Zum ersten Mal in ihrer 135-jährigen Geschichte veranstaltete die Fachschule für Schreiner in Garmisch-Partenkirchen eine Fortbildungswoche zum Thema „Gestaltung für Schreinerlehrer“. Teilnehmer waren 14 engagierte Lehrkräfte für Praxis- und Theorieunterricht an Berufsschulen und Fachschulen aus Mittelfranken, welche die Initiative von Joseph Heller, Seminarlehrer in der bayerischen Fachlehrerausbildung in Ansbach, gerne aufgriffen. Die Inhalte wurden in Zusammenarbeit der Fachschule für Schreiner und Holzbildhauer in Garmisch-Partenkirchen mit der Regierung von Mittelfranken abgesteckt.
Ziel der Fortbildung war es, die verschiedenen Bausteine des Gestaltungsprozesses vorzustellen und anhand einer eigenen Aufgabe umzusetzen. Die Teilnehmer suchten Anregungen für den Unterricht in „Konstruktion und Arbeitsplanung“ sowie weitere fächerübergreifende Ansätze für die Entwurfsarbeit an beruflichen Schulen. Die Fachschule für Schreiner und Holzbildhauer kann dafür zahlreiche Beispiele anbieten, die durch die Verzahnung von vier verschiedenen Vollzeitaus- und Weiterbildungen im Holzbereich umgesetzt werden können.
Dabei spielten strukturelle Ansätze, wie z. B. ein zweckmäßiger Entwurfsablauf als auch neue Techniken, Tipps und Erfahrungen aus der (Unterrichts-) Praxis eine wichtige Rolle. Die Teilnehmer sollten mit eigenen Anforderungen, unterschiedlichsten Materialien und verschiedenen Proportionsansätzen auf ein gemeinsames Ziel hin experimentieren und sich fachlich austauschen, um später selbsterfahrene Gemeinschaftsarbeit auf die Unterrichtsorganisation übertragen zu können.
Alle Beiträge wurden von Lehrkräften der verschiedenen Schulen der Fachschule für Schreiner des Bezirks Oberbayern vorbereitet und vermittelt.
Nachdem das Ziel und der Ablauf der Woche vorgestellt waren, sollten sich die Berufsschullehrer zuerst einmal ein Bild von den vier Schularten verschaffen, inmitten derer sie die kommende Woche verbrachten. Jeder war angehalten, sich in den Pausenzeiten durch die Werkstätten und Schulräume zu bewegen, um auch mit Schülern den fachlichen Austausch zu suchen. Alle Vorträge und Übungen bezogen sich direkt auf die Strukturen vor Ort, die durch ihre fachliche Nähe – ausschließlich Schreinerausbildungen – aber auch durch das vertikale Aufstiegsangebot (von der Lehrausbildung über die Meisterschule zum staatlich geprüften Form- und Raumgestalter) viele Möglichkeiten zu fächer- und auch schulartübergreifendem Unterrichten anbieten. Aus diesen Eindrücken sowie Kollegen- und Schülergesprächen konnte sich eine Vielzahl von Ideen für den eigenen Unterricht ergeben.
Wie „im richtigen Leben“ bekamen die Teilnehmer eine Aufgabe gestellt, die sie im Laufe der Woche umsetzen sollten: Sie lautete „Lesen, Reden, Schreiben im Stehen“.
Nachdem der systematische Ablauf von Entwurfsprozessen erläutert war, wurde der historische Hintergrund des Themas erarbeitet: Einseitige Arbeitshaltungen führen zu Rückenkrankheiten und einem vermehrten Bedarf an ergonomischer Planung.
Erste, spontane Skizzen bauten die Schwellenangst der Teilnehmer ab, die sicherlich Berufsschüler – bei dieser Fortbildung aber bestimmt auch die Lehrer selbst – zu überwinden hatten. Offene Gedanken und kreatives Herangehen für den freien Entwurf wurde bei der Auffrischung des Themas „Grundlagen der Gestaltung“ gefordert. Assoziationen brachten die Beziehung zwischen Form, Stofflichkeit und Funktion näher. Unterschiedliche Ansätze der Proportionslehren (goldener Schnitt, Modulor, Tatami) wurden genauso am Thema beleuchtet wie die Veränderung einer Masse (Kubus) zum Skelett (Stab). Gedanken über die ästhetische Funktion (Gestalt, Form, Material, Farbe, Oberfläche) zeigten, dass die Ehrlichkeit des Entwurfes (z. B. Stein unter Berücksichtigung seiner Materialeigenschaften verwenden) und dessen Sinnlichkeit maßgeblich zur Qualität der Gestaltung beitragen. Doch ohne die Gebrauchsfunktionen, die in Prinzipskizzen festgehalten wurden, wird die Idee im Alltag keine Anwendung finden. In fließendem Übergang wurden zu den Ideen einfache Modelle gebaut und konstruktive Ansätze skizziert.
Auch das Freihandzeichnen ist ein elementarer Bestandteil des Entwurfsunterrichtes: Von der Haltung des Zeichners bis zur Materialkunde und Grundübungen der linearen Zeichnung bekamen die Teilnehmer Bausteine für ihre Schüler vermittelt. Diverse Darstellungstechniken unterstützen sicher die Schüler, Freude am Ergebnis zu erleben.
Tipps und Tricks aus der „Zauberkiste“ des Modellbaus lieferten weitere Ansätze, den eigenen Entwurf, aber auch die Vorstellungskraft / Planungssicherheit der Schüler weiterzuentwickeln.
Die Fortbildungswoche hat für alle Beteiligten sehr positive Erfahrungen und Ansätze gebracht, die sicherlich in die zukünftigen Unterrichte einfließen werden.
Corinna May, stv. Schulleiterin
Teilen: