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Bringt Europa zusätzliche Prüfungen für die Fensterbauer?

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Bringt Europa zusätzliche Prüfungen für die Fensterbauer?

Die europäische Einigung schreitet unaufhaltsam voran. Während das nächste große Ziel, die Währungsunion, bei der zum 1. Januar 1999 der Euro das gesetzliche Zahlungsmittel wird, alle Branchen und auch die Privatpersonen gleichermaßen betrifft, “knabbert” insbesondere die Fenster-, Türen- und Fassadenbranche immer noch und sogar in zunehmendem Maß an dem Abbau von Handelshemmnissen in der Form der Harmonisierung des Technischen Regelwerks.

Ständiger Ausschuß bestätigt Konformitätslevel 3 *

Die bereits in den frühen 80er Jahren als politisches Ziel erklärte Harmonisierung fand ihren ersten Niederschlag in der im Jahr 1988 von der Europäischen Gemeinschaft herausgegebenen Bauproduktenrichtlinien (BPR), deren konkrete Auswirkungen nach nunmehr weiteren zehn Jahren beginnen spürbar zu werden.
Die zeitliche Entwicklung und die Struktur der europäischen und der deutschen Anforderungen an Bauprodukte, z. B. Fenster, Türen, Isolierglas usw. ist in der BM-Grafik nochmals dargestellt. Nachdem aber die Branche bereits den seit spätestens Januar 1996 in den Landesbauordnungen und den Bauregellisten (inzwischen haben wir mit der Ausgabe 98/1 die dritte rechtsverbindliche Auflage) sowie in der VOB geregelten Vorgaben der Führung eines Übereinstimmungsnachweises in Form eines Ü-Zeichens nicht in breitem Maß gefolgt ist und damit gesetzliche Vorgaben nicht umsetzt und so zumindest andauernd Ordnungswidrigkeiten begeht, stehen mit neuen europäischen Vorgaben weit aufwendigere Nachweis- und Dokumentationsverfahren ins Haus.
Worum geht es jetzt?
Wie in der Grafik aufgezeigt, dürfen Bauprodukte zukünftig nur noch dann in Verkehr gebracht werden, d. h. in diesem Zusammenhang: zum Kunden transportiert, dort eingebaut und von diesem genutzt werden, wenn sie das CE-Zeichen als Konformitäts (= Übereinstimmungs-)zeichen dafür tragen, daß sie mit bestimmten “Technischen Spezifikationen” – also mit Europa-Normen (EN) – übereinstimmen. In diesen Normen, von denen derzeit für die Produktfamilie Fenster, Türen, Fassaden, Abschlüsse noch keine Norm endgültig fertiggestellt ist, werden u. a. – produktbezogen – Anforderungen an Art, Form und Umfang des Konformitätsnachweissystems gestellt. Die Festlegung des Konformitätsnachweissystems erfolgt aber nicht durch die Normungsgremien, sondern innerhalb des Mandats, also der offiziellen Beauftragung der europäischen Normungsorganisation CEN durch die Europäische Kommission. Allerdings erst nach einer Beratung im “Ständigen Ausschuß”, in welchen die Mitgliedsstaaten jeweils Vertreter entsenden.
Im Rahmen dieser Mandatierung wurde Anfang Juli 1998 für die Produktfamilie Fenster erneut das Konformitätslevel 3 festgelegt. Was war geschehen? Bereits im Frühjahr 1995 wurde für Fenster in einem der ersten Mandate überhaupt das Konformitätsniveau 3 festgelegt, was bedeutet, daß ein Fensterhersteller die mandatierten Produkteigenschaften
• Widerstand bei Wind
• Widerstand gegen Feuer
• Rauchundichtigkeit
• Schlagregendichtheit
• Freisetzung gefährlicher
Substanzen
• Schallschutz
• Wärmeschutz und
• Luftdurchlässigkeit.
von einer zugelassenen Prüfstelle in Form einer Erstprüfung überprüfen und bestätigen lassen muß. Zudem benötigt der Fensterhersteller (wie bei allen anderen Systemen auch) eine Werkeigene Produktionskontrolle (WPK).
Nachdem Deutschland mit einer Klage u. a. wegen Formfehlern gegen dieses Mandat beim Europäischen Gerichtshof im Februar 1998 erfolgreich war, sah auf ursprüngliche Anregung der Karlsruher Glaserorganisationen der gesamte “Verkehrskreis Fenster und Türen”, also der Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks, Hadamar; der Bundesverband Holz und Kunststoff, Wiesbaden; der Bundesverband Metall, Essen; der Bundesverband Rolladen + Sonnenschutz, Bonn; der Bundesverband Tore, Ratingen; der Fachverband Fensterbau Baden-Württemberg, Karlsruhe; der Gesamtverband der Drahtflechter und Zaunbauer, Köln; der Industrieverband Türen, Tore, Zargen, Hagen; der Verband der Fenster- und Fassadenhersteller, Frankfurt; der Wirtschaftsverband Eisen, Blech und Metall verarbeitende Industrie, Ratingen, sowie die zentralen Spitzenverbände HDH (Hauptverband der Deutschen Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie), Bad Honnef, und ZDH (Zentralverband des Deutschen Handwerks), Bonn, die Möglichkeit, bei der Überarbeitung des Mandats auf die für die Betriebe mit weniger Aufwand verbundene Konformitätsstufe 4 zu kommen. Dieses Ansinnen, dem sogar das Deutsche Institut für Bautechnik, Berlin, und das Bundesbauministerium folgten, konnte auf europäischer Ebene nicht durchgesetzt werden, da in dem ständigen Ausschuß außer Deutschland und Österreich alle anderen Länder für höhere Konformitätslevel gestimmt und das ursprüngliche System 3 bestätigt haben.
