Fließender Übergang

Als filigraner Leichtbau schiebt sich der Glasbau des „herrmanns“ unter den massiven Baukörper des Reutlinger Rathauses. Der neu entstandene Bau des Architekturbüros „walkarchitekten“ beherbergt ein Restaurant, eine Bar und eine Lounge. Gestalt bildend ist der fließende Übergang von innen nach außen und von außen nach innen.

Die Freiterrasse ist eingehüllt in Bambus und Kerzenlicht. Echter Bambus wechselt sich ab mit Sichtschutzelementen aus Vollkern-Platten mit Bambus-Siebdruck. Die Terrasse ist sowohl vom Restaurant als auch über einen Steg von der Straße begehbar. Das „herrmanns“ vermittelt Offenheit und Transparenz. Die Einfassung der Terrasse mit dem Thema „Bambus“ orientiert sich an der Gestaltung des Rathausplatzes mit seinem Wasserlauf, welcher im Terrassenbereich endet.

Innenarchitektonisch wird in den drei Bereichen des „herrmanns“ eine szenographische Atmosphäre erzeugt – unterstützt von ungewöhnlichen Materialien sowie neuer Licht- und Medientechnik.

Sämtliche Bereiche laden ein zum Schauen und Kommunizieren – der Besucher und Gast ist Voyeur und Akteur zugleich. Er kann nach dem Abendessen noch in den Bar- bzw. Loungebereich und bei einem Digestif den Abend ausklingen lassen, oder er kommt zum Chill-Out direkt an die fast 13 m lange Bar und genießt Live-Musik auf der kleinen Pianobühne mit unterschiedlichen Programmpunkten.

Die neue Lichttechnik macht Farbe hörbar oder Klänge sichtbar. Die Farbabfolgen sind auf das jeweilige Musikgenre abgestimmt: Bei lateinamerikanischen Klängen von Ruben Blades oder Connexia Latina orientiert sich die Lichtstimmung an „Maisgrün“. Bei Cooljazz von Miles Davis oder Norah Jones lebt die Farbe in ‚kühlem’ Blau. Und wenn eine rottonige Aura erscheint, dann erklingt gleichzeitig Ravemusic, Shade oder vielleicht sogar Edith Piaf – ganz nach Laune des Barkeepers. Diesem ganzheitlichen Erlebnis kann sich kaum ein Besucher entziehen.

Verbindendes findet sich im Farb-, Material- und Lichtkonzept: Die Farbe Schwarz, ein Tupfer Rubinrot sowie Erdfarbenes im Leder des Mobiliars, in der schlichten Eiche der Einbauten sowie das Material Glas gruppieren sich zu einem raumbildenden Ganzen. Der Boden besteht durchgehend aus schwarzbraunen Asphaltplatten, mit Ausnahme des Terrassenbelages, der aus dunklen Siebdruckplatten hergestellt wurde.

Die akustisch wirksame Decke ist hergestellt aus schwarzlackierten Holzwolle-Leichtbauplatten im Restaurantbereich, sowie im Barbereich aus Gipskartonplatten, die in der LC-Farbe Alabasterweiß (siehe Infokasten) gestrichen wurden.

Die lange Wand gegenüber der Bar wurde in ockerfarbiger Pigmenttechnik gestaltet – harmonisch in farblicher Parallele zur Eiche furnierten Bar und Bar-Rückwand. Das Furnierbild an Bar-Rückwand und Theke scheinen aus einer Hand. Die Schreinerarbeiten im Innen- und Außenbereich wurden durch zwei Firmen erstellt, die hervorragend zusammenarbeiten – sowohl im elektronischen Datenaustausch als auch in der Abstimmung der Oberflächen.

Der Restaurantbereich kann – je nach Bedarf – durch das beweglich eingestellte Separee mit seinen Sitzbänken schnell und einfach umgestaltet werden. Für diesen Bereich wurden zudem eigens Leuchten als Blattsegel entworfen.

Auch das Mobiliar der Bar entstand exklusiv für diesen Bereich. Dank des Einsatzes der Bauherrschaft konnte die Firma Vitra dazu bewegt werden, den Stuhl ‚Conechair’ von Panton in Leder als Sonderkollektion zu fertigen. So passt der Stuhl sich hervorragend in das innenarchitektonische Konzept.

Und so gilt für jeden, der ein paar angenehme Stunden in entspannender Atmosphäre verbringen möchte: Wenn Sie einmal im baden-württembergischen Reutlingen sind – einfach auf den Rathausplatz spazieren, den Tunnel mit rotem Läufer durchqueren und einen schönen Abend im herrmanns verbringen. (ra)

Architektur:

Walk Architekten, Reutlingen

Innenarchitektur:

Planungsbüro Weber, Aichtal

Innenausbau:

Stohrer-Werkstätte für Möbel und Innenraum, Filderstadt

Wohlmuth Werkstätten, Heideck

LC-Farben sind Farben aus der Farbreihe des Architekten Le Corbusier, welche er zusammen mit Künstlern entwickelt hat. Sie werden seit einigen Jahren wieder exklusiv in der Schweiz produziert. Es handelt sich um Naturpigmentfarben, welche gegenüber Industriefarben erheblich (teilweise dreimal) mehr Pigmente im Aufbau haben. Dadurch sind die Farben wesentlich dichter, strahlender, haben mehr Substanz, und vermitteln eine angenehme Tiefe. Die Farben sind so zusammengestellt, dass eine Kombination untereinander problemlos möglich ist. LC-Farben sind natürlich und haben keine adäquate Alternative.