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Fidelbau macht Spaß

, ,Von Rudolf R. Jirka
Fidelbau macht Spaß

Seit der Erstveröffentlichung zum Bau einer Fidel, die in der BM-Ausgabe Dezember 1979 auf den Seiten 89 bis 92 erfolgte, haben viele Musikinteressierte und Musikinstrumentenbauer die Bauanleitung nebst Zeichnung im Maßstab 1 : 1 von der BM-Redaktion angefordert. Es hatte sie gereizt, die Fidel, die in vielen Ländern nach wie vor zum Instrumentarium der Volksmusik gehört, nachzubauen und sich von ihrem faszinierenden Klang begeistern zu lassen. So auch Rudolf R. Jirka aus dem bayerischen Eresing, der schon mehrfach durch den Nachbau historischer Musikinstrumente (siehe auch BM 12/93 „Bau eines Sopran- Krummhorns“ und 12/95 „Bau eines Virginals“) von sich reden gemacht hat. Über den Bau einer Fidel nach der Anleitung aus der BM-Hobby-Reihe von 1979, berichtet er im folgenden Beitrag.

Anfangs sah alles recht einfach aus . . .
Zunächst erfolgten die einfachen Aussägearbeiten des Bodens, der seitlichen Zargen sowie die der Kopf- und Fußseite. Wegen seiner Breite mußte ich den Boden aus zwei Ahornbrettchen zusammenfügen. Für die Verleimung verwendete ich, wie übrigens für alle anderen Leimarbeiten auch, Knochenleim, den ich im Wasserbad erwärmte. Auf einem glatten Holzbrett preßte ich die beiden Teile zusammen, legte drei flache Holzstücke darauf, die ich mit Zwingen an beiden Seiten befestigte. So konnten die Teile völlig plan aneinander liegen.

Die glasähnliche Struktur verbessert die klanglichen Eigenschaften des Instruments. Bei Reparaturarbeiten lassen sich unter heißem Wasserdampf die verleimten Teile leichter lösen, ohne daß das Holz an diesen Stellen reißt.
Bei den beiden Resonanzdeckenhälften verfuhr ich ähnlich wie beim Boden. Mit einem Dorn punktierte ich die Umrisse der Schallöcher auf die beiden Deckenteile und schnitt sie mit einer superscharfen Klinge aus.
Die dachförmigen Kopf- und Fußzargen sägte ich gemäß Bauplan genau aus. Beim Steg gab es drei Versionen auf dem Plan. Die schönste pauste ich auf Transparentpapier ab, übertrug die Konturen auf einen kleinen Ahornblock und sägte das Stück so aus, daß sich der Steg von unten nach oben verjüngte.
Aus meinem Holzvorrat schnitt ich ein Stück Rotbuche für den Saitenhalter gemäß Bauplan zurecht und bearbeitete die Oberfläche so, daß eine schöne gleichmäßige Rundung entstand. Am spitzen Ende bohrte ich ein großes Loch (Durch-messer 15 mm) für den Haltestift, in den der Saitenhalter eingehängt wird.
Aus einem Rest Buchsbaumholz von meinem Krummhornbau (siehe BM 12/ 93) drechselte ich den Haltestift.
Auch beim Herstellen der Halteklötze für die Fuß- und Kopfzarge mußte ich mit großer Sorgfalt vorgehen, denn der sich zum Hals hin verjüngende Korpus und die abgewinkelte Decke verlangten eine exakte obere Abschrägung.
Ein Blick auf den Plan zeigte mir, was noch an Kleinteilen vorzubereiten war: Aus Fichtenholz sägte ich das trapezförmige Stimmbrettchen mit quer zur Korpuslänge verlaufender Maserung sowie den Baßbalken. Aus einem Buche-Rundstab mit 8 mm Durchmesser fertigte ich ruckzuck die „Stimme“ jenes Hölzchen, das die Decke mit den Stimmbrettchen am Boden verbindet. Die Reifchen, die später oben und unten an die Zargen geleimt werden, stellte ich aus Fichtenholzleisten 4 x 4 mm her – vier für die Längszargen und acht für Rück- und Vorderzargen.
Etwas kniffliger erwies sich dagegen die Herstellung der vier Eckleisten an den Zargen. Während die Kopf- und Fußzarge lediglich an die flache Rückseite dieser Eckleisten anzuleimen sind, werden die Längszargen in die Nute der Eckleiste eingeschoben. Das wohl anspruchsvollste Stück der Altfidel ist der Hals und das Griffbrett. Hier rächt sich endlos, wenn nicht sauber gearbeitet wurde.
Den Hals mit Wirbelkopf zeichnete ich in groben Zügen auf einen Ahornklotz, den ich mir von einer benachbarten Schreinerei zurecht sägen ließ. Die Feinarbeiten nahm ich mit Hobel, Feile und Schleifpapier vor. Anders als im Plan vorgesehen, gestaltete ich das Halsansatzstück mit Überlänge. In den Wirbelkasten, den ich am Kopfende mit zwei leicht geschwungenen Ausbuchtungen verzierte, bohrte ich die sechs Löcher und paßte mit einer Reibahle die Öffnungen den konisch geformten Wirbeln an. Das mittlerweile fertiggestellte Griffbrett leimte ich auf den Hals, und rundete nach dem Abbinden des Leimes alle Kanten mit Schifferhobel, Feile und Schleifpapier ab. Das zum Steg weisende Endstück des Halses versah ich mit der charakteristischen Aushöhlung.
