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Steiler Zahn mit schönen Augen

Fenstersanierung am Historischen Wasserturm in Schwedt
Steiler Zahn mit schönen Augen

Im flachen Odertal ist er mit seinen 46 Metern Höhe schon ein ‚steiler Zahn’. Alter und Größe machen den Schwedter Wasserturm zu einem Wahrzeichen der Stadt. Bis vor gut zwei Jahren bot er allerdings ein trauriges Bild: die Kuppel eingefallen, der Putz abgebröckelt, Fenster und Türen zugemauert. Jetzt strahlt er wieder in neuem Glanz und mit schönen „Augen“. Die Fenstersanierung selbst, stellte alle Beteiligten vor komplexe technische und gestalterische Aufgaben. Das Bauwerk hatte von 1911 bis in die Siebziger als Wasserspeicher gedient. Mit der Schließung des städtischen Wasserwerkes verfielen Turm und Pumpenhäuser zusehends. Ein kräftiger Sturm besorgte in den Achtzigern den Rest. Die Kuppel stürzte ein und wurde nur noch notdürftig gesichert. Dank des Engagements der privaten Investorengemeinschaft Riggers/Dr. Fischer Turm GbR konnte das denkmalgeschützte „Historische Wasserwerk“ nach der Wende gerettet werden.

Die Sanierung stellte die Beteiligten vor komplizierte statische Probleme und vor die Aufgabe, den Auflagen des Denkmalschutzes gerecht zu werden. Durch den Wegfall der ‚Wasserlast’ und die Erhöhung der Kuppel