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Prüfer und Schüler – beide müssen lernen

Das Fachgespräch bei der Gesellen- und Meisterprüfung
Prüfer und Schüler – beide müssen lernen

Prüfer und Schüler – beide müssen lernen
Die neue Ausbildungsordnung bringt ein neues Element ins Prüfungsgeschehen: Das Fachgespräch. Die Auszubildende Ulrike Kreutzmann erläutert dem Prüfungsausschuss, anhand ihrer Fertigungszeichnung und eines 1:10-Modells, das Konzept ihres geplanten Flurmöbels Tabelle 1: Auszug aus einem Beobachtungsbogen für die Gesprächssituation „Installation/Inbetriebnahme und Erläuterung des Produkts“ Tabelle 2: Beispiel einer Dokumentation bzw. Hilfestellung zur Bewertung eines Fachgesprächs zum Arbeitsprozess
Das Fachgespräch bildet mit einer Dauer von maximal 30 Minuten in der aktuell gültigen Ausbildungs- und Meisterprüfungsverordnung im Tischlerhandwerk einen zentralen Bestandteil. Dabei handelt es sich um ein auftragsbezogenes Fachgespräch, das sich auf ein zuvor erstelltes Prüfungsprodukt/-stück bzw. ein Meisterprüfungsprojekt bezieht. Im Fachgespräch werden Fragen gestellt und Sachverhalte diskutiert, die mit der Herstellung dieses Prüfungsprodukts in Zusammenhang stehen. Das Fachgespräch wird im Anschluss an die Erstellung des Prüfungsprodukts geführt.

Welche Lernziele bzw. Kompetenzen sollen mit einem Fachgespräch erfasst werden? In den Ausbildungsordnungen der handwerklichen Berufe findet sich in Bezug auf das Fachgespräch meist folgende Standardformulierung: „Durch das Fachgespräch soll der Prüfling zeigen, dass er fachbezogene Probleme und deren Lösungen darstellen, die für die Arbeitsaufgabe wesentlichen fachlichen Hintergründe aufzeigen sowie die Vorgehensweise bei der Durchführung begründen kann.“ Diese Standardformulierung wird in manchen Ausbildungsordnungen erweitert. So soll der Elektroniker im Fachgespräch zeigen, dass er „Kundenaufträge annehmen und dabei Kundenprobleme und -wünsche erkennen, fachbezogene Probleme und deren Lösungen kundenbezogen darstellen, seine Vorgehensweise begründen sowie den Kunden Geräte oder Systeme übergeben und in die Bedienung einführen“ kann. Ein solcher Hinweis fehlt zwar in der Ausbildungsordnung des Tischlerhandwerks. Allerdings finden sich im Bereich des Ausbildungsrahmenplans Hinweise zu Sozialkompetenzen bzw. zum Umgang mit Kunden (z. B. fertiggestellte Arbeiten übergeben, Wartungs- und Bedienungsanleitungen erläutern). Somit würde eine Kombination aus Fachgespräch zum Arbeitsprozess und Kundenkontaktgespräch dem Rahmenlehrplan und der Ausbildungsordnung insgesamt besser gerecht. Im Rahmen der Meisterprüfungen soll der Prüfling gemäß Standardtext in den Meisterprüfungsverordnungen „zeigen, dass er die fachlichen Zusammenhänge aufzeigen kann, die dem Meisterprüfungsprojekt zugrunde liegen, den Ablauf des Meisterprüfungsprojekts begründen und mit dem Meisterprüfungsprojekt verbundene berufsbezogene Probleme sowie deren Lösungen darstellen kann und dabei in der Lage ist, neue Entwicklungen zu berücksichtigen.“ Im Vergleich zum Fachgespräch im Gesellenbereich liegt ein stärkerer Fokus auf dem Ablauf des Meisterprüfungsprojektes, d. h. auf Planungskompetenzen. Zudem soll ein angehender Meister in der Lage sein, neue Entwicklungen eigenständig in seine Überlegungen zu integrieren. Hinweise auf die Überprüfung sozial-kommunikativer Kompetenzen im Rahmen des Fachgesprächs fehlen in den Meisterprüfungsverordnungen, allerdings finden sich unter dem Paragraphen „Meisterprüfungsberufsbild“ der Meisterprüfungsverordnungen Hinweise auf sozial-kommunikative Kompetenzen. So sollen beispielsweise Kundenwünsche ermittelt, Kunden beraten, Serviceleistungen angeboten und Auftragsverhandlungen geführt werden. Dies verdeutlicht, dass es in Meisterprüfungen des Tischlerhandwerks möglich ist, ein „reines“ Fachgespräch zum Arbeitsprozess zu führen. Es wäre aber durchaus sinnvoll, das Fachgespräch zum Arbeitsprozess und das Kundenkontaktgespräch miteinander zu kombinieren, zumal das Fachgespräch die einzige mündlich zu erbringende Prüfungsleistung ist und damit die einzige Möglichkeit darstellt, sozial-kommunikative Kompetenzen zu überprüfen. Für das Tischlerhandwerk ist zu empfehlen, das Fachgespräch mit der Übergabe des Prüfungsprodukts an den Kunden zu beginnen und danach im Fachgespräch zum Arbeitsprozess vertiefende Fragen zu stellen.