Die Altfidel nimmt Gestalt an
Mit dem Verleimen der beiden Halteklötze auf den Boden begann der Zusammenbau der Altfidel. Es folgten die beiden dachförmigen Kopf- und Fußzargen zusammen mit den vier Eckleisten. An die Ober- und Unterkante der beiden Seitenzargen und der Kopf- und Fußzarge leimte ich die Reifchen, die die Leimfläche für Boden und Decke vergrößern und dadurch für zusätzliche Festigkeit sorgen. Verleimt wurden ebenfalls das Stimmbrettchen auf den Boden sowie der Baßbalken unterhalb der linken Deckenhälfte.
Nachdem der Leim gut abgebunden hatte, entfernte ich säuberlich alle überstehenden Holzteile von Boden und Zargen. Mit der Feile schrägte ich die Eckleisten gemäß des Deckenverlaufs ab. Damit die Resonanzdecke exakt aufliegen konnte, benutzte ich zum Abrichten der Unebenheiten ein langes Brett, auf das ich 80er Schleifpapier geklebt hatte. Beim Verleimen der Resonanzdecke verfuhr ich anders als in der Bauanleitung beschrieben. Während diese die Verleimung der beiden Deckenteile miteinander vor dem Aufleimen auf den Klangkörper vorsieht, verleimte ich die beiden Deckenteile einzeln auf dem Korpus. Zuvor hatte ich die Stoßfuge beider Deckenteile mit dem Hobel entsprechend der abgeschrägten Form gefügt. Beim Zusammenpressen fixierte ich zunächst die beiden Deckenhälften mit Klebeband und spannte die Zwingen nur soviel, daß der Preßdruck für die Verleimung noch ausreichte.
Nach dem Bündigputzen der aufgeleimten Resonanzdecke machte ich mich daran, den Hals an den Korpus anzupassen. Dabei mußte der stumpfe Winkel der Kopfzarge und der Resonanzdecke am Halsansatz herausgearbeitet werden. Danach folgte der letzte heroische Akt: den Hals an den Korpus zu leimen. Damit der Hals nicht schief angeleimt wird, zog ich einen Mittelstrich auf dem Griffbrett, der mit dem Giebel der Decke in einer Liniefluchten muß und markierte mit einem dünnen Bleistiftstrich die Leimfläche auf der Kopfzarge. Den heißen Leim trug ich auf Halsansatz und Aufsetzstück auf und preßte Hals und Korpus mit Zwingen zusammen.
Den Sattel, jenen Steg, über den die Saiten zu den Wirbeln laufen, paßte ich der Rundung des Griffbretts an und leimte ihn fest. E
Lackieren – aufwendig oder schnell
Bevor die Bünde und Saiten aufgezogen werden, muß die Oberflächenbehandlung des Instrumentes durchgeführt werden. Dabei kommt es darauf an, welcher Klang gewünscht wird. Die aufwendigere Version, gleich der bei einer Geige, dauert etwa 4 bis 6 Wochen, weil nämlich mehrere Schichten aufgetragen werden. Der Klang tendiert mehr zu Klarheit und Brillanz. Einen solchen Lackiersatz als Klein- und Großsortiment liefert Josef Hammerl aus 91083 Baiersdorf (Tel. 0 91 33/ 23 30, Fax ~/51 71). Bei weicheren, dunkleren Tönen gibt es diesen Weg:
Ein Päckchen Gelatine Pulver in 250 cm³ heißem Wasser auflösen und damit das ganze Instrument bestreichen. Gut austrocknen lassen und dann sauber mit 400er Papier abschleifen. Beize mit gewünschtem Farbton ansetzen und mit einem Schwämmchen gleichmäßig auftragen. Einen Tag trocknen lassen und wieder mit feinkörnigem Schleifpapier bearbeiten. Nun kann die Fidel entweder mit Leinöl oder Schellack eingelassen werden.
Bei meiner Fidel entschloß ich mich für die Leinölmethode. Mit einem weichen Lappen rieb ich das Leinöl gleichmäßig in das Holz ein und polierte anschließend das überschüssige Öl wieder weg. Das Aushärten des Leinöls dauert je nach aufgetragener Menge zwei bis vier Wochen. Der Klang wird im Laufe der Zeit heller und klarer, da Leinöl nach und nach eine kristalline Form annimmt.
Bünde und Saiten
Fingerfertigkeit und Geschick benötigt man, um die Bünde aus Nylonfaden zu binden. Dabei ist besonders darauf zu achten, daß die Abstände der Bünde millimetergenau eingehalten werden. Ausschlaggebend dafür ist die Mensur (m) und die Anzahl der Bünde (b). Bei der Fidel beträgt die Mensur genau 500 mm, das ist der Abstand zwischen Sattel und Steg, d. h. die Länge der schwingenden Saite. Gemessen wird immer vom Sattel in Richtung Steg – in unserem Fall 50 cm.
