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Gut geschliffen ist halb lackiert

Gütebestimmung geschliffener Holzoberflächen
Gut geschliffen ist halb lackiert

Die Bewertung von geschliffenen Holzoberflächen ist für die Holzverarbeitung von großer Bedeutung. Schleifen als Fertigungsschritt beseitigt Unregelmäßigkeiten oder unerwünschte Strukturen und bereitet auf die Oberflächenbehandlung vor. In diesem Beitrag geht es nun um die Frage, wie man die Qualität geschliffener Holzoberflächen möglichst objektiv beurteilt.

Um die Güte geschliffener Holzoberfläche zu bestimmen und zu überwachen, sind in der Vergangenheit unterschiedliche Prüfverfahren entwickelt worden, die den Ansprüchen der Praxis bislang gerecht wurden. Sie stützen sich auf die visuellen (sehend) und taktilen (tastend) Sinneseindrücke der Prüfer. Verfahren, die Rauheitsmesstechnik (taktil oder non-taktil) einsetzen, sind vor allem in der Forschung anzutreffen. Teilweise konnten auch schon Verfahren in die Praxis überführt werden, die allerdings relativ kostenintensiv sind und eher ein Nischendasein führen.

Wesentlich für den praktischen Gebrauch ist es, die eingesetzten sensorischen (auf den Sinnen basierend) Prüfverfahren zu kennen und je nach Anwendungsfall das passende Verfahren sicher anzuwenden. Der vorliegende Beitrag gibt über die gängigen sensorischen Prüfverfahren einen Überblick und stellt am Ende die mögliche Weiterentwicklung zu einem methodischen sensorischen Prüfverfahren zur Diskussion.
Grafitstift- oder Bleistifttest
Der „Bleistifttest“ ist eine der gebräuchlichsten Prüfmethoden beim Schleifen von Holz und Holzwerkstoffen. Es wird überprüft, ob vor dem Schleifen aufgebrachte Bleistiftmarkierungen (Graphitstift) teilweise oder vollständig abgetragen werden. Es lässt sich die Gleichmäßigkeit des Schliffes über die komplette Werkstückoberfläche oder auch auf speziellen Werkstückarealen (Kanten) nachweisen. Der erfahrene Prüfer kann am Ergebnis aber auch die Höhe des Abtrags bestimmen. Bei diesem Test werden linienförmige Markierungen mit einem nicht zu harten Graphitstift (HB bis etwa 3B) auf die Kanten und quer über das Werkstück aufgebracht (Abb. 1 und 2).
Das Vorgehen ist in der Praxis nicht einheitlich, empfohlen wird aber die im Bild gezeigte Anordnung der Graphitstiftmarkierungen an den Kanten und auf der Fläche. Zum anderen werden die Werkstücke mit weichen Graphitblöcken, oder seltener auch mit Ölkreiden, großflächig eingefärbt. Das sich ergebende Abbild kann zur Überprüfung von Rattermarken, Schlagmarken, defekten Schleifeinsätzen u. v. m. herangezogen werden.
Sowohl die Graphitstifte, als auch die beim Touchieren eingesetzten Kreiden sind deutlich weicher als das zu schleifende Oberflächenmaterial. Beim Aufbringen der Graphitmarkierungen werden daher Abriebspuren auf der Oberfläche abgelagert, die aber auch entsprechend der Oberflächenstruktur in Poren, Riefen und Zellstrukturen, d. h. unterhalb der Grenzschicht, eingebracht werden. Von besonderer Bedeutung ist es daher, dass durch das Aufbringen keine zusätzlichen Beschädigungen durch z. B. zu festes Drücken oder zu harte Graphitstifte erzeugt werden.
Dieser Test berücksichtigt daher im Ergebnis auch die Struktur- und Bearbeitungsrauheit, da ebenso festgestellt wird, ob auch die in tiefen Riefen und Poren eingelagerten Graphitpartikel durch das Schleifen entfernt werden. Ob Partikel dabei nicht entfernt wurden, wird bei Auflicht und mit unbewehrtem Auge relativ senkrecht zur Oberfläche überprüft. An die Eignung des Prüfers werden keine besonderen Anforderungen gestellt, für die korrekte Auswertung der Ergebnisse bedarf es jedoch einiger Erfahrung.
