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Jedes Möbelstück ein Erlebnis

Marcus Brenner: Produktlinien als Markenzeichen
Jedes Möbelstück ein Erlebnis

Der Mann ist ein Ideenspeicher. Jeder Satz eine Botschaft. Jedes Möbelstück ein Erlebnis. Hohes Tempo kennzeichnet seinen Werdegang. Spitzen- leistungen pflastern seinen Weg. 29 Jahre ist Marcus Brenner erst. Und diplomierter Designschreiner. Was darunter zu verstehen ist, wird im Verkaufsraum konkret. Sein Design orientiert sich ausschließlich an der Funktionalität. Sein Handeln am Erfolg.

Brenners Diplomarbeit von der Londoner Designakademie hängt im Eingangsbereich des Einrichtungshauses seit zwei Jahren an der Decke: Ein respektabler Tisch, dessen Platte von symmetrisch angeordneten Löchern übersät ist. Funktional? Der Löchertisch war in London Brenners Studie zum Thema „mobile Möbel“. Sie macht deutlich, wie der junge Schreinermeister denkt und handelt.

„Bei Mobilität geht es um Gewichtsreduktion“, sagt der Kreative. Die Aussparungen ermöglichten Transparenz und symbolisierten mentale Offenheit. Funktional? Sechs Monate unterzog der Student seinen Löchertisch einem Dauertest in seiner Londoner Bude. Die Folge: Der Designer ließ spezielle Gläser blasen, die in den Aussparungen nicht mehr kippen konnten und töpferte rutschfeste Teller. Und: der Tisch musste nicht mehr gewischt werden – es reichte das Saugen darunter.
„So entstehen neue Blickwinkel und die Fähigkeit, quer zu denken“, doziert der Diplomdesigner. Doch passt so einer in das dörfliche Umfeld einer Schreinerei, die fast 100 Jahre Tradition hat? Er passt. Denn statt irgendwann von der Geiz-ist-geil-Welle erdrückt zu werden, verschafft sich der Designer Freiräume, für die er – zusammen mit der Berufs- und Lebenserfahrung seiner Eltern Ilse und Willi – Märkte und Kunden findet. Im Dorf Bad Boll, östlich von Stuttgart gelegen, ist man stolz auf den Erfolgreichen.
Designte Möbel waren schon seit 20 Jahren ein Markenzeichen des Familienunternehmens, das vier Gesellen, einen Azubi, einen Praktikanten und eine Bürokraft beschäftigt. Das qualitativ Neue brachte Brenner junior mit seiner Idee, Produktlinien für Tische, Sideboards und Garderoben aufzubauen. Damit blieb das Grunddesign immer dasselbe, variiert wurden nur Holzart, Farbe, Höhen, Breiten, Längen.
Das hatte zweierlei Folgen: Mit der Design-Handschrift wurde einerseits ein Markenzeichen mit hohem Wiedererkennungswert geschaffen und andererseits der Herstellungsprozess um ein Drittel optimiert. Dies rührt zum einen daher, dass die Entwurfsphase am Anfang eines Kundenauftrags entfällt und zum anderen die Arbeitsprozesse durch Wiederholung (Schnelligkeit) und Standardisierung (Materialliste, Lagerhaltung, Maschineneinstellung) verschlankt wurden.
Den eigentlichen Quantensprung erzielte Brenner aber durch seine Design-Handschrift, die sich mit „funktional“ und „kompatibel“ am treffendsten beschreiben lässt, und in allen Produktlinien zu lesen ist. Plötzlich war er bei seinen Kunden im Gespräch, das Empfehlungsmarketing griff und die Presse fand Gefallen an seinem systematischen Ansatz. Mit diesem systematischen Ansatz hatte Brenner zugleich eine Botschaft, mit der er sich im März 2003 erstmals auf der dreitägigen Fachmesse „Blickfang“ für Möbel, Schmuck und Mode in Stuttgart präsentierte. Die Resonanz der 18 000 Besucher war so groß, dass der Jungunternehmer im November bei der „Blickfang“ in Zürich erneut präsentierte.
Nicht zuletzt deshalb macht Brenner mittlerweile ein Viertel seines Umsatzes außerhalb seines Heimatlandkreises Göppingen. Diese private Nachfrage hat ihn unabhängiger von Architektenausschreibungen gemacht, die letztlich nur über den Preis gehen und somit zum Ertrag kaum beisteuern. Entsprechend sank der Ladenbau von 50 Prozent vor fünf Jahren auf nun ca. zehn Prozent.
