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Gute Aussicht für Kunst in Rom

Tischlerei Brammertz saniert Fenster und Türen
Gute Aussicht für Kunst in Rom

Die Vergänglichkeit macht auch vor der ewigen Stadt Rom nicht Halt. Glück für Tischlermeister Brammertz: Ihm brachten die morschen Türen, Fenster und Portale in der römischen Villa Massimo den anspruchvollsten und größten Auftrag in der Firmengeschichte ein.

Autorin: Monika Diekmann, freie Mitarbeiterin im Fachverband des Tischlerhandwerks NRW

Die Geschichte der Villa reicht bis ins Jahr 1910 zurück: Der Berliner Kaufmann Eduard Arnhold hatte vom Fürsten Massimo das Grundstück erhalten. Auf dieses Land ließ er die „Academia Tedesca“ – die „deutsche Akademie“ – als Begegnungsstätte italienischer und deutscher Kunst erbauen. Deutsche Maler, Komponisten, Dichter und Bildhauer sollten sich als Stipendiaten in der Villa vom römischen Flair inspirieren lassen. In beiden Kriegen konfisziert, wurde die Künstlerschmiede erst 1957 für die Stipendiaten wieder eröffnet. Seit mehr als zwei Jahren ist sie wegen Restaurierungsarbeiten geschlossen.
Fast genauso lange reicht die Geschichte der Tischlerei Brammertz zurück: In dem Familienbetrieb in Kornelimünster bei Aachen werden seit 1912 historische Fenster, Tore und Türen unter Verwendung modernster Techniken stilgerecht nachgebaut und restauriert.
Gegebenheiten vor Ort ,erfühlen‘
Für den Tischlermeister führte der Weg nach Rom über den Architekten Ulrich Hahn. Der Aachener Professor hatte 1989 und 1990 selbst als Stipendiat in der Villa gelebt und betreut jetzt die Sanierung. Vor drei Jahren erzählte Hahn dem Restaurationsspezialisten Brammertz von der historischen Villa Massimo, die von Grund auf saniert werden sollte. Kurz entschlossen flog der Tischlermeister nach Italien, um die alte Villa zu erkunden und das erste Aufmaß abzunehmen. „Für eine solche Aufgabe muss man die Gegebenheiten vor Ort schmecken, fühlen und riechen“, erzählt er begeistert. Vor Ort erarbeitete Brammertz ein umfassendes Konzept zur Neugestaltung der morschen Fenster, Tore und Türen. Damit hatte die Tischlerei bei der Ausschreibung Erfolg. Sie setzte sich gegen internationale Konkurrenz durch.
Ende 2001 kam der offizielle Auftrag, kurz darauf wurde nochmals in Rom die Charge aufgemessen. „Bei allen Arbeiten mussten wir genau auf die Proportionen achten. Sie beeinflussen den Charakter eines Baustils entscheidend“, betont Brammertz. „Es geht darum, das Charisma der alten Bausubstanz zu erhalten. Die Rekonstruktionen müssen mit Respekt vor den historischen Bauten erfolgen“, erklärt er sein Arbeitsethos.
Dünne Luft in den Bergen
Große Teile der 320 Fenster, Türen und Portale wurden über den Gotthard-Pass zur originalgetreuen Erneuerung nach Aachen gebracht. Der Gotthard-Tunnel war nach dem schweren Unfall im Oktober 2001 wochenlang gesperrt. Problematisch für den Rückweg: Modernes Iso-lierglas hätte bei den geringen Luftdrücken in Alpenhöhen sicherlich Schaden genommen. Doch die Tischler hatten Glück und der Tunnel wurde rechtzeitig für den Rücktransport wieder geöffnet.
Eines der größten Stücke, die mit Detailliebe erneuert wurden, ist die Toranlage einer Kutschen-einfahrt von 1910. Innerhalb von sechs Wochen wurde sie minuziös nachgebaut. Das 12 cm dicke und morsche Kastanienholz ersetzten die Fachleute durch amerikanische Weißeiche. Auch die alten Schließwerke sollten durch neue ersetzt werden. „Es war eine Herausforderung, die alten Beschläge mit neuer Technik zu erhalten“, erklärt Brammertz. Zurück in Rom schleppten 14 Männer den schweren Torflügel bei Gewitter und strömendem Regen zum Eingang des feudalen Gebäudes. Das 4,50 m breite und 3,20 m hohe Portal konnte nur mit Menschenkraft in die Kutschen-einfahrt eingesetzt werden.
Die meisten Objekte in der Villa sind zwar filigraner als das mächtige Tor, aber nicht minder schwierig zu bearbeiten: Der Stil des Historismus, in dem die Villa erbaut wurde, ist für seinen komplexen Formenreichtum bekannt. Millimetergenau bauten die Experten Kreisbögen, kreisrunde Rahmen, Diagonalsprossen und andere Formen nach. Dazu war die Auswahl der Holzart und der Farbprodukte begrenzt, denn die Bauelemente müssen jahrzehntelang Temperaturen bis zu 80 °C bei bis zu 12 Stunden Sonnenschein täglich trotzen.
Selbst für die Spezialisten keine leichte Aufgabe: „Die Formenvielfalt und die Logistik waren die größte Herausforderung“, meint Brammertz. Der Tischlermeister ist dabei stolz auf seine Mannschaft, denn „ohne das Engagement meiner Mitarbeiter hätten wir den Auftrag nicht bewältigen können. Sie sind mein wichtigstes Kapital“, betont der Unternehmer immer wieder.
Verständigung mit Händen und Füßen
Vor Ort eilte den Tischlern der gute Ruf voraus, den deutsche Handwerker in Italien genießen: „Wir wurden mit offenen Armen empfangen. Wegen unserer Fähigkeiten im Handwerk, der Termineinhaltung und der Qualität, die wir liefern“, erzählt Brammertz.
Die Kooperation zwischen Bauleitung, Tischlern, Maurern, Steinmetzen und Schlossern verlief trotz der Sprachhürden relativ reibungslos. Meist reichten Hände, Füße und ein paar Brocken Englisch zur Verständigung aus, wie der Tischlermeis-ter berichtet.
Internationale Standards erleichterten die fachliche Verständigung: „Die Kultur des Handwerks zur Herstellung der Fenster und Türen sind exakt so wie hier“, erklärt Brammertz. Unterschiede lägen eher in der Gestaltung, die in Italien wesentlich verzierter und reicher im Profil sei. In Italien war die Bauleitung mit der Tischlerarbeit äußerst zufrieden – der Folgeauftrag kam prompt. 150 Stiltüren aus dem Innenbereich sollten jetzt in Stand gesetzt werden. Und so ersetzten wochenlang vier Mitarbeiter defektes Holzwerk, leimten Fierungen und Keilleisten ein und erneuerten Füllungen und Beschläge, um bis Weihnachten wieder bei ihren Familien zu sein. Im Februar öffnet dann das historische Gebäude mit dem modernen Komfort den Künstlern seine neuen Tore. o
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