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Optimierung im Dialog

HKH Niedersachsen/Bremen: Berufsbildungstagung 2001
Optimierung im Dialog

Über die Anpassung des Prüfungswesens an neue technologische Entwicklungen informierten und diskutierten Berufsbildungsexperten aus dem Niedersäch-sischen Kultusministerium, Bildungspolitiker, Ober-meister, Lehrlingswarte, Pädagogen, Repräsentanten der Kammern und Kreishandwerkerschaften auf der Berufsbildungstagung des Landesverbandes Tischlerhandwerk Niedersachsachsen/Bremen am 20. und 21. April 2001 in Melle. Workshops in der Fachschule Holztechnik Melle vermittelten praktische Einblicke in den Umgang mit modernen Technologien.

Der Vorsitzende des Verbands- und Bundesausschusses für Berufsbildung Hermann Meyer konnte über 180 Tagungsteilnehmer im Forum am Kurpark in Melle begrüßen. Die Berufsbildung habe einen ganz besonderen Stellenwert in Deutschland, erläuterte er. Wenngleich auch die Zahl der Ausbildungsverträge teilweise zurück ginge, seien zur Zeit immer noch bundesweit 39000 Nachwuchskräfte im Tischlerhandwerk tätig. In Niedersachsen und Bremen habe es am 1.1.2000 insgesamt 4016 Ausbildungsverhältnisse im Tischlerhandwerk gegeben. Erhebliche Unterschiede bei Angebot und Nachfrage, bedingt teilweise auch durch die schwierige Situation im Tischlerhandwerk, seien in unterschiedlichen Regionen festzustellen und könnten sich fortsetzen. Dennoch oder gerade deshalb solle das niedersächsische und bremische Tischlerhandwerk in seinen Ausbildungsbemühungen nicht nachlassen und weiterhin ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen.

Im Bildungsbereich, so Herrmann Meyer, fielen wichtige Entscheidungen darüber, welche Zukunftschancen die einzelnen Menschen in unserer Gesellenschaft haben. Ein leistungsfähiges Berufsbildungssystem wie in Deutschland sei für die Gesamtwirtschaft sehr bedeutsam und unerlässlich. Die neue Ausbildungsordnung für das Tischlerhandwerk habe sich bewährt, obwohl es bei der Bestehensregelung in der Gesellenprüfung noch Probleme gäbe. Zwar habe es bezüglich der Arbeitsprobe bereits eine Teilnovellierung gegeben, doch eine weitere sei bei der Bestehensregelung der Prüfungsordnung dringend erforderlich, da es nicht zumutbar sei, dass ein Prüfling mit der Bewertung „ungenügend” die Gesellenprüfung bestehen könne. Hierbei bestehe noch Beratungsbedarf mit dem Bundeswirtschaftsministerium. Die Auswertung des wissenschaftlichen Begleitprojekts „Evaluation” würde zeigen, ob eine Verlängerung der Ausbildungszeit von 3 auf 3,5 Jahren notwendig sei.
Eine Vielzahl von Bildungsaufgaben stünden noch bevor. Die Weiterbildung für Gesellen sowie Meister müsse Schwerpunkt der zukünftigen Arbeit sein, denn handwerkliche Leistungen können nur honoriert werden, wenn hochwertige Produkte in Verbindung mit modernster Technik und hochqualifizierten Fachkräften zu angemessenen Preisen hergestellt werden können, das sei, so Herr Meyer, die vordringlichste Aufgabe.
In der Broschüre „Aus- und Weiterbildung nach Maß” vom Zentralverband des Deutschen Handwerks sei eine der Forderungen, die an eine Prüfung gestellt werden, die bundesweite Vergleichbarkeit mit einheitlichen Standards, die sich auch in den Zeugnissen widerspiegeln müssen, berichtet Oberstudiendirektor Jürgen Kipsieker, Leiter der Berufsbildenden Schulen Melle. Weiterhin sollten Prüfungen ökonomisch sein, d.h. es müsse ein ausgewogenes Maß vor allem vom Zeitumfang gefunden werden. Als Strukturmodell für eine moderne Gesellenprüfung könne eine sogenannte gestreckte Prüfung angesehen werden, die vorsieht, dass die Ergebnisse der Zwischenprüfung in die Abschlussprüfung einfließen. Die Zwischenprüfung erhielte dadurch einen höheren Stellenwert. Prüfungsstück und Arbeitsprobe sollten im praktischen Bereich im Tischlerhandwerk erhalten bleiben. Schriftliche Abschlussprüfungen in Form einer Kombination aus unterschiedlichen Aufgabentypen durchzuführen und vor allem auch im Theoriebereich Aufgaben aus der Praxis zu bearbeiten, seien der richtige Weg. Im Tischlerhandwerk wäre man schon auf gutem Wege bei der Durchführung moderner Prüfungen. Unerlässlich hält er allerdings Leitlinien für die Prüfertätigkeit. Auch müsse man die Attraktivität der Prüfertätigkeit steigern; zudem sei eine Nachwuchswerbung unumgänglich.
