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Inklusive Kaufmann

Der Betriebsassistent im Handwerk in NRW
Inklusive Kaufmann

Wie kann die Attraktivität des Handwerks für Abiturienten verbessert werden? Spezielle Ausbildungsgänge mit Zusatzqualifikationen – wie die Ausbildung zum Betriebsassistenten des Handwerks – sind eine der zahlreichen Möglichkeiten. In Nordrhein-Westfalen verlassen im Sommer 1998 die ersten Absolventen eines Modellversuches, initiiert gemeinsam von den Handwerkskammern Düsseldorf und Dortmund sowie dem Kultusministerium Nordrhein-Westfalen, die Schulen.

Abiturienten zieht es nach dem Abitur Richtung Studium oder in kaufmännische Berufe. Nur rund 5 % der Lehrlinge im Handwerk besitzen die Hoch- oder Fachhochschulreife. Dazu streben viele nach der Lehre noch ein Hochschulstudium an – und verlassen dabei (auch im Tischlerhandwerk) häufig das Handwerk.

Ein Grund, warum Abiturienten einen weiten Bogen um eine gewerblich-technische Berufsausbildung machen: Die unterschiedlichen Eingangsvoraussetzungen der Teilnehmer werden in der Berufsschule nicht berücksichtigt. „Die Berufsschule gibt sich den Charakter einer Jugendpflichtschule mit Einheitslernprogramm”, sagt Hugo Küchler, Geschäftsführer des Bildungszentrums der Handwerkskammer Düsseldorf. „Junge Erwachsene mit Fach- oder Hochschulreife, die sich für eine duale Berufsausbildung interessieren, haben hingegen differenziertere und anspruchsvollere Vorstellungen.”
Zudem hat sich das Anforderungsprofil vieler Handwerksbetriebe verändert. „Die Betriebe signalisieren verstärkt Bedarf nach leistungsstarken, motivierten und aufstiegsorientierten Nachwuchskräften mit guter schulischer Vorbildung”, erklärt Küchler.
Besonders gefragt sind kaufmännische Zusatzkenntnisse. „Der Handwerksgeselle der Zukunft wird seine Kunden beraten müssen, er wird eigenhändig Aufträge akquirieren und an Ort und Stelle die Rechnungen auf einem Laptop schreiben”, prognostiziert das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB).
BWL statt Sport
Was in anderen Bundesländern wie Baden-Württemberg bereits seit fünf Jahren praktiziert wurde, begann 1995 auch in Nordrhein-Westfalen. In drei Berufsschulen in Düsseldorf, Essen und Dortmund startete der Ausbildungsgang zum Betriebsassistenten im Handwerk. Voraussetzung war die Hochschul- oder Fachhochschulreife und ein Ausbildungsvertrag im Tischlerhandwerk. Statt der allgemeinbildenden Fächer wie Deutsch, Sport oder Wirtschaftskunde standen Betriebswirtschaftslehre (120 Stunden), Rechnungswesen (120 Stunden), Vertrags-, Arbeits- und Sozialrecht (80 Stunden), Wirtschaftsenglisch (240 Stunden) sowie Kommunikation und Verkaufstechnik (240 Stunden) neben den berufsspezifischen technologischen Fächern auf dem Unterrichtsplan. Am Ende legt der Lehrling neben der Gesellenprüfung noch zusätzliche Prüfungen zum Fachkaufmann/ Fachkauffrau Handwerkswirtschaft und im Fach Wirtschaftsenglisch ab. Dazu wird die erfolgreich bestandene Prüfung zum Betriebsassistenten des Handwerks als Teil III der Meisterprüfung anerkannt; die Absolventen können sich parallel zur Meisterprüfung auf den Abschluß „Betriebswirt des Handwerks” vorbereiten und damit eine weitere Zusatzqualifikation erwerben.
