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Mangel wegen fehlender Zulassung?

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Mangel wegen fehlender Zulassung?

Mangel wegen fehlender Zulassung?
Treppenmurks in der Realität: Hier hat der Auftragnehmer berechtigterweise auch bei Sachverständigen keine Chance mehr (Foto: DHTI)
Eine andere spannende Frage behandelt das OLG Brandenburg (Urteil vom 08.04.2009, 4 U 49/08). Hier ging es u. a. darum, ob schon ein Mangel vorliegt, wenn eine Treppe keine Zulassung hat, obwohl der spezielle Treppentyp eine Zulassung erfordert.

Im Jahr 2006 wird von einem Generalunternehmer (GU) eine Doppelhaushälfte erstellt. Nach der Baubeschreibung ist eine eingestemmte Wangentreppe vorgesehen. Doch der Bauherr (BH) vereinbart in einem Nachtrag den Einbau einer „freitragenden Meistertreppe in Buche teilgezinkt“.
Bei der Bemusterung der Treppe beim Nachunternehmer (NU) wird dem Kunden eine „Systemtreppe“ eines bestimmten Herstellers mit bauaufsichtlicher Zulassung gezeigt. Tatsächlich eingebaut wird jedoch später eine Treppe ohne Zulassung und demzufolge ohne einen statischen Nachweis. Darüber hinaus weist die Treppe zahlreiche Mängel auf, wie unterschiedliche Steigungshöhen, Gefälle der Stufen, außer Lot stehende An- und Austrittspfosten usw. Einen statischen Nachweis können weder der GU noch der NU vorlegen.
Was ist eine Meistertreppe?
Das OLG verurteilt demzufolge den Generalunternehmer zu einer Zahlung in Höhe von 14.631,73 Euro, die die Kunden für den Einbau neuer Treppen aufgewendet haben. Das OLG sieht im Gegensatz zum Landgericht keinen Mangel darin, dass die eingebauten drei Gechoss-treppen keine Zulassung haben. Das OLG ist zudem der Auffassung, dass der Begriff „freitragende Meistertreppe“ nicht ohne weiteres einen bestimmten Treppenhersteller verlangt oder als Bezeichnung für eine bauaufsichtlich zugelassene Systemtreppe zu verstehen ist. Es geht lediglich davon aus, dass eine Treppe nach der Landesbauordnung Brandenburg immer einen Standsicherheitsnachweis benötigt. Und wenn dieser nicht durch die Statik eines zugelassenen Treppentyps erbracht wurde, muss wenigstens ein Einzelnachweis geführt werden.
Im vorliegenden Fall haben die zahlreichen Mängel (Abweichung von der DIN 18065 als der allgemein anerkannten Regel der Technik) den Ausschlag gegeben. Es konnte dahinstehen, ob allein der fehlende Standsicherheitsnachweis einen Mangel darstellt und damit den Schadensersatzanspruch des Kunden gerechtfertigt hätte. Die im Urteil auftauchenden Begriffe wie „Meistertreppe“ oder „Systemtreppe“ stellen keine Fachbegriffe im Holztreppenbau dar. Sie sind eher umgangssprachlich zu verstehen oder als hohle Werbeaussagen.
Tatsächlich entscheidend ist dennoch, welcher Treppentyp vereinbart ist. Denn es gibt nur zwei Möglichkeiten:
  • Entweder handelt es sich um eine dem Regelwerk handwerkliche Holztreppen entsprechende Treppe. Dann entfällt jegliche statische Berechnung.
  • Oder es handelt sich um einen anderen Treppentyp wie eine Faltwerktreppe, eine Handlauf getragene Treppe, eine Bolzentreppe oder eine Einholmtreppe. Dann ist der statische Nachweis durch die in diesen Fällen notwendige Zulassung (das CE-Zeichen) des Treppentyps erbracht.
In beiden Alternativen wird im Streitfall ein Gutachter die Übereinstimmung mit dem Regelwerk oder der Zulassung bestätigen – wenn ja, trägt der Kunde die Sachverständigenkosten.
Was verlangen die Landesbauordnungen?
Landesbauordnungen selbst kennen den Begriff „statischer Nachweis“ nicht. Das System des Bauproduktengesetzes, das sich in den Bauordnungen der Länder wiederfindet, spricht von zu erfüllenden Anforderungen und wie deren Erfüllung nachgewiesen werden kann. Dazu gehört selbstverständlich auch der Nachweis der Standsicherheit.
Ein spezieller Fall ist insoweit „der Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall“, so der korrekte juristische Begriff. Wenn, wie im Fall des OLG Brandenburg, offenbar keine Typenstatik im Rahmen einer bauaufsichtlichen Zulassung vorliegt, bleibt nur dieser Nachweis. Wenn der Hersteller auch diesen Nachweis nicht beibringt, muss er damit rechnen, dass ihn die volle Mangelhaftung trifft.
