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Holz zum Formen

Holz-Polymer-Werkstoffe (WPC) und Naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK): Raus aus der Nische
Holz zum Formen

Holz-Polymer-Werkstoffe (Wood-Plastic-Composites, WPC) und andere innovative Biowerkstoffe erleben seit 2006 einen regelrechten Boom, beispielsweise als wetterbeständiger Bodenbelag, bei der Innenausstattung von Autos, für anspruchsvolle Konsumgüter – und in der Möbelindustrie: als erster Möbelkonzern hatte Ikea WPC-Stühle im Programm.

WPC haben inzwischen den Einzug in den qualitativen Holzhandel, in die Do-it-Yourself-Märkte und auch in den Möbelbau geschafft. Grund genug, diesen neuen Werkstoff genauer zu betrachten. Es ist eine Branche mit viel Bewegung und zweistelligen Wachstumsraten, wenngleich der Markt mit ca. 100 000 t in ganz Europa und über alle Anwendungen hinweg noch vergleichsweise klein ist. Das mengenmäßig wichtigste Produktsegment für WPC sind derzeit Terrassenbeläge, wo in Deutschland Marktanteile von 20 Prozent in den nächsten Jahren für möglich gehalten werden, vor allem als Substitut für Tropenholz.

WPC lässt sich verarbeiten wie ein Kunststoff. Die Verfahren Extrusion und Spritzgießen sind die klassischen Produktionsarten in der Kunststoffverarbeitung. Der Rohstoff Holz mit seinen natürlichen Qualitätsschwankungen und der Eigenschaft, Feuchte aufzunehmen, zu quellen und zu schwinden, ist aber in der Kunststoffindustrie weitgehend unbekannt. Sie betritt damit also Neuland. Aber auch für Holzverarbeiter ist der Einstieg in diese Technologie mit Investitionen in neue Maschinen und die damit verbundene Infrastruktur und Qualifizierung der Mitarbeiter verbunden. Somit bleibt sie wohl größeren Unternehmen vorbehalten.
Waren es in Deutschland bisher mittelständische Unternehmen aus der Holzbranche, die den Markt aus ihrer Position heraus über ihre Vertriebswege entwickelt haben, beispielsweise Kosche und Werzalit, so ist in den vergangenen Monaten zu beobachten, dass Global-Player den Markt erschließen: Bei Rehau läuft bereits die Produktion, UPM Kymmene baut das wahrscheinlich größte europäische WPC-Werk in Karlsruhe auf, selbst führende Kunststofferzeuger wie BASF und Wacker Polymers bieten offensiv modifizierte Matrixmaterialien für zukünftige WPC-Werkstoffoptimierungen an.
Neben Fortschritten in der Quantität gibt es auch wichtige Entwicklungen in der Qualität: Die aktuellen Produkte zeigen eine hohe Güte und können die Erwartungen der Kunden in den wichtigen Punkten der mechanischen Festigkeit, Dauerhaftigkeit und Farbbeständigkeit erfüllen. Das im Dezember 2007 erstmalig vorgestellte Gütesiegel für WPC-Terrassendielen vom Verband der Deutschen Holzwerkstoffindustrie e.V. (VHI) zeugt vom wachsenden Selbstbewusstsein der Branche.
Wie in der Kunststofftechnik
Holz-Polymer-Werkstoffe (Wood-Plastic-Composites, abgekürzt: WPC), bestehen im Wesentlichen aus Holz – oftmals über 70 Prozent Holzmehl oder -fasern – und einem thermoplastischen Standardkunststoff als Bindemittel, wie Polypropylen oder Polyethylen.
Gegenüber Vollholzprodukten und konventionellen Holzwerkstoffen weisen WPC vor allem folgende Eigenschaften auf: komplexe Querschnitte und dreidimensionale Geometrie in einem einzigen Bearbeitungsschritt, größere Feuchteresistenz, sowie damit verbundene Witterungsbeständigkeit ohne Nachbehandlung. Wichtige Argumente für den Einsatz sind:
  • die kunststoffüblichen Verarbeitungsverfahren, die es erlauben, komplexe Formen wirtschaftlich in einem Schritt und in großer Stückzahl zu produzieren,
  • ein technischer Mehrwert durch die Zugabe von Additiven. Damit werden spezielle Materialeigenschaften optimiert: Bindung zwischen Holz und Kunststoff, Fließfähigkeit, Brandschutz, Farbgestaltung und – besonders für Außenanwendungen – Witterungs-, UV- und Schädlingsbeständigkeit,
  • Preisvorteile und
  • auch die interessanten Oberflächen. Je nach Konzept sind die Holzfasern, die auch eingefärbt sein können, deutlich zu erkennen. Die Haptik ähnelt in den Punkten Wärme und Griffigkeit eher einem Holzwerkstoff als einem Kunststoff. Dabei kann man bei WPC aufgrund des hohen Faseranteils weiterhin von einem Holzwerkstoff sprechen, was im Marketing ein Pluspunkt sein kann.
Thermisch umgeformte Plattenwerkstoffe aus WPC sind eine weitere Alternative zu klassischen Lagen- und Umformtechniken. Diese Technologie ist schon seit vielen Jahren im Automobilbau üblich und als Hutablage oder Türinnenverkleidung in sehr vielen Pkw-Modellen bei fast allen Marken fest etabliert. Diese Produkte werden direkt im Umformprozess mit textilen oder lederähnlichen, soften Oberflächen kaschiert, was auch für hochwertige Möbelflächen im Objektbereich ein interessantes Verfahren sein kann.
Fensterprofile in Entwicklung
