Einer der drei allwöchentlichen Schulabende, die ein Meisterschüler während der 1½-jährigen Vorbereitungszeit an der Heinrich-Hübsch-Schule in Karlsruhe zu bewältigen hat, steht unter dem Thema Entwurf, Konstruktion und Technisches Zeichnen.
Zu den verschiedenen Innenausbau-Themen wie Garderobe, Wohn- und Eßzimmer, Küche, Büro, Laden, Bad und Hotelempfang können die Schüler eigene Grundrisse und Aufgabenstellungen mitbringen, die dann im Unterricht bearbeitet werden können.
So auch im vergangenen Winter als der Betriebsschreiner einer Klinik in Baden-Baden fragte, ob die Neugestaltung eines Krankenhauszimmers im Unterricht bearbeitet werden könne. Er solle zu einem Musterzimmer – das von einer Spezialfirma gerade entworfen wird – einen Alternativvorschlag erarbeiten. Dies würde auch zum Thema Entwurf und Gestaltung in den Unterricht passen. Problem sei allerdings der knapp bemessene Zeitrahmen.
Die Meisterschüler entschlossen sich, diese Chance zu nutzen und einen dritten Entwurf zu erarbeiten, unabhängig davon, ob man die Aufgabe zeitlich bewältigen konnte oder nicht. Wichtig war, eine praxisbezogene, reale Aufgabe zu bearbeiten und hinterher auch noch den Vergleich mit den beiden anderen Entwürfen zu haben.
So ging es los: Team- und Arbeitsplanung, Kundenwünsche exakt und möglichst genau hinterfragen, Anforderungskatalog planen, Brainstorming, Fotostudien und Arbeitsmodelle erarbeiten und die erforderliche Rollstuhl-Bedingungen sowie Ergonomie abchecken – kurz Skizzen über Skizzen. Ein Schüler informierte sich und referierte über anthroposophische Farbgestaltung und nach Rücksprache mit den betroffenen Schwestern und Ärzten wurde auch die Farbgestaltung beim Entwurf mit einbezogen.
Endlich, nach fünf Wochen, stand der Entwurf der Meisterschüler. Vor Ort war zu diesem Zeitpunkt aber auch die Entscheidung gefallen und unter Anleitung des Betriebsschreiners Joachim Dreßel war das abgebildete Krankenzimmer entstanden, das nun die 20 Jahre alten Zimmer ersetzen soll.
Gespannt fahren die Meisterschüler nach Baden-Baden, um zu vergleichen und vor allem den Sieger dieses kleinen Wettbewerbs zu bestaunen: Mehr gemütliches Hotelzimmer als sterile Krankenhausatmosphäre. Warme Farbtöne, individuelle Beleuchtungsmöglichkeit und die angenehme, warme Farbe des Buchenholzes vermitteln Wohlbehagen. Die Bereiche der beiden Betten sind abgegrenzt durch die Versorgungssäulen, in denen der ganze „Kabelsalat“ (diverse Anschlüsse für Sauerstoff, Telefon, TV und Licht) verschwindet und der notwendige Stauraum für die medizinische Versorgung im Zimmer untergebracht ist. Im Bad herrscht ein Hauch von Luxus, dadurch finanziert, daß beim Umbau sehr genau kalkuliert wurde, was kann bleiben, was muß erneuert werden.
Dieses Beispiel verdeutlicht, wie der so oft zitierte, notwendige Bezug zwischen Theorie und Praxis durchgeführt und mit Leben erfüllt werden kann. Auch im berufsbegleitenden Abendkurs, der den Teilnehmern enormes Engagement abverlangt, ist diese Verknüpfung gut möglich – wie dies die Meisterschüler in Karlsruhe bewiesen haben. n
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