In der gewerblichen Schule Ost in Essen begannen 1995 20 angehende Tischler, davon 6 Frauen, in einer speziellen Betriebsassistentenklasse mit der Ausbildung. Unterrichtet wurde in 3 bis 4 Blöcken pro Lehrjahr.
„Bei mir war es die Neugierde, aus der Schulzeit etwas zu machen”, blickt Willi Kossack (31), Lehrling in der Späh Innenausbau GmbH in Essen, zurück. „Ich hatte keine Lust, noch einmal Deutsch und ähnliches zu machen – Fächer, auf die ich so und so verzichten kann.” Dafür wollte er lieber kaufmännische Grundlagen büffeln, die für ihn nach Abitur und nicht beendetem Studium im Fach Maschinenbau Neuland waren.
Mittler zwischen Meister, Chef und Gesellen
„Kaufmännisches Wissen braucht man in jeder Lebenslage”, sagt Andreas Sievering, Lehrling in der Tischlerei Hermanowski & Bernhard in Essen. „Damit hat man auch nachher im Arbeitsleben Vorteile.” Zudem habe die Zusatzqualifikation den Vorteil, daß man schon einen Teil der Meisterausbildung gespart habe.
Der Betriebsassistent soll als Mittler zwischen Meister, Chef und Gesellen eingesetzt werden, ist quasi eine Kombination aus Facharbeiter und Kaufmann. Doch, ob die Lehrlinge direkt nach der Ausbildung als Betriebsassistenten eingestellt werden, ist fraglich.
„Nach dem Ablauf der Ausbildung geht es zunächst einmal darum, berufspraktische Erfahren zu sammeln”, schrieb Dieter Roxlau, Hauptgeschäftsführer des Fachverbandes Holz und Kunststoff Nordrhein-Westfalen, in einem Brief an die Klasse. Diese berufspraktischen Erfahrungen seien eine wichtige Grundlage, um zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich als Mittler zwischen Meister und Gesellen eingesetzt zu werden. Mit der Ausbildung sei eine Option für die weitere berufliche Laufbahn verbunden.
Mehr Resonanz gewünscht
Vorausgegangen war ein Schreiben der Klasse an Roxlau: Man sei zwar weiterhin von der Idee des Betriebsassistenten überzeugt, doch sei der Eindruck entstanden, die Zusatzausbildung werde im Handwerk nicht verlangt.
Zumal die Essener Klasse in einer schwierigen Rolle ist. Denn sie sind die ersten, die die Ausbildung absolvieren. Erfahrungen mit Betriebsassistenten existieren in den HKH-Betrieben in NRW nicht. Außerdem ist die rechtliche und finanzielle Stellung eines Betriebsassistenten noch völlig unklar.
Die Probleme sind den Lehrlingen bewußt. „Niemand stellt den Anspruch, direkt nach der Lehre als Betriebsassistent eingestellt zu werden”, stellt Andreas Sievering klar. Dennoch vermissen sie die Resonanz bei den Betrieben.
„Die Leute können froh sein, daß wir eine Zusatzqualifikation erwerben, die für die Betriebe umsonst ist und die Schulzeit, die man immer kritisiert, für Abiturienten endlich einmal sinnvoll genutzt wird”, meint Kossack. Ob die Betriebe sie letztendlich nutzen, bleibe doch ihnen überlassen. „Niemand zwingt sie dazu, einen Betriebsassistenten einzustellen. Nur wir stellen unsere Ressourcen dem Tischlerhandwerk zur Verfügung – nun sind die Betriebe gefragt, diese auch abzurufen.”
Ob die Abiturienten trotz ihrer Zusatzqualifikationen dem Tischlerhandwerk erhalten bleiben, hängt außerdem von der Tatsache ab, ob sie übernommen werden. Wenn nicht, ist ein Studium – schon aus Mangel an Alternativen – immer noch ein berufliches Ziel. Mit der Konsequenz, daß das Tischlerhandwerk hochqualifizierte Mitarbeiter verliert.
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