Änderung der Verordnung über die Berufsbildenden Schulen (BbS-VO)
Bei der Forderung von bundeseinheitlichen Prüfungen bestehe die Notwendigkeit, dass auch die Zensuren der Prüfungszeugnisse eine einheitliche Aussagekraft hätten, unterstrich Ministerialrat Wilfried Rüdiger aus dem Niedersächsischen Kultusministerium in seinem Referat.
Oberstes Ziel sei es, die berufliche Erstausbildung zu stärken. Häufig wurden in der Vergangenheit Stunden des Berufsschulunterrichts durch andere Schulformen, die das Schulgesetz ermöglicht, genutzt. Mit der neuen BbS-VO wurde nun sichergestellt, dass möglichst überall die zwölfstündige Stundentafel umgesetzt werden kann und Lehrerstunden nicht für andere Bereiche genutzt werden.
Regierungsdirektor Wolfgang Meyer aus dem Niedersächsischen Kultusministerium führte aus, dass er nun zum 3. Mal Gast dieser Tagung sei; dabei wäre das Thema Notengebung immer ein Dauerbrenner gewesen.
Die Arbeitnehmerseite des Landesausschusses für Berufsbildung hätte in einer Sitzung große Bedenken für die Ausweisung von Noten bei einem handlungsorientierten Ansatz geäußert. Jetzt sei ein Kompromiss gefunden: Die Ausweisung von Fähigkeiten in Anlehnung an die Notenskala; und zwar nunmehr auch für das BGJ und für die Industrieberufe. Schulen könnten diese neue Regelung ab sofort übernehmen. Allerdings schränkte er ein, sei seiner Meinung nach eine Benotung von Lernfeldern ausreichend. Zur Probezeit im BGJ merkt er an, dass vor allem im BGJ-Bau Akzeptanzprobleme vorhanden waren. Um dem entgegenzuwirken, wurde eine neue, zusätzliche Regelung geschaffen: Schüler, die sich als „ausbildungsresistent” erweisen, können nach den ersten sechs Wochen Probezeit in ein BVJ überwiesen werden.
Einjährige Berufsfachschule Technik für RealschülerInnen
Studiendirektor Norbert Böhmer von den Berufsbildenden Schulen Bersenbrück berichtete über die am 1.8.2000 begonnene Ausbildung Berufsfachschule Technik seines Berufsschulstandortes. Aufgrund der großen Nachfrage von Schülern nach der Fachrichtung Höhere Handelsschule überlege man diese Bewerber ins Handwerk umzulenken, um damit u.a. auch deren Berufsaussichten zu verbessern. Die Inhalte der Berufsfachschule seien mit denen des BGJ Holztechnik identisch, in Abstimmung mit der Innung könne man diese Inhalte jedoch durchaus verändern. Durchgängig sei eine hohe Leistungsbereitschaft zu verzeichnen, wobei Eigenverantwortlichkeit kein Fremdwort sei. Im weiterhin bestehenden BGJ bekämen jetzt die Hauptschüler eine tragende Rolle zugewiesen, die sich auf den Lernerfolg auch hier positiver auswirke.
Im weiteren Tagungsverlauf informierte Herr Niedernhuber von der Holz-BG über die neuen Maschinenlehrgänge. Kritik bezüglich der Werkstücke, die in den Lehrgängen angefertigt werden, habe eine Nachbesserung notwendig gemacht. Eine Abstimmung hinsichtlich neuer Werkstücke sei mit dem BHKH erfolgt. Ein weitere Veränderung habe man für die Aus- und Weiterbildung der Lehrgangslehrer geplant. Im Rahmen der normalen Betriebsrevision sollen zukünftig Auszubildende über ihre Erfahrungen mit den absolvierten Lehrgängen befragt werden, um eine Kontrolle darüber zu haben, was bei den Auszubildenden hängen bliebe.
