verständigen kann. Weitergehende Festlegungen werden in der Arbeitsstätten-Verordnung, § 15, getroffen: „Der Geräuschpegel am Arbeitsplatz und in den Arbeitsräumen darf auch unter Berücksichtigung der von außen einwirkenden Ge-räusche bei überwiegend geistigen Tätigkeiten höchstens 55 dB(A) betragen, bei einfachen oder überwiegend mechanisierten Bürotätigkeiten und vergleichbaren Tätigkeiten 70 dB(A).”
Um Probleme zu vermeiden ist es wichtig, daß alle eingesetzten Arbeitsmittel nach den in der Praxis bewährten Regeln der Lärmminderungstechnik beschafft und betrieben werden. Reicht dies nicht aus (starke Lärm-Immissionen von außen, aufgabenbedingte Viel-Telefoniererei, etc.), sind weitere Maßnahmen notwendig:
• räumliche Trennung von Arbeitsplätzen und Lärmquellen (organisatorisch und ablaufbedingt nicht immer einfach),
• schallschluckende Ausfüh-rung von Fußboden, Decke, Wänden und Stellwänden,
• Verwendung von schallweichen Fensterbehängen,
• schalldämpfende Ausfüh-rung der Aufstellflächen und Unterlagen an Maschinen,
• Verwendung von Schallschutzhauben (Handling kann problematisch werden) und
• Berücksichtigung der Schallrichtung und Schallausbreitung bei unterschiedlichen Tä-tigkeiten (z.B. telefonieren, diktieren) und bei unterschiedlichen Arbeitsplatz-Anordnungen (U-Layout, T-Layout oder Block-Layout).
Schallharte Räume, bestehend aus Oberflächen mit starker Reflexion, müssen in hartnäckigen Fällen in schallweiche Räume durch den Einsatz von Oberflächen mit starker Schallabsorption umgestaltet werden.
Die sogenannten „äquivalen-
ten Schallabsorptionsflächen” müssen also vergrößert werden. Hierfür kommen tendenziell alle Raumumschließungsflächen, also Boden, Wände, Türen, Fenster/ Fassaden und Decke in Frage.
Merke: Der Mensch empfindet eine Reduzierung des Geräuschpegels um jeweils 10 dB(A) als Lautstärke-Halbierung.
Lärmschutz vom Innenausbauer
Die Realisierung eines hohen Schallabsorptionsgrades im Bereich Fenster, Decke und Boden bereitet wenig Probleme; die Anwendung in der Praxis ist bewährt und bekannt. Die übrigen vertikalen Flächen (und damit mehr als die Hälfte aller Raumumschließungsflächen) sind in der Vergangenheit kaum beachtet worden. Handelt es sich bei den Wänden um System-Schrank- und/oder -Trennwände, sind geeignete Maßnahmen relativ leicht zu treffen:
• Bei Trennwänden kommt der Austausch der Paneele mit Kunststoff-Finish gegen schallschluckende Paneele oder Einsatz von schallabsorbierenden Vorsatzschalen in Frage.
• Bei Schrankwänden und beim Einsatz von Türen, bieten sich ebenfalls schallabsorbierende Oberflächen (geschlitzt, gelocht, Rahmenkonstruktion, außen stoffbespannt mit Schallabsorptionsmaterial, etc.) an.
Die Wirksamkeit von Schallabsorptionsflächen ist umso hö-her, je näher sich die Geräuschquelle am Absorber befindet. Der Schall kann sich so nicht mehr ungehindert ausbreiten. Er wird in unmittelbarer Entstehungsnähe absorbiert.
Nun gerät der Mensch „als Störquelle” ins Visier. Sprechgeräusche Dritter beinträchtigen die Konzentration wesentlich stärker als z. B. Maschinengeräusche, da der Informationsgehalt von Sprache sehr hoch ist.
Passendes Arbeitsplatz-Layout
Gegen diese Störungen ist die wandorientierte Plazierung der Arbeitsplätze als sogenanntes „U-Layout oder T-Layout” wirksam.
Das wandorientierte U-Layout führt optisch zu einer weiteren Zergliederung des Raumes – und damit zu subjektiv mehr Enge. Bei wandorientierten T-Layouts ist es wichtig, daß die dazwischen angeordneten, schallabsorbierenden Wände eine Mindesthöhe von ca. 140 cm haben sollen (Höhe der Schallquelle Mund in sitzender Position).