Die Formel dafür lautet:
(bn = Ziffer des jeweiligen Bundes, z. B.: b1 = 1. Bund; m = Mensur)
Beispiel: Die Entfernung des4. Bundes vom Sattel ist:
Die Altfidel hat sieben Bünde. Dafür nehme ich für b1 bis b4 Nylon e-Saiten und für b5 bis b7 Nylon h-Saiten. Grund für die unterschiedliche Stärke der Saiten: Da sich der Abstand der Melodiesaiten zum Griffbrett in Richtung Sattel verkürzt, sollten entsprechend dünnere Bünde verwendet werden. Die Nylon-Bünde wickelt man doppelt, so daß pro Bund zwei Stränge auf dem Griffbrett liegen und verknotet sie fest miteinander. Den Knoten zog ich so unter den Hals, daß er beim Spielen nicht stört. Die Endstummel wurden vorsichtig mit einem heißen Messer bis auf einen winzigen Rest weggeschmolzen.
Die Bünde werden ein wenig unterhalb ihrer Markierung in Richtung Sattel geschnürt. Zieht man sie dann an ihre richtige Position in Richtung Steg, entsteht durch die Verbreiterung des Griffbretts eine Spannung, die verhindert, daß sich die Bünde durch den Fingerdruck während des Spiels verschieben. Zwei winzige Einkerbungen am Rande des Griffbretts, in denen die Bundstränge ruhen können, ergeben eine zusätzliche Fixierung.
Viel Geduld benötigte ich, um die „Stimme“, ein kleines rundes Stöckchen, einzusetzen. Die Stimme verbindet die Decke mit dem Boden, und wird kurz hinter dem rechten Stegfuß, also unter die rechte Deckenhälfte, auf der Diskantseite eingeklemmt. Dabei darf sie (ohne Saiten) nur einen leichten Druck auf die Decke ausüben. Die abgeschrägte obere Aufliegefläche muß genau dem Winkel der Decke entsprechen.
So richtig spannend wurde es beim Aufziehen der Saiten. Durch den Druck rutschten einige Saiten aus ihrer Position im Sattel, also machte ich sie eine Winzigkeit tiefer. Einmal mit der Dreikant-Schlüsselfeile nicht zu fest darüber ziehen reicht. Zu viel des Guten getan – und die Saite berührt den Bund, was unbedingt vermieden werden soll.
Die „Reifeprüfung“
Die Altfidel wird in G c f a d’ g’ gestimmt und jeder einzelne Bund bei gleichzeitigem Streichen der Saite abgegriffen. Somit prüfte ich erstens anhand eines Stimmgeräts, ob auch alle Bünde „bundrein“ gesetzt worden sind, d. h. die Töne stimmen und zweitens, ob beim Abdrücken – man drückt nicht zwischen den Bünden, sondern ganz knapp hinter dem zum Steg weisenden Bund – die Saite nicht den nächst höheren Bund berührt. Ist dies der Fall, kann es im besten Fall scheppern, schlimmstenfalls ist der gestrichene Ton falsch.
Abhilfe schafft das Anbringen von winzigen Papierschnitzeln in die Nut im Sattel, um somit die Saiten anzuheben. Da dies aber so dilettantisch ausschaut, klebte ich zwei Furnierstreifen unter die Stegfüße, so daß die Saiten nicht mehr den nächst höheren Bund berührten.
Apropos Klang
Zum Schluß noch drei kleine Bemerkungen zum Klang. Wer es lieber heller und klarer hätte, lege sich Stahlsaiten für Altfidel von der Firma Pyramid zu. Der Satz ist billiger als der für Darmsaiten und bewegt sich um 70 bis 80 DM. Bei Bestellung stets Mensur und benötigte Gesamtlänge angeben. Sie muß ca. 10 cm länger sein (Abstand vom Saitenhalter bis zum Wirbel plus 10 cm).
Zweitens: Mit Saitenspannung und Saitenmaterial läßt sich zwar der Klang spürbar beeinflussen, aber man darf keine Klangwunder erwarten, denn die Kastenform der Fidel setzt akustisch-physikalische Grenzen. Klanglich mehr ist aus der Fidel herauszuholen, wenn man sich an der Violinform orientiert.
Drittens: Meister Isegrim belegt erfahrungsgemäß bei Streichinstrumenten einen speziellen Ton in den höheren Lagen, der gar grauslich klingt oder nur röhrt und knurrt und deswegen auch „Wolf“ heißt. Entweder lernt man damit zu leben oder sucht einen Cello-Bauer um Rat auf.
Aber dennoch: hier steht eine Fidel mit warmen Klang, bestens geeignet zur Liedbegleitung, als Basso-Continuo oder im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten aus Mittelalter und Frührenaissance. Ich wünsche nicht nur viel Spaß beim Bauen, sondern auch viel Freude beim Spiel. n
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