Evaluation der Ausbildungs-verordnung Tischler/Tischlerin
Über die Tätigkeit des BIBB Bundesinstituts für Berufsbildung mit jetzt neuem Sitz in Bonn berichtete Dieter Weiß.
Das BIBB habe die erste Änderungsverordnung hinsichtlich der Prüfung insbesondere der Arbeitsprobe auf Vorschlag der Arbeitgeberseite mitbewirkt, weil es Irritationen gab hinsichtlich deren Auslegung. In Arbeit sei die Änderung der Bestehensregelung des schriftlichen Teils der Gesellenprüfung, die zur Zeit geprüft und wie es scheint keine Zustimmung bei den Ministerien finden wird. Nach seiner Meinung sei es sinnvoll, auf der Basis der Untersuchungsergebnisse die Evaluierung und die Teilnovellierung voranzutreiben, um ein gemeinsames Paket zu schnüren. Das Projekt der Evaluierung liefe planmäßig, wobei die Basisbefragung abgeschlossen sei; erste Ergebnisse lägen bereits vor. Zum Ende des nächsten Jahres sei sichergestellt, dass die abschließenden Ergebnisse vorliegen werden.
Die Ausbildungsdauer, so Herr Weiß, sei eine politische Setzung. Die bisherigen Auswertungen wiesen ein Mehrbedarf an Ausbildungszeit von 6 Wochen aus, ließen aber auch bei einigen Lerninhalten eine Minderung zu. Die bisherige Auswertung habe gezeigt, dass die Väter der Ausbildungsordnung ein gute Arbeit geleistet hätten. (Siehe hierzu auch unseren Bericht auf Seite 23, 24 und 34)
Adolf Stärk aus Bayern kritisierte anschließend, dass die Situation bezüglich der Bestehensregelung in der Gesellenprüfung völlig unzureichend sei. Herr Meyer unterstützte diese Aussage und bat Herrn Weiß, sich für die Sache beim Wirtschaftsministerium einzusetzen, der versprach, von seiner Seite zu intervenieren. Oberstudiendirektor a.D. Heinz Otto Pfingsten, u.a. Mitglied des Fachbeirates zur Evaluation der Tischlerausbildungsverordnung, erwarte, dass erstens die Teilnovellierung bezüglich der Bestehensregelung kurzfristig, d.h. noch im Prüfungsjahr 2001 novelliert werde und zweitens, dass nach Auswertung der Evaluation eine zukunftsfähige Ausbildungsordnung mit einer dreieinhalbjährigen Ausbildungszeit erarbeitet werde.
Woher kommt künftig unser Nachwuchs für das Tischlerhandwerk?
Matthias Wächter, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes HKH, führte aus, worauf sich Verband, Innung und Betriebe in Sachen Ausbildungsplatzbewerber zukünftig einstellen müssen. Die Nachfrage nach Lehrstellen sei erstmals ausgeglichen, wobei eindeutig für Industrie und Handel Zuwächse um 2,2 % zu verzeichnen wären. Im Handwerk hingegen sei die Nachfrage um 3,4 % zurück gegangen, was sicherlich mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation zusammenhinge. Andererseits fehle es aber auch an geeigneten Bewerbern.
Bereits in 7 bis 8 Jahren müsse man mit einem gravierenden Nachfragerückgang rechnen. Durch den Trend zu höheren Schulabschlüssen stünden in Zukunft zudem noch weniger Hauptschulabsolventen dem Ausbildungsmarkt zur Verfügung. Die Mehrzahl der Realschüler würde sich z. Zt. der Industrie zuwenden. Ein erhebliches Manko sei momentan noch die Aufstiegsfortbildung, hier müsse möglichst bald eine Antwort gefunden werden. Nachwuchswerbung sei schon um der Sache wegen unerlässlich, z.B. um den Betrieben die Substanz an Facharbeitern zu erhalten.
