Schürze, Elle, Ehrbarkeit

I Im aktuellen Buch des Autors wird die Entwicklung des Zunftwesens und der Interessenorganisationen der Tischler und Schreiner auf den historischen, politischen und wirtschaftlichen Hintergrund bezogen und in ihrer Widersprüchlichkeit bis hin zur Auflösung der Zünfte im Jahr 1869 anschaulich dargestellt. Dabei werden auch verblüffende Phänomene behandelt: Die gewalttätigen Jagden der zünftigen Meister nach „Störern und Pfuschern“ etwa oder das bis zum 19. Jahrhundert bestehende Zwangszölibat für Tischler- und Schreinergesellen ebenso wie die heftigen Widerstandsaktionen dieser Gesellen, die im 18. Jahrhundert als sozialer Unruheherd Nummer eins angesehen wurden. Weitgehend unbekannt dürfte heute das eifersüchtig gehütete Wissen um die „rechte Säulenordnung“ sein, damaliger Angelpunkt des Anspruchs besonderer Kunstfertigkeit und gesellschaftlicher Anerkennung. Darüber hinaus werden umstrittene Themen weiterführend aufgegriffen: die Frauenarbeit im Handwerk, die doppelgesichtige Funktion der Einrichtung des Meisterstückes oder das Problem, ob entgegen den Texten der Zunfturkunden doch ein Konkurrenzkampf auch zwischen den einzelnen Zunftmitgliedern selber geherrscht habe. Das besondere Augenmerk dieser Studie gilt dem Tischlerhandwerk, seiner Wirklichkeit, seiner Eigenart. Erfüllt von Glanz und Reichtum, von Not und Armut und von Stolz und Selbstbewusstsein. 1780 hat ein Hobelgeselle dieses in seiner geheimen Ansprache so formuliert: „Kaiser, Könige, Fürsten und Herrn//Können der Tischler nicht entbehrn.“ Und er hatte Recht. Auch – und obwohl – sich bald darauf vieles radikal ändern sollte. I

Das Tischlerhandwerk in Deutschland (1350 bis 1870), Schürze, Elle, Ehrbarkeit. Zur Geschichte einer belächelten Elite von Christian F. Zander – Schriften zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Band 23, 280 S., 20,5 x 14,5 cm, Taschenbuch, 79,80 Euro, ISBN 978-3-8300-7034-4, Verlag Dr. Kovac, Hamburg, 2013