Touchieren nach dem Schliff
Beim so genannten Touchieren (Abb. 3) werden die Werkstücke mit weichen Graphitblöcken, oder seltener mit Ölkreiden, großflächig eingefärbt. Das sich ergebende Abbild kann auch hier zur Überprüfung von Rattermarken, Schlagmarken, defekten Schleifeinsätzen u. a. herangezogen werden.
Im Gegensatz zum Bleistifttest werden beim Touchieren die Farbpartikel nach dem Schleifen auf die Oberfläche gerieben. Dabei wird mit vollflächig und möglichst eben auftragenden Methoden gearbeitet. Häufig verwendet werden z. B. Graphitstäbe, Kreide oder Kohlepapier mit Andruckholz. Die Farbpartikel werden bei moderatem Andruck auf den erhabenen Oberflächenabweichungen abgelagert. Sichtbar gemacht werden können so z. B. Messerschläge, Ratter- und Schlagmarken, weitere Band- und Stützelementdefekte sowie Bearbeitungsrauigkeiten und -welligkeiten. Die fotografische Dokumentation der Bearbeitungsergebnisse wird durch das Touchieren wesentlich erleichtert. An den Prüfer werden nur geringe Anforderungen gestellt, der geübte Anwender kann jedoch deutlich umfangreichere und feinere Änderungen im Bearbeitungsergebnis identifizieren (z. B. beim Optimieren der Maschineneinstellungen).
Bei der Auswahl der Touchiermaterialien ist darauf zu achten, dass ein möglichst feiner Abrieb erzeugt wird (Abb. 4). Bei Graphit wird daher eher die Härte B, 2B gewählt und mit geringem Andruck gearbeitet.
Probebeizungen
Nicht immer kann das spätere Verhalten der Holzoberfläche gegenüber Beschichtungsprozessen an geschliffenen aber sonst unbehandelten Proben vorhergesagt werden. Durch Probebeizungen kann die Aufnahme meist wässrig gelöster Farbstoff- und Pigmentlösungen durch die Oberfläche untersucht werden. Durch die sich beim Schleifen einstellenden Gefügeschädigungen unter der Oberfläche (Zellkompression, Brüche), aber auch durch nicht ganz entfernte oder neu entstandene Vorspaltrisse kann die Lösung in die Tiefe des Werkstückstoffes wegschlagen. Diese poröseren Areale werden dabei meist dunkler eingefärbt. Es kann somit festgestellt werden, wie die Oberfläche die Beize annimmt („Porenöffnung“ im traditionellen Sprachgebrauch) und ob die Oberfläche gleichmäßig ausgeschliffen wurde.
Um reproduzierbar Beizen auftragen zu können empfiehlt es sich, evtl. eine Vorrichtung mit Schwamm zu verwenden. Der Schwamm soll dabei aus einer Schale mit gleichem Flüssigkeitsstand frei ansaugen können. Die Kompression des Schwammes auf der Oberfläche sollte durch Auflagen immer gleich bleibend ausfallen. Die Einwirkzeit bzw. Reaktionszeit sollte gleich bleiben und das Abwischen sollte immer nach den gleichen Zeitintervallen in gleicher Richtung ausgeführt werden. Um eine möglichst hohe Kontrastierung zu erreichen, sind dabei dunkle Beizen angezeigt.
Sensorische Prüfungen
Bei sensorischen Prüfungen sind die Sinneseindrücke des Prüfers ausschlaggebend für das Qualitätsurteil. Bei der Beurteilung werden zum einen die Sinneseindrücke mit dem individuellen Erfahrungshorizont abgeglichen, zum anderen fließt die persönliche Sensivität des Prüfers maßgeblich in das Ergebnis ein.
Die Ergebnisse sind, wenn sie nicht durch mehrere Prüfer und unmethodisch erzielt werden, subjektiv. Mit sensorischen Prüfungen werden fast immer mehrere Merkmale multisensorisch (mehrere Sinneseindrücke) zur gleichen Zeit erfasst, und bei der traditionellen Prüfung meist in einem Qualitätsurteil zusammengeführt. Die Prüfung kann dabei – unterstützende Prüfumgebung und geschulte, erfahrene Prüfer vorausgesetzt – inklusive Auswertung in nur wenigen Sekunden durchgeführt werden. Diese Vorteile haben dazu geführt, dass diese Art der Prüfung in der Praxis für vielfältige Aufgaben universell eingesetzt wird und den Stand der Technik darstellt.