Ratschläge für die Prüfer
Die Schaffung einer angenehmen Prüfungsatmosphäre ist von hoher Bedeutung. Der Prüfling sollte freundlich begrüßt werden, es sollten ihm die Prüfer/-innen vorgestellt und der Ablauf des Fachgesprächs bekannt gegeben werden.
Im Rahmen des ersten Teils des Fachgesprächs (Übergabe des Prüfungsprodukts an den Kunden) muss der Prüfer in die Rolle des Kunden schlüpfen und sich als solcher verhalten, d. h. seine Rolle realistisch ausfüllen. Das bedeutet, dass die Gesprächsinitiative stärker beim Prüfling liegt und sich der Prüfer in der Rolle des Kunden auf die Lenkung durch geschickte Gesprächsimpulse beschränkt. Ein solcher Rollenwechsel fällt vielen Prüfern/-innen erfahrungsgemäß schwer. Deshalb ist das Gelingen des Fachgesprächs von einer seriösen Vorbereitung abhängig. So sind lenkende Impulse aus Sicht des Kunden vorzubereiten (z. B. Fragen zur Bedienung, Wartung und Pflege) und passende Beurteilungskriterien festzulegen. Vor dem ersten „scharfen“ Kundenkontaktgespräch empfiehlt sich ein Testlauf mit Prüflingen, um den Rollenwechsel zu üben und mögliche Stolpersteine zu erkennen. Dem Prüfungsausschuss kommt beim Protokollieren des Kundenkontaktgesprächs eine wichtige Rolle zu. Denn der Prüfer – in der Rolle des Kunden – sollte sich vollständig auf seine Kundenrolle konzentrieren können und deshalb möglichst auf eigene Notizen verzichten. Als Hilfsmittel zur Dokumentation der Kundenkontaktsituation ist die Anwendung eines Beobachtungsbogens sinnvoll. In Tabelle 1 findet sich ein Auszug aus einem Beobachtungsbogen für ein Kundenkontaktgespräch.
Für das Fachgespräch zum Arbeitsprozess ist es ganz wesentlich, dass ein gutes Klima für das Prüfungsgespräch entsteht und den Prüflingen ein angemessener Gesprächsanteil zukommt. Entsprechend müssen die Prüfer/-innen flexibel auf die Antworten der Prüflinge eingehen und ihre Fragen anknüpfend an die Antworten der Prüflinge formulieren können. Auch wenn die Prüfenden somit eine gewisse Spontanität zeigen sollen, ist es elementar, dass die Fragen verständlich, klar und präzise formuliert sind. Um das Ziel des Fachgesprächs zu erreichen, nämlich die Denkprozesse der Prüflinge offen zu legen, ist es darüber hinaus wichtig, einen sinnvollen Wechsel zwischen offenen (weiten) und geschlossenen (engen) Fragen zu gewährleisten. Offene Fragen sind dazu geeignet, ein Gespräch in Gang zu bringen, und bieten sich insbesondere zu Beginn des Fachgesprächs oder eines neuen Fragenkreises an. Geschlossene Fragen ermöglichen das gezielte Nachfragen bzw. das Präzisieren von Aussagen des Prüflings. Bei Schwierigkeiten des Prüflings müssen die Prüfenden zudem in der Lage sein, angemessene Hilfestellungen zu geben und zu erkennen, wann ein Wechsel des Themas erforderlich ist.
Die Prüfenden sollten auf eine freundliche Mimik und Gestik achten und ihre Fragen in ruhigem Ton formulieren, auch wenn der Prüfling inhaltliche Schwächen zeigt. Damit die Durchführung eines Fachgesprächs gelingen kann und die prüfungstheoretischen Anforderungen erfüllt werden, ist eine gezielte Vorbereitung des Fachgesprächs unabdingbar. So sind mögliche Fragen(-kreise) festzulegen, die sich neben der Beschreibung des Vorgehens (Was?) insbesondere auf deren Begründung (Warum?) und das Aufzeigen möglicher Alternativen (Wie anders?) beziehen. Zudem sind Beurteilungskriterien und deren Gewichtung zu bestimmen.
Damit das Potenzial des Fachgesprächs ausgeschöpft werden kann, ist somit auf eine angemessene Vorbereitung des Fachgesprächs zu achten. Ein ungeplantes, spontanes Vorgehen kann eine angemessene Prüfungsqualität erfahrungsgemäß nicht gewährleisten. Allerdings sollte die Planung auch nicht dogmatisch umgesetzt werden; stattdessen ist während des Fachgesprächs jeweils zu entscheiden, welche der vorbereiteten Fragen zum Einsatz gelangen sollen. Damit soll ein flexibles Vorgehen erreicht werden, das situativ angemessen ist und gleichzeitig ein vergleichbares Anforderungsniveau der Fachgespräche über verschiedene Prüflinge hinweg gewährleistet sowie eine kriterienorientierte Bewertung der Prüfungsleistung zulässt. Die Tabelle 2 zeigt ein mögliches Hilfsmittel zur Dokumentation eines Fachgesprächs. ■
Literaturhinweise
Ausbildungsordnungen können auf der Homepage des Bundesinstituts für Berufsbildung www.bibb.de abgerufen werden.
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