Das U-Layout bewirkt eine gewöhnungsbedürftige Rücken-zu-Rücken Plazierung der Mitarbeiter, die zunächst häufig auf Ablehnung stößt. Größere Akzeptanz entsteht mit der Zeit, weil der Benutzer realisiert, daß ein sehr viel konzentrierteres Arbeiten möglich ist.
Arbeitsumgebung, Punkt 18:
„Die Arbeitsmittel dürfen nicht zu einer erhöhten Wärmebelastung am Bildschirmarbeitsplatz führen, die unzuträglich ist. Es ist für eine ausreichende Luftfeuchtigkeit zu sorgen”.
Auch hier hilft die Arbeitsstätten-Verordnung mit den Arbeitsstätten-Richtlinien (ASR 6/1,3) weiter: „Für überwiegend sitzende Tätigkeit wird eine Mindest-Temperatur von 20° C verlangt und eine Höchst-Temperatur von 26° C gefordert. Da die Wärmeabgaben von Monitoren und sonstigen Peripherie-Geräten natürlich erheblich sein können, macht dies unter Umständen eine Kühlung notwendig. Bei vorhandener Bausubstanz mit „normaler” Fensterbe- und -ent-lüftung wird’s problematisch und zwar völlig unabhängig von den Jahreszeiten. Dezentrale Technik mit z.B. mobilen Klimatruhen bietet – speziell für Nachrüstungen – gute Lösungsansätze, besonders, wenn man die Investitions- und Betriebskosten im Griff behalten will.
Weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Wärmeentwicklung bieten sich im Bereich des Sonnenschutzes an. Sie werden am wirksamsten außen eingesetzt.
Die Luftfeuchtigkeit sollte 55 % möglichst nicht unterschreiten. Speziell in den Heizperioden (trockene Luft) ist dies teilweise deutlich der Fall – mit allen unangenehmen Begleiterscheinungen (z.B. elektrostatische Auf-/ Entladungen). Abhilfe schaffen elektrische Luftbefeuchter und/oder dezentrale Klimatruhen, die eine Befeuchtung mit übernehmen können.
Arbeitsumgebung, Punkt 19:
„Die Strahlung muß mit Ausnahme des sichtbaren Teils des elektromagnetischen Spektrums so niedrig gehalten werden, daß sie für Sicherheit und Gesundheit der Benutzer des Bildschirmgerätes unerheblich ist”.
Der Teil „sichtbares Licht” = Tageslicht/Kunstlicht wird hier bewußt ausgeklammert. Bei einer immer größeren Verdichtung elektrischer/elektronischer Arbeitsmittel in unseren Büros wird die Sensibilisierung für den Begriff „Strahlung/ Elektrosmog” immer größer. Wir sind ständig – auch in der Natur – von natürlicher und künstlicher Strahlung umgeben. Bei der von einem Computer ausgehenden Strahlung handelt es sich im wesentlichen um die drei Strahlungsarten:
– ionisierende Strahlung/ Radioaktivität,
– statische Aufladung und
– Magnetfelder.
Folgende Kriterien sind zu berücksichtigen:
• Das Einhalten einer entsprechenden Mindestentfernung zum Bildschirm ( > 10 cm),
• Bildschirmfilter (Reduzierung der elektromagnetischen Felder und damit der statischen Aufladung),
• Geräteauswahl (MPR II und TCO 95/98) und
• Ergonomie-Zertifizierung des TÜV Rheinland.
Wichtig noch bei älteren Monitoren: Die seit vielen Jahren eingebauten Ablenk- und Kompensationsspulen führen nicht nur zu einer Reduzierung der elektromagnetischen Felder, sie leiten diese auch nach hinten-seitlich um. Dies ist bei der Plazierung der Monitore – speziell bei Blockaufstellungen, Angesicht zu Angesicht – wichtig. Eine zusätzliche Belastung des Gegenüber durch elektromagnetische Felder muß vermieden werden. Abhilfe schaffen auch Bildschirm-Versenkbeschläge, die in Schreibtischgestelle integriert sind. Sie bewirken darüber hinaus noch eine Optimierung des Sehwinkels.
Bildschirmgerät und Tastatur
Die wichtigsten Anforderungen an Monitore und Eingabemedien sind:
• gute, ausreichend große Zeichendarstellung,
• Bildstabilität und Flimmerfreiheit ( > 73 Hz),
• Helligkeits- und Kontrastregulierung müssen möglich sein,
• reflexionsfreie/-arme Bildschirm-Oberfläche,
• freie und leichte Drehbarkeit,
• separate und neigbare Tastatur,
• reflexionsarme Oberfläche der Tastatur und
• ergonomische Tastenform und -beschriftung.