Die Sinneseindrücke des Menschen werden nach den Organen in visuelle, haptische, olfaktorische, akustische und gustatorische Eindrücke unterschieden. Die Leistungsfähigkeit der Prüfung hängt damit von folgenden Faktoren ab:
  • Individuelle Sensitivität des Organs (Reizauslöseschwelle).
  • Physiologische Konstitution (Alter, Bewusstsein).
  • Psychologische Disposition (Konzentration, Ausbildungsstand).
  • Perzeptive Wahrnehmung (Gedächtnis, Erfahrung).
Visuelle Prüfungen
Das unbewehrte und nicht operativ manipulierte menschliche Auge ist in der Lage, ein Spektrum der elektromagnetischen Wellen von 380 bis 780 nm wahrzunehmen und zu verarbeiten. Weingraber und Abou-Aly [1989] geben die Auflösungsgrenze des menschlichen Auges mit etwa 70 µm (bei optimaler Beleuchtung) an. Ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von etwa 80 µm. Durch das Linsensystem des Auges fällt Licht auf die Netzhaut (Retina). Scharfes Sehen konzentriert sich beim menschlichen Auge auf ein Areal, das nur 0,02 % der Netzhautfläche beträgt. Für die Begutachtung einer Oberfläche sind dabei die Fähigkeiten der Akkomodation (Scharfstellung) von Interesse.
Traditionell am häufigsten bei der Gütebestimmung von Holzoberflächen eingesetzt wird die Gegenlichtprüfung. Verschiedenste Merkmale sind identifizierbar, die Variabilität der Prüfung ist hoch. Da die visuelle Prüfung gegen eine vorzugsweise gerichtetes Licht ausstrahlende Quelle (natürliches, direktes Sonnenlicht) durchgeführt wird, sind bei der Beurteilung der Probe von Bedeutung:
  • Die gerichtete Lichtreflexion als Glanzgrad (speckig, matt).
  • Lichtabsorption als Farbeindruck.
  • Schattenwürfe durch die Probentopografie (Bearbeitungs- und Strukturrauheit).
  • Lichtbrechung und ungerichtete Reflexion an Fasern und anderen Oberflächenmerkmalen (stumpf, glänzend).
Der Winkel zwischen Lichtstrahl und Oberfläche ist meist klein und liegt in der Regel zwischen 0 und 10 ° (Dunkelfeld). Während der Prüfung wird die Probe häufig dreidimensional gegen die Lichtquelle bewegt, um verschiedene Merkmale bestmöglich wahrnehmen zu können. Die Probe wird dabei gleitend fokussiert und komplett von vorne bis hinten abgemustert. Fotografisch kann man das Prüfergebnis kaum oder nur mit hohem Aufwand wiedergeben. Künstliches Licht ist wegen der meist geringen Gerichtetheit und höherer Diffusion weniger geeignet.
Zur Identifikation von Holzfehlern (Äste, Maserung, Bläue u. a.), aber auch anderer durch Farbe und Intensität feststellbarer Merkmale (Risse, Brandspuren u. a.) wird auch die Auflichtprüfung (Hellfeld) eingesetzt. Hier stehen Lichtquelle und Beobachtungsstandpunkt nahezu senkrecht über der Probenoberfläche.
Die Art des Lichtes ist von geringerem Interesse, allerdings ist die Farbtemperatur von entscheidender Bedeutung (nach DIN EN 12464-1:2002 größer 4000 K). Für die Identifikation von Schleiffehlern wird das Verfahren weniger verwendet, seine große Bedeutung liegt in der Vorsortierung.
Zur Vergrößerung von einzelnen Oberflächenmerkmalen werden verschiedene Lupen, Makroskope und Mikroskope eingesetzt. In der Praxis vor Ort gebräuchlich sind Messlupen, Fadenzähler (aus dem grafischen Gewerbe, Abb. 6) und weitere Lupen mit fixem Abstand zwischen Linse und Objekt.
Die Vergrößerung wird üblicherweise ab 8 x aufwärts gewählt. Die Beleuchtung wird den sichtbar zu machenden Merkmalen angepasst. Durch Dunkelfeldbeleuchtung kann trotz monokularer, senkrecht auf die Oberfläche gerichteten Betrachtung eine Tiefenwirkung erzeugt werden. Durch die Beobachtung des Lichtspaltes zwischen einem Haarlineal und der Probenoberfläche lassen sich Gestaltabweichungen 1. bis 3. Ordnung (Welligkeiten) nachweisen. Vergrößerungen durch Epidiaskope sind möglich. Größere Formabweichungen können auch mit Linienprojektionen unter schrägem Winkel auf die Oberfläche festgestellt werden.