Was ist zu tun?
Mit der offiziellen Festlegung des Konformitätslevels 3 wurde zwar dem einhelligen Wunsch der deutschen Branche nicht entsprochen, aber bei einem weitergehenden Konsens aller Beteiligten, nämlich Hersteller, Institute, Bauaufsicht, Ministerien kann auch diese Lage erträglich gestaltet werden! So muß z. B. die Forderung der Fensterbranche, daß nicht jeder einzelne Herstellerbetrieb eigene Erstprüfungen für alle Produkteigenschaften (die mandatierten sind oben aufgeführt) selbst durchführen lassen muß, sondern, daß Prüfungen von Systemgebern, Werkzeugherstellern oder Prototypen-Prüfungen von Verbänden durchgesetzt und anerkannt werden. Für Eigenschaften, die aufgrund jahrelanger positiver Erfahrungen mit bewährten Technischen Regelwerken, z. B. die DIN 68121 für Holzfensterprofile, ohne spezielle Prüfung mit ausreichender Genauigkeit oder die aufgrund von Tabellenwerten (bisher z. B. im Bereich des Schall- und des Wärmeschutzes) beurteilt werden können, muß die Erstprüfung ebenso entbehrlich sein wie für unwesentliche konstruktive Veränderungen oder Maßabweichungen.
Als Alternative zu dem im Grundsatz geltenden Konformitätslevel 3 besteht entsprechend der BPR für Bauprodukte, die “nicht in Serie” hergestellt werden, die Möglichkeit, das Level 4 anzuwenden (sofern die entsprechenden Technischen Spezifikationen nichts anderes bestimmen). Nach Meinung aller Verbände, die Fensterbauer vertreten, ist ein auf spezielle Kundenwünsche und auf bestimmte Maße hergestelltes Fenster für ein vorher bekanntes Objekt, ein Aufmaß-Fenster also, eine Einzelanfertigung und müßte danach im System 4 mit einer Erstprüfung/Beurteilung durch den Hersteller selbst auskommen. Die Anwendung von “fremden” Prüfzeugnissen, von Tabellenwerten oder von Normen-Aussagen liegt hier wesentlich näher als bei dem System 3 und entspricht derzeit mit dem Übereinstimmungsnachweis “ÜH” aus LBO’s und Bauregelliste einem Marktanteil von 99 %.
Auch die bei allen Konformitätssystemen geforderte Werkseigene Produktionskontrolle (WPK) bedeutet einen zusätzlichen Aufwand. Sie ist definiert als “die ständige Eigenüberwachung der Produktion durch den Hersteller”, indem durch systematische schriftliche Betriebs- und Verfahrensanweisungen eine Grundlage für eine Qualitätssicherung geschaffen und damit die Einhaltung der geforderten Produkteigenschaften gewährleistet und dokumentiert wird. Für diesen Bereich gibt es anscheinend einige europäische Kreise, die für diesen Zweck ein Qualitätsmanagement-System nach der EN ISO 9000 anstreben. Allerdings wird in dem entsprechenden “Leitpapier B” darauf hingewiesen, daß die Anwendung dieser Norm keine verbindliche Forderung ist. Vielmehr eröffnet dieses Leitpapier mit Formulierungen wie “Aufgaben und Verantwortlichkeiten … sollen dokumentiert werden” oder “… Verfahren sollen dem Produkt und dem Herstellungsprozeß angemessen sein” weitgehende Möglichkeiten für eine handwerksgerechte Gestaltung der WPK. Ohne zusätzlichen Aufwand – im Vergleich zur derzeitigen Vorgehensweise – wird es aber nicht gehen! Wie hier ein noch akzeptables Minimum aussehen könnte, wird in Kürze in einer Arbeitsgruppe des “Verkehrskreises Fenster und Türen” angegangen.
Als Fazit nach derzeitigem Erkenntnisstand bleibt festzuhalten: Die Festschreibung des Konformitätslevels 3 in das Mandat für Fenster, Türen etc. muß nicht notwendigerweise auf den einzelnen Betrieb bezogen einen eigenen Prüfaufwand bedeuten. Es können vielmehr bewährte Systeme weiterhin angewendet werden oder es kann auf Prüfungen von Verbänden oder Systemgebern zurückgegriffen werden. Diese handwerkliche Position gilt es ebenso durchzusetzen wie eine für kleinere Verarbeiter akzeptable und durchführbare Form der unausweichlichen Werkseigenen Produktionskontrolle. Daß diese Anforderungen das Aus für das produzierende Handwerk sind, kann und darf nicht sein und ist es auch nicht. Daß jedoch Europa auch in diesem Bereich seinen Preis hat, muß von der Branche realisiert und akzeptiert werden. n
* Von Reiner Oberacker, Technische Beratungsstelle im Landesverband des Glaserhandwerks, Fachverband Fensterbau Baden-Württemberg, Karlsruhe
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