Für den Möbel- und Innenausbau werden bereits im Extrusionsverfahren Leisten mit komplexen Querschnitten, Fensterbänke, Deckenelemente und leichte Hohlkammer-Platten bis zur Größe ganzer Türen ohne Materialverluste realisiert. Fensterprofile sind aufgrund der vielfältigen Anforderungen noch in der Entwicklung.
Während die meisten Produzenten derzeit Terrassendielen, Fassadenelemente und andere lineare Bauteile für den Außenbereich herstellen (Stichwort „Holz aus der Düse“), überraschte Ikea 2006 mit dem ersten WPC-Stuhl, der im Spritzgießverfahren hergestellt und weltweit vertrieben wird. 2007 folgte dann das Modell Ögla, ein Stuhl, der an die Kaffeehausstühle von Thonet erinnert. In diesem Jahr ist die Garten-Kollektion Smidö mit Tisch und Bänken in den Katalog aufgenommen worden. Ikea ist damit sicherlich der bedeutendste Anbieter von WPC-Möbeln, aber auch andere, namhafte Möbelhersteller haben inzwischen die Vorteile des WPC-Spritzgießens erkannt.
Ein Blick über den Tellerrand
Die Industrie steht insgesamt am Beginn einer Energie- und Rohstoffwende. In Zeiten dauerhaft steigender Erdölpreise erreichen herkömmliche Kunststoffe ein Preisniveau, welches die Frage nach Alternativen aufwirft. Diskussionen um CO2-Einsparung, Klimaschutz und Nachhaltigkeit beeinflussen das Kaufverhalten der Bevölkerung. Viele Unternehmen der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie sind daher bereits intensiv auf der Suche nach neuen naturbasierten Werkstoffen.
Großes Potenzial wird im Bereich der Konsumgüter und der Gehäuse für elektrische Geräte gesehen. Im Gegensatz zur Bau- und Möbelbranche spielen hier die technischen Eigenschaften von WPC nur eine untergeordnete Rolle. Bei verbrauchernahen Produkten wird besonderes die Optik und / oder Haptik der neuen Werkstoffe gezielt eingesetzt, um ein naturnahes Image zu transportieren, oder um die Oberfläche als etwas Besonderes, beinahe Extravagantes heraus zu stellen, beispielsweise bei Kosmetikverpackungen, Musikinstrumenten oder hochwertigen Lautsprechergehäusen. Obwohl manche Rezepturen inzwischen sogar spülmaschinenfest sind, wird dennoch bei hochwertigen Designobjekten eine klare Lackierung gewählt, die – ähnlich wie bei Holz – die von Natur aus stumpfe Oberfläche „anfeuert“ und so interessante, Wurzelholz ähnliche Farbverläufe dauerhaft konserviert.
WPC und andere Naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK) können also eine ökonomische und ökologische Alternative sein; mehr noch, sie bringen einen technischen Mehrwert und Vorteile im Marketing gegenüber unverstärkten Kunststoffen, glasfaserverstärkten Kunststoffen oder auch gegenüber Holz / Holzwerkstoffen mit. Ihre technische Reife ist höher als je zuvor und die Produktionskosten sind inzwischen durchaus konkurrenzfähig.
Kunststoffe, die mit Bastfasern, beispielsweise von der Hanf- oder Flachspflanze, verstärkt sind, führen in der Regel zu besseren mechanischen Prüfwerten als WPC: Ihre mechanischen Eigenschaften reichen bei vielen Kriterien bis an die Kennwerte von einfachen Glasfasern heran. Holzfasern überzeugen eher aufgrund des günstigen Preises und der flächendeckenden Verfügbarkeit; sie könnten aber um Bastfasern ergänzt werden, so dass sich die Eigenschaften des WPC weiter verbessern lassen. Hanf- oder Flachsfaserverstärkte Kunststoffe könnten ihrerseits durch die Beimischung von Baumwollfasern oder speziellen Cellulosefasern weiter an höhere Anforderungsprofile herangeführt werden.
Inzwischen muss man den Rahmen der Begrifflichkeiten weiter öffnen, die Trennung von WPC, NFK und Biokunststoffen aufheben und insgesamt von „innovativen Biowerkstoffen“ sprechen: Das Spektrum der schon heute verfügbaren naturfaserverstärkten Werkstoffe bildet einen Querschnitt über alle Materialien hinweg – vom profanen Gras, über traditionelle Flachs- und Hanffasern, klassischem Kork und den derzeit gefragten Holzfasern bis hin zu exotischem Bambus. In anderen Regionen der Erde werden zudem auch Reisschalen, Zuckerrohrbagasse oder andere pflanzlichen Bestandteile zugeführt. Längst muss die verbindende Matrix nicht mehr ein petrochemisches Polypropylen oder -ethylen sein: Viele Produzenten haben bereits Rezepturen auf Basis von biologischem PLA (Polymilchsäure-Polymer) oder anderen Biokunststoffen im Angebot. WPC gliedert sich damit ein in eine Fülle von biobasierten, alternativen Werkstoffen.
Da immer noch Informationsdefizite und unzureichende Netzwerke die Etablierung naturfaserverstärkter Kunststoffe und WPC in der Industrie behindern, ist eine Kampagne gegründet worden, zu deren wesentlichen Inhalten Seminare und Workshops, aber auch ein Produktkatalog zählen. 16 führende Produzenten und Entwickler sowie die vier Projektpartner stellen sich und ihre Produkte und Dienstleistungen vor. Der Katalog kann online als kostenfreies PDF abgerufen werden. ■
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