Haptische Prüfungen
Das Berühren einer Oberfläche mit der Fingerkuppe führt über die 2000 Mechanorezeptoren zu einem Reiz, welcher im Gehirn verarbeitet wird und in einer Sinneswahrnehmung resultiert. Die Weiterverarbeitung im Gehirn korreliert in großem Maße mit der beruflichen Orientierung oder dem Erfahrungsschatz des Menschen und ist individuell unterschiedlich. Die Auflösungsgrenze des menschlichen Tastsinnes darf mit etwa 3 μm veranschlagt werden.
Weiterhin steigert sich das taktile Auflösungsvermögen bei einer Relativbewegung der Haut zum bewertenden Objekt. Durch Abtasten mit den Fingerkuppen, vollflächiges Auflegen der Handfläche oder des Handrückens und Abfahren mit dem Fingernagel können verschiedenste Merkmale detektiert werden. Die Prüfung wird meist gemeinsam mit der visuellen Beurteilung durchgeführt und stützt deren Ergebnisse, liefert aber auch eigenständige Erkenntnisse.
Die Grundlage der haptischen Prüfung ist der Tastsinn des Menschen. Dabei wird das Prüfgut mit den Fingerkuppen, in verschiedenen Verfahren relativ zur Faserrichtung abgetastet. Es werden folgende Verfahren (Abb. 7) unterschieden:
  • In Faserrichtung (Abb. 7/1): Bei der Abtastung in Faserrichtung wird mit den Fingern Druck auf die Holzoberfläche ausgeübt. Dabei werden Fasern, Teile von Fasern und lose auf der Oberfläche liegende Partikel wieder in die Holzstruktur eingedrückt. Die Prüfung in Faserrichtung führt also unter Umständen zu einer geringfügigen „Verbesserung“ der Oberfläche.
  • Gegen die Faserrichtung (Abb. 7/2): Fahren die Fingerspitzen die Oberfläche gegen die Faser ab, so richten sie durch ihre zerklüftete Struktur Fasern oder Teile von Fasern wieder auf. Diese Fasern verhaken sich schlicht in den mikroskopisch kleinen Furchen und Rillen der Fingerkuppen. Die Prüfung gegen die Faser kann also die Topografie der Oberfläche geringfügig verändern, denn die Oberfläche wird relativ geglättet.
  • Quer zur Faserrichtung (Abb. 7/3): Bei der Prüfung quer zur Faserrichtung sind z. B. Unterschiede zwischen Früh- und Spätholz besonders gut zu identifizieren, diese führen zu einer deutlich spürbaren Welligkeit, dem so genannten „Waschbretteffekt“. Dieser resultiert aus der Verdichtung und anschließenden unterschiedlichen Relaxion der Früh- und Spätholzanteile, zurückzuführen auf die unterschiedlichen E-Moduln.
  • Überlagerungsbewegungen aus 1, 2 und 3 (Abb. 7/4): Die Überlagerungsbewegung auf elliptischen Bahnen ist in der Praxis sehr üblich und führt zu einem relativ schnellen sensorischen Vergleich von langwelligen und kurzwelligen Anteilen in der Topografie der Holzoberfläche. Bei der Prüfung von Bedeutung sind die Sauberkeit und die Temperaturen der Oberfläche und der Hände. Der Prüfer sollte tasterfahren sein. Da ab einem Alter von ca. 65 Jahren die Sensitivität rapide sinkt, sollte der Prüfer jünger sein. Auch Hornhaut oder Hautcreme auf den Händen schränkt die Empfindsamkeit ein.
Zur Erhöhung der Empfindlichkeit alleine gegenüber topografischen Merkmalen bzw. zur Vermeidung von Irritationen durch Fasern und Reibung empfiehlt es sich unter Umständen durch ein auf der Oberfläche liegendes Zellophan hindurchzufühlen (Abb. 8).
Methodische Prüfansätze
Die traditionellen handwerklichen Prüfungen führen zuverlässig zu Ergebnissen hinsichtlich der Güte der Holzoberfläche. Diese sind jedoch hochgradig vom subjektiven Empfinden des Prüfers abhängig. Methodische Prüfungen optimieren die Einzelelemente der Wahrnehmungskette einer sensorischen Prüfung und erhöhen durch den Einsatz mehrerer Prüfer die statistische Aussage im Blick auf die Prüffragestellung. Für das Endergebnis können meist Aussagewahrscheinlichkeiten angegeben werden, die Ergebnisse sind objektiver.