Dabei ist davon auszugehen, dass der fehlende Nachweis einen Anscheinsbeweis dafür setzt, dass die Treppe nicht auf Dauer standsicher ist. Auch ist der Einzelnachweis unter Umständen sehr kostspielig, weil er auf eine zerstörende Prüfung vor Ort hinausläuft.
Letztlich dürfte der Unternehmer auch verpflichtet sein, auf seine Kosten die erforderlichen Nachweise vorzulegen. In der Regel wird dabei die Vertragsauslegung ergeben, dass zu einem zulassungsbedürftigen Bauprodukt auch eine vorzulegende Zulassung gehört oder eben ein vorzulegender Nachweis im Einzelfall.
Dabei ist im Verhältnis zwischen Bauherr/Besteller und Unternehmer nicht ohne weiteres die Pflicht aus der LBO (z. B. Brandenburgische Bauordnung, § 50 Abs. 1, Satz 2) relevant:
„Jeder Unternehmer hat die erforderlichen Nachweise über die Verwendbarkeit der eingesetzten Bauprodukte und Bauarten zu erbringen und auf der Baustelle bereitzuhalten.“
Denn es handelt sich um eine Pflicht aus dem öffentlichen Recht. Bauträger oder Generalunternehmer schreiben diese Pflicht einfach in die Verträge mit ihren Subunternehmern hinein und dann wird daraus eine privatrechtliche Vertragspflicht.
Ist das fehlende CE-Zeichen ein Mangel?
Das Bauproduktengesetz regelt genauso wie die europarechtliche Bauproduktenrichtlinie den freien Warenverkehr innerhalb der EU. Zumindest für die Bauproduktenrichtlinie hat der Europäische Gerichtshof (EuGH vom 07.06.2007 – Rs. C-80/06) insoweit entschieden, dass ein Verstoß dagegen keine Auswirkungen auf die privatrechtlichen Verträge zwischen Unternehmer und Besteller hat. Demzufolge stellt ein Verstoß gegen eine Zulassungs- oder CE-Kennzeichnungspflicht auch keinen Sachmangel dar.
Wenn sich die Vertragspartner auf die Umgehung bauordnungsrechtlicher Vorschriften verständigen (wie fehlende Umwehrung/fehlendes Geländer oder eben fehlender statischer Nachweis), wird der Unternehmer aber weiterhin Probleme haben. Er müsste in seinem Hinweis hinreichend deutlich machen, was dies für den Kunden bedeutet, z. B. dass ein Weiterverkauf des Hauses gefährdet ist. Allerdings wird man nach der momentanen Gesetzeslage nicht davon ausgehen können, dass der einvernehmliche Einbau oder der Verkauf eines zulassungspflichtigen Bauproduktes ohne Zulassung den Vertrag wegen eines Gesetzesverstoßes gemäß § 134 BGB nichtig macht – anders als im Falle des Verstoßes gegen die Energieeinsparverordnung oder gegen das Schwarzarbeitsgesetz.
In Wahrheit werden zulassungspflichtige Bauprodukte ohne Zulassung wie eben Bolzentreppen aber häufig verkauft und eingebaut, indem der Unternehmer vorspiegelt, dass er die erforderlichen Nachweise besitzt.
Die Grenze zum arglistigen Verschweigen von Mängeln ist dann schnell überschritten. Und dann greift eben nicht mehr die Mangelverjährung von fünf Jahren, sondern die besondere Verjährung von drei Jahren ab Kenntnis des Bestellers von der fehlenden Zulassung, maximal zehn Jahre.
Arglistig handelt der Schreiner, wenn er wusste, dass seine gelieferte oder eingebaute Holztreppe eine Zulassung benötigt hätte, und er es billigend in Kauf nimmt, dass sein Besteller hinsichtlich der Zulassungsnotwendigkeit ahnungslos ist und bei gehöriger Aufklärung den Vertrag über die Holztreppe gar nicht erst abgeschlossen hätte.
Daher kann es auch keine Freizeichnungsempfehlung des Deutschen Holztreppen-Instituts (DHTI) geben, also einen ausführlichen, über jeden rechtlichen Zweifel erhabenen Hinweis des Schreiners an den Kunden über die Tatsache und die Folgen, wenn ohne Zulassung oder entgegen einer allgemein anerkannten Regel der Technik gearbeitet werden soll. Denn welcher Kunde sollte bei gesundem Verstand auf das eine oder andere verzichten, wenn ihm sein Vertragspartner verdeutlicht, dass dann der Eintritt von Schäden, vor allem nach Ablauf der Mangelgewährleistung, wahrscheinlicher wird. ■
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