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Geld gespart – Ausbildung verschlechtert?

Die neue Ausbildungsordnung aus der Sicht eines Fachlehrers
Geld gespart – Ausbildung verschlechtert?

Die Entscheidung ist bitter: Die Rede ist vom Antrag des HKH Saar der „die Förderung von einer Woche überbetriebliche Unterweisung in der CNC-Technik“ erreichen wollte. Die Mitgliederversammlung des Bundesverbands BHKH hat diesen Antrag abgelehnt. Sicher auch, um den Betrieben keine zusätzlichen finanziellen Belastungen mit weiteren überbetrieblichen Kursen aufhalsen zu wollen. Wie aber können dann die Anforderungen aus der neuen Ausbildungsordnung Erfolg versprechend in der Ausbildung umgesetzt werden?

Gespart hat man sich auch einen überbetrieblichen Lehrgang zur Vorbereitung auf die Prüfung zur „Fachkraft für definierte elektrische Arbeiten“. Außerdem wird die Ausbildung im gesamten Montagebereich im theoretischen Teil der Berufsschulen haften bleiben.
Zumindest bei diesen Fachgebieten wird aus der neuen Ausbildungsordnung eine Mogelpackung. Denn die fachpraktische Ausbildung und Einübung, die in den Einrichtungen der überbetrieblichen Ausbildung geleistet wird, wird gekappt und fällt oft unter den Tisch. In vielen Berufsschulen hapert es an der Umsetzung der neuen Methode des Lernfeld-Lernens nicht unerheblich, weil die hauseigenen Werkstätten abgeschafft, oder verkleinert worden sind, so dass der geforderte Praxisteil kaum oder gar nicht vermittelt werden kann. Und so haben wir denn Junggesellen, die über theoretische Grundkenntnisse der Elektrotechnik, der CNC-Technik und der Montagearbeiten verfügen – aber keine Elektroleitung anfassen, geschweige denn verändern dürfen, und die kein Bearbeitungszentrum gerüstet oder selbstständig geführt haben. Die Quittung liegt schon auf dem Tisch: Beim Bundesinstitut Berufsbildung (BiBB) in Bonn werden drei Anträge für neue Ausbildungsberufe bearbeitet, von denen einer bereits positiv beschieden worden ist und in dem seit August 2006 bundesweit inzwischen über 370 Jugendliche bei IHK-Firmen ausgebildet werden: Die Fachkraft für Küchen-, Möbel- und Umzugsservice, die Fachkraft Türen- und Torenmontage und die Fachkraft für Innenausbau. Gebiete, die originäre Einsatz- und Ausbildungsfelder des Tischler- und Schreinerhandwerks sind. Jeweils beantragt von der Industrie oder vom Handel mit der Begründung, eine gesonderte Ausbildung sei notwendig, weil sich gut ausgebildete Fachkräfte für ihren Bedarf nicht finden.
Der Generalist: Ein Auslaufmodell?
Fragt man nach der Ursache dieser Entwicklung, landet man unweigerlich bei der bisher praktizierten Ausbildung zum Generalisten. Alles soll der Lehrling können, alles in drei Jahren, bei einem sich immer weiter vermehrenden Lernstoff! Und das bei Lehrlingen, deren Eingangsfähigkeiten deutlich gesunken sind. Das ist eine Diskrepanz, die man versucht hat zu lösen. Als klar gewesen ist, dass ein Ausbildungsmodell von 3 1/2 Jahren nicht durchzusetzen war, hat man über eine Straffung und Reduzierung des Stoffes nachgedacht. Herausgekommen ist das Gegenteil: eine Ausdehnung des Stoffes! Denn leider sollte ein Schreiner heute auch Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet der Elektrotechnik haben, wenn er Küchen montiert. Und Wasseranschlüsse sollte er eigentlich auch setzen können. Auch kommt man nicht daran vorbei, dass vermehrt CAD- und CNC-Kenntnisse gefordert sind. Und dann auch noch die Montage – viele sollen ja heute damit ihr Geld verdienen.
Der Ansatz weist demnach in eine falsche Richtung und das Sparregiment in Ausbildungsfragen verschärft die Problematik. Ob eine solche Haltung die Zukunft sichert, ist fraglich.
Der Generalist dient sich der Mehrheit an, aber er bedient niemanden mit der geforderten Qualität. Die zahlenmäßig nach wie vor sehr starken „Allrounder“ nicht, weil in der Mehrzahl überforderte Jugendliche nur noch verwirrt sind – die sich spezialisierenden Betriebe nicht, weil ihre hohen Anforderungen im allgemeinen Brei untergehen. Gerade die Betriebe, die sich auf zwei oder drei Schwerpunkte konzentrieren, benötigen spezielles Know-how in der Planung und der Produktion und natürlich entsprechend ausgebildete Fachkräfte. In der Schweiz und in Österreich sind Weichen gestellt worden, die in die Zukunft weisen und über die es nachzudenken lohnt. In Österreich wurde ein neuer Berufsabschluss nach einer dann 4-jährigen Lehre geschaffen, der die Anwendung der C-Technologien (CAD und CNC) umfassend vermittelt. In der Schweiz existiert nach einer gemeinsamen Grundausbildung die Spezialisierung der Berufsqualifikation schon länger. Neu geschaffen wurde vor zwei Jahren der einwöchige, überbetriebliche, fachpraktisch-orientierte CNC-Unterricht.
Differenzierung notwendig?
Die Ergebnisse der neuen Ausbildungsordnung nach den Prinzipien des „Generalisten“ wird sich an den Bedürfnissen der Betriebe messen müssen. Leider ist es wahrscheinlich, dass die Erwartungen auf wichtigen Gebieten nicht erfüllt werden können. Die neuen Ausbildungsgänge der IHK sind deutliche Warnungen.
Auch die berufswissenschaftliche Seite sollte nicht übersehen werden: So kommt etwa eine Studie an der Universität Hamburg (H.-J. Holle und Klaus Strube, 2006) zu dem Ergebnis, die Ausbildung sei anstelle des Innenausbauers einseitig auf den Möbeltischler zugeschnitten, wichtige andere Bereiche würden vernachlässigt, der expandierende Bereich der Montagearbeiten in seiner Bedeutung unterschätzt.
Kann im Berufsbildungsprozess sowohl die Breite und die Qualität als auch die Tiefe des Tischlerhandwerks abgebildet werden? Kann das Besondere und das Einzelne aller Spezialdisziplinen in Handwerk und Industrie zum Ausdruck kommen? Nicht überraschend, dass die Studie die Frage nach einer „sinnvollen Teilung des umfassenden Tischlerberufes“ neu aufwirft. Unbestritten ist, dass das klassische Tischlerhandwerk in den letzten 10 Jahren seinen Umsatz von 21 Mrd. Euro auf 16 Mrd. Euro verringert hat. Verloren hauptsächlich an die Montagebetriebe der Anlage B. Auf dem schreinerischen Montagefeld wird es weiterhin zu einem heftigen Ringen kommen. Dafür sind die Tischlerbetriebe schlecht gerüstet. Haben sie nicht mit den ausgebildeten „Generalisten“ erhebliche Marktanteile verloren? So bleibt wenig Optimismus für die Zukunft. Viele Betriebe beklagen angesichts der anziehenden Konjunktur einen Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften. Ja, wer hätte die denn ausbilden sollen? Industrie und Handel stellen ihre Spezialtruppen für die Schlacht um den Montagebrocken auf – wir haben die Generalisten. Da kann man das Ergebnis fast erahnen. Aber wie heißt es so schön: nach der Ausbildungsreform, ist vor der Ausbildungsreform! ■
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