Die Wahrnehmungskette entspricht der der handwerklichen Prüfung. Die Sinneszellen (meist visuell, taktil) interagieren mit dem Prüfmedium und leiten den sich ergebenden Reiz über Sinneszellen an die sensorischen Zentren in der Großhirnrinde weiter (Perzeptive Wahrnehmung). Von dort werden die Eindrücke weitergeleitet in andere Areale des Hirns. Es kommt zu „Kognition“, die Information wird verarbeitet. Hierbei sind die kognitiven Fähigkeiten des Prüfers – Aufmerksamkeit, Erinnerung und Lernfähigkeit – und meist weniger dessen Kreativität gefragt.
Um die Reizschwelle optimal anzuheben, werden in einer optimalen Prüfumgebung Fremdreize unterdrückt und solche Hilfsmittel (z. B. Beleuchtung) installiert, die den geforderten Reiz steigern. Die Prüfumgebung steigert ebenfalls die Aufmerksamkeit und Konzentration des Prüfers.
Um die Reize in eine Qualitätsaussage umzusetzen, muss der Prüfer den spezifischen Eindruck von der geprüften Oberfläche mit anderen Oberflächen vergleichen, deren Qualitätsniveau ihm bekannt ist. Die methodische sensorische Prüfung bietet dem Prüfer daher in vergleichenden Prüfungen diese Muster mit an oder steigert durch Schulung die Erfahrung und das Erinnerungsvermögen.
Die Schulungen dienen auch dazu, die Sensitivität der benötigten Sinne durch Training zu steigern. Während der Schulungen wird auch die generelle Eignung (individuelle Sensitivität, physiologische Konstitution, psychologische Disposition) der Prüfer festgestellt, so dass methodisch nur die Ergebnisse von Einzelprüfern in das Endergebnis einfließen, die Standards hinsichtlich Sensitivität, Erfahrung und Aufmerksamkeit erfüllen.
Die methodischen sensorischen Prüfungen wurden u. a. durch den Ausschuss „Sensorik“ des Normenausschusses „Lebensmittel und Landwirtschaftliche Produkte“ in der Normenreihe DIN 10950 ff standardisiert.
Da diese Normenreihe vorwiegend auf olfaktorische und gustatorische Sinneseindrücke abzielt, werden in der Richtlinie VDI 3414 Hinweise gegeben, wie diese Methodik bei Holzoberflächen angewendet werden kann.
Prüfumgebung, Prüfraum
Generelle Anforderungen an Prüfbereiche für sensorische Prüfungen sind in DIN 10962 festgelegt. Diese sind aber im Holz verarbeitenden Betrieb kaum anwendbar. Einige Betriebe verfügen bereits über entsprechende Prüfbereiche. Regelrechte eigenständige Räume sind zumindest den Autoren unbekannt. In Abhängigkeit der Fragestellung sind vielfältige Abstufungen möglich. In einfachen Fällen wird es bereits ausreichen, sich die Frage zu stellen, ob beispielsweise der Platz neben der Maschine für die Anforderungen einer prozessbegleitenden Prüfung ausreichend ist. Dieser Bereich wird auf der anderen Seite für Forschungs- und Entwicklungszwecke bzw. Maschinenabnahmen durchaus nicht ausreichend sein. Zur Steigerung der visuellen Erkennbarkeit einzelner Merkmale sollten verschiedene zum Werkstück positionierbare Leuchten in einem Prüfraum oder zur Prüfung abgetrennten Bereich der Fertigung angebracht sein. Die Prüfung gegen Sonnenlicht wird für reproduzierbare Prüfungen nicht empfohlen. Ziel des Prüfraumes ist es, möglichst gleich bleibende und konzentrationsförderliche Bedingungen zu schaffen. Gerichtetes, die Probe gleichmäßig ausleuchtendes Seitenlicht zur Dunkelfeldbeleuchtung modelliert insbesondere Rauheiten, Riefen und Fasern hervor (Abb. 9).
Hartes, gerichtetes aber blendfreies Gegenlicht in Dunkelfeldanordnung ist zur Identifikation von Welligkeit besonders geeignet. Oberflächenunruhe, Glanzgrad und andere makroskopische topografische Eigenschaften können im diffusen Gegenlicht besonders gut beobachtet werden. Eine Punktförmige Lichtquelle, die unter etwa 45 ° oder flacher auf die Probenoberfläche strahlt, eignet sich besonders zur visuellen Erkennung langwelliger Oberflächenunruhe, aber auch von Lack-Orangenhaut bei hochglänzenden Oberflächen. Im Hellfeld, bei Beleuchtung senkrecht von oben auf die Probe, können Grau- und Farbwertunterschiede (Maserung, Wuchs und Holzfehler) erkannt werden.
Die Konfiguration sollte auch das direkte Betasten der Oberfläche ermöglichen, da nur selten eine Trennung von visueller und taktiler Wahrnehmung erforderlich ist. Möglichkeiten zum Waschen und Trocknen (Handtuch, kein Fön) der Hände sollten in unmittelbarer Umgebung des Prüfraumes gegeben sein. Während der Prüfung sind störende Geräusche zu vermeiden.
Der Prüfraum kann speziellen Fragestellungen angepasst werden und über einen geringeren Funktionsumfang verfügen. Auf jeden Fall sollte es dem Prüfer ermöglicht werden, die Probe zu bewegen und/oder seine Position zur Probe zu verändern. An der FH Lippe und Höxter wurde ein entsprechender Prüfstand entwickelt (Abb. 10). Von der Funktionalität für Forschung und Entwicklung angelegt, lieferte er aber auch Erkenntnisse über notwendige Anordnungen für einfachere Prüfungen.
Das methodische Vorgehen bei der Prüfung selbst kann ebenfalls aus der sensorischen Prüfung in der Lebensmitteltechnologie übertragen werden. Besonders interessant für die Holzverarbeitung, aber auch Produktentwicklung sind dabei die beschreibende Prüfung mit Skale [DIN 10964], der Rangordnungstest [DIN 10963] und die Dreiecksprüfung [DIN ISO 4120]. An der Optimierung solcher Verfahren zur Gütebestimmung von Holzoberflächen wird derzeit gearbeitet.
Schlussbetrachtung
Die Bewertung von Holzoberflächen stellt in der Wertschöpfung eine unbedingt notwendige Prüfung dar. Hierfür ist eine treffende Bewertung der Kundenanforderungen durch die Kennwerte oder sonstigen Prüfergebnisse, Sicherheit in der Anwendung, Reproduzierbarkeit und Objektivität notwendig. Die traditionellen, in der Praxis derzeit eingesetzten sensorischen Prüfmethoden sind bei Anwendung durch versierte Prüfer relativ sicher. Sie erfüllen aber nur bedingt die Anforderungen, die durch moderne Qualitätssicherungs- und -managementsysteme gestellt werden. Die Entwicklung automatisierter Messsysteme zur Gütebestimmung von Holzoberflächen wird sicherlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Hier könnte eine Weiterentwicklung methodischer sensorischer Prüfungen aushelfen bzw. eigenständige Prüfaufgaben vollständig abdecken. Diesem Thema haben sich beide Autoren für die weitere Zeit verschrieben. ■
Literatur
  • DIN 10950-1: Sensorische Prüfungen – Begriffe
  • DIN 10962: Prüfbereiche für sensorische Prüfungen
  • DIN 10963: Sensorische Prüfverfahren – Rangordnungsprüfung
  • DIN 10964: Sensorische Prüfverfahren – Einfachbeschreibende Prüfung 1994
  • DIN ISO 4120: Sensorische Analyse – Prüfverfahren – Dreiecksprüfung
  • Weingraber und Abou-Aly, 1989: Handbuch technische Oberflächen, Vieweg-Verlag

  • VDI 3414: Richtlinienausschuss gebildet

    Um die mit der Gütebestimmung von geschliffenen Holz- und Holzwerkstoffoberflächen verbundenen Fragestellungen zusammenzufassen und zu klären, hat sich unter dem Dach des Vereins Deutscher Ingenieure ein Richtlinienausschuss zusammengefunden. Fachleute aus Industrie und Forschung fassen derzeit den Stand der Wissenschaft und Praxis zusammen, um sowohl für messtechnische wie sensorische Prüfungen Zusammenhänge aufzuzeigen, Vorgaben für die Durchführung zu machen und „Best Practice“-Beispiele anzuführen. Die Richtlinie VDI 3414 kann nach geplanter Fertigstellung in 2009 im Zusammenhang mit Qualitätssicherungsmaßnahmen und Liefervereinbarungen aber auch in der Ausbildung verwendet werden.
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Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
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