Die ISO 9241 legt auch hierfür Maßstäbe und Spezifikationen im einzelnen fest.
Zusammenwirken Mensch-Arbeitsmittel
Für Software gibt es eine Zertifizierung (und ein Prüfzeichen) durch den TÜV Rheinland.
Tatsache ist jedoch: Viele Produkte – weitaus die meisten – verfügen heute noch nicht über eine derartige Zertifizierung.
Experten, die die Gesamtproblematik „Bildschirmarbeitsplatz” wirklich ganzheitlich sehen, sind sich einig: Bei der Software-Ergonomie liegt der größte Knackpunkt!
Die Bildschirmarbeits-Verordnung stellt zum Merkmal „Benutzerfreundlichkeit” folgende Forderungen auf:
• Software muß an die auszuführende Aufgabe angepaßt sein.
• Die Systeme müssen den Benutzern Angaben über die jeweiligen Dialogabläufe unmittelbar oder auf Verlangen machen.
• Die Systeme müssen den Benutzern die Beeinflussung der jeweiligen Dialogabläufe ermöglichen.
• Die Systeme müssen eventuelle Fehler bei der Handhabung beschreiben.
• Die Systeme müssen deren Beseitigung mit begrenztem Arbeitsaufwand erlauben.
• Die Software muß entsprechend den Kenntnissen und Erfahrungen der Benutzer angepaßt werden können.
• Die Software muß im Hinblick auf die auszuführende Aufgabe angepaßt werden können.
Diese Forderungen sind leicht aufgestellt. Sie zu erfüllen wird im Einzelfall durchaus nicht einfach sein.
Schwierig bleibt also allemal die Erfüllung des einklagbaren Arbeitnehmeranspruchs auf einen (Bildschirm-) Arbeitsplatz, der den Anforderungen der Bildschirmarbeitsplatz-Verordnung in allen Teilen entspricht.
EU-Richtlinien – im Bürobereich kommt keiner dran vorbei
Wer sich als Anbieter von Planungs- und Produktleistungen nicht um dieses Thema kümmert, handelt vom unternehmerischen Standpunkt aus gesehen, fahrlässig. Der Innenausbaubetrieb kommt um diese Aufgabe nur herum, wenn die Zielgruppe „Büro und Verwaltung” nicht zu seiner Klientel zählt. In diesem Fall können sich die Verantwortlichen auf der Anbieterseite entspannt zurücklehnen und die Bildschirmarbeits-Verordnung Bildschirmarbeits-Verordnung sein lassen. Der Innenausbauer aber, der in diesem Marktsegment tätig ist oder es noch weiter forcieren will, muß die Herausforderung annehmen, muß sein Wissen, sein Können und damit auch seine Kompetenz erweitern. Tut er dies nicht, wird er bezogen auf dieses Marktsegment eines Tages nicht mehr mithalten können. Bevor es soweit ist, wird es viele „Waterloo-Erlebnisse” geben. Das kann teuer werden, denn die Rechtsprechung ist eindeutig: Handwerksbetriebe, die ihre Kunden intensiv beraten, müssen nach einem Urteil des Bundesgerichtshof für Schäden haften, die sich aus Beratungsmängeln ergeben (BGH-Urteil vom 19. März 1992 – III ZR 170/90). Je intensiver sich ein Betrieb mit Problemlösungen für die Kunden beschäftigt, desto eindeutiger liegt ein Beratungsvertrag und nicht nur ein Kauf- oder Werkvertrag vor. Dies trifft auch auf kostenlose produktnahe Bewerbung zu. Auf Beratung ganz zu verzichten oder dem Kunden ein Blatt in die Hand zu drücken, mit dem die Haftung für Beratung ausdrücklich ausgeschlossen wird, ist sicher keine Lösung.
Eine positive Herausforderung
Der Innenausbauer und Schreiner sollte die gesamte Thematik als positive Herausforderung und als Chancen-Potential begreifen: Knifflige Probleme erfordern maßgeschneiderte Lösungen speziell bei Sanierungen und Modernisierungen. Die Möglichkeit der Differenzierung über die Beratung und die Produkte verschafft nicht nur Wettbewerbsvorteile in der eigenen Branche, sondern auch gegenüber den Massen- und Großserien-Herstellern von Arbeitsplatz-, Schrank- und Trennwand-Systemen. Hier können die Faktoren „Individualität” und „Flexibilität”, das nötige Grundwissen vorausgesetzt, voll ausgespielt werden. n
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Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
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