Workshops
Am zweiten Tag konnten die Teilnehmer der Berufsbildungstagung in den Räumen der Fachschule Holztechnik Melle (FHM) modernste Fertigungstechnik erleben.
Roland Cramer, Leiter der Fertigungstechnik an der FHM, stellte den geplanten Tagungsverlauf vor. Es wurden zwei Workshops angeboten, die sich mit Effektlackierungen und der CAD/ CAM- Fertigung befassten. Roland Cramer wies auf die Notwendigkeit hin, im Tischlerhandwerk einerseits traditionelle Handwerkstechniken zu bewahren und weiter zu entwickeln aber andererseits sich dem Einzug moderner Fertigungstechnik und EDV-gestützter Arbeitsplätze nicht zu verschließen. Gerade diese Verbindung zwischen theoretischem Wissen und der Überprüfung in der praktischen Anwendung mit handwerklichem Geschick und modernsten Anlagen und Maschinen sei das Erfolgsrezept mit dem die FHM ihre Absolventen auf das zukünftige Berufsleben vorbereiteten.
Im Workshop Oberflächentechnik stellte Claus Dötzer, der an der FHM für den Bereich Oberflächentechnik verantwortlich ist, die vielfältigen Möglichkeiten von Effektlackierungen durch Nutzung moderner Lacksysteme vor. Am Beispiel der Reißlack-, Spinnennetz- und Tropfentechnik konnten die Workshopteilnehmer erfahren, dass nur durch das Zusammenkommen von Kreativität, Mut zum Ausprobieren und handwerklichem Geschick eine außergewöhnliche Oberfläche erzielt werden kann, die Tischlerarbeit von der Massenproduktion unterscheidet.
In dem Workshop CAD/ CAM- Fertigung wurde zunächst ein knapper Überblick über die heute üblichen Verfahren für die Programmierung von CNC-Maschinen gegeben. Dabei wurden abrissartig die bauteilorientierten Verfahren erläutert und präsentiert. Das Kernstück des Workshops stellte jedoch die objektorientierte Programmierung von Werkstücken, unter Nutzung des Programmpakets IMOS 4.5, dar. Zunächst stellte Martin kleine Bornhorst, an der FHM für Gestaltung, Konstruktion und CAD verantwortlich, eine Übersicht über die Möglichkeiten der objektorientierten CAD-Programme in Abgrenzung zu den herkömmlichen, bauteilorientierten CAD-Programmen vor.
IMOS bietet als Komplettpaket die Möglichkeit, beginnend mit der Auftragserfassung, über die Planung, Konstruktion und Präsentation die angelegten Daten auch für die Produktion und Kalkulation zu nutzen.
Diesen Vorteil der CAD/CAM Technologie nutzen zunehmend mehr Handwerksbetriebe und sichern sich so Vorteile im Wettlauf um den Kunden.
Wie die Auftragsabwicklung in IMOS im einzelnen und die Maschinenanbindung im speziellen erfolgt, sahen die Teilnehmer der BBT 2001 an einem Beispiel, vorgestellt von Schülern der Fachschule Holztechnik in Melle: die Studierenden Jochen Strellmann, Sebastian Laaf und Paul Lemper konstruierten, fertigten und präsentierten ein Regal mit Konturkanten in IMOS 4.5. Den Teilnehmern wurden dabei die zuvor besprochenen theoretischen Grundeinstellungen von Bauteilen und die komfortable und variable Konstruktion in IMOS auch praktisch näher gebracht.
Nachdem die Workshopteilnehmer sich davon überzeugt hatten, dass sich die zuvor dargestellte Theorie auch in der Werkstatt unter Beweis stellen ließ, traten sie in eine intensive Diskussion mit den Studierenden und Dozenten ein. Neben technischen Erläuterungen wurden auch Erfahrungen und Anregungen für die Ausbildung ausgetauscht.
Abschließend kann gesagt werden, dass die Teilnehmer der Workshops auf der Berufsbildungstagung 2001 in Melle gelungene Einblicke in modernste Fertigungstechnik erhalten haben. Dabei hat sich die Fachschule Holztechnik in Melle wieder einmal als ein kompetenter Partner für die Qualifizierung des Nachwuchses im Tischlerhandwerk getreu ihrem Motto „… aus der Praxis, für die Praxis” erwiesen. (Ehlers-Staack/kleine Bornhorst) o
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