Was Brenners Kunden schätzen? Er trifft deren Lebensgefühl und unterstreicht ihre persönliche Note. Mit seinen Produkt-Kreationen geht der Designer an die Grenzen der Sprachlichkeit. Vieles ist so unverwechselbar anders, dass es dafür keine Worte gibt. Oder wie nennt man ein Stehpult, dessen Schreibplatte verschiebbar ist, so dass darunter ein leibhaftiger Sandkasten zum Vorschein kommt, in dem kreativ gespielt werden kann?
Etwas konventioneller ist das repräsentative Sideboard, dessen Raffinesse im gedämpften Verschiebe-Mechanismus der wuchtigen Deckplatten liegt, die so sanft zu beiden Seiten wegrollen, dass keine darauf platzierten Accessoires umfallen können. In der Mitte kommt dann übrigens wahlweise ein Büroarbeitsplatz oder eine Bar zum Vorschein.
Ein Glanzstück bezüglich Funktionalität, Kompatibilität und Kreativität ist aber Brenners Esstisch, der mit multifunktionalen Sideboards gleich mehrfach kombinierbar und nahezu unendlich verlängerbar ist. Was für dessen Konzeption an Abstraktionsfähigkeit und zur Realisierung an handwerklichem Können in dem Boller Schreinerteam stecken muss, fasziniert garantiert jeden Kunden.
Die lackierte Glasplatte ist in jeder Farbe lieferbar und kann zum Beispiel saisonal ausgetauscht werden, um Abwechslung in den Wohnalltag zu bringen. Und wo an den Kanten der Tisch verlängerbar ist, wahlweise durch versenkte Platten oder das Oberteil eines Sideboards, können auch Blumenkästen mit Tischkräutern eingesetzt werden – für den Gourmet, der unmittelbar am Tisch ernten will. Und zum Stichwort Individualität: Einem Kunden schreinerte Brenner das Komplettpaket aus dessen eigenem Birnbaum.
Soviel schreinerspezifische Kompetenz hat selbstverständlich tiefe Wurzeln: Marcus wuchs regelrecht in der Werkstatt auf und wurde von den Gesellen mit erzogen. Statt Taschengeld erhielt der Zwölfjährige bezahlte Handlangerjobs, die für den wissbegierigen und geschickten Gymnasiasten selbstverständlich immer anspruchsvoller wurden. Nach dem Abitur 1995 jobbt der Ausnahmeschreiner drei Monate im elterlichen Betrieb, um sich das Geld für eine Radtour durch die australische Wüste zu verdienen. Um rechtzeitig zum Ausbildungsbeginn in Stuttgart zu sein, arbeitet Brenner im Zivildienst ohne einen Urlaubstag inklusive Wochenenden durch. Die drei Monate, die er 1996 dennoch zu spät in die Schreinerklasse kommt – den Betriebsassistenten im Handwerk absolviert er übrigens flugs parallel – holt er nicht nur auf. Den Gesellenabschluss im Juli 99 macht er mit der Gesamtnote 1,3 als Jahrgangsbester. Nun eilt er nach London, weil man dort nicht nur den international anerkannten Master of Arts machen kann, sondern weil er dort auch doppelt so schnell studieren darf, um in der Hälfte der Zeit endlich zurück in den elterlichen Betrieb zu können. Das Tempo schlägt nicht auf die Qualität seiner Arbeit, wie der Löchertisch beweist. Sogar die britische Presse berichtet über den jungen Deutschen und sein Designverständnis.
Im Februar 2001 folgen zwei Monate im Betrieb und drei Monate an einer Sprachschule in Süditalien, wo er lernt, das Romanische fließend zu sprechen. Im September beginnt der Talentierte mit Sondergenehmigung die einjährige Meisterschule in Freiburg, die er in Vollzeit binnen zwölf Monaten absolviert. Seit Oktober 2002 steuert der mittlerweile 29-Jährige das Unternehmen. Mit Erfolg. In dieser Zeit stieg der Umsatz um 18 Prozent – die Kosten sanken parallel um 15 Prozent. Und die Jury des Design Center Stuttgart prämierte 2003 seinen Stand auf der „Blickfang“. Und während der imm in Köln schauten die Produktentwickler großer Möbelhersteller bei Marcus Brenner vorbei.
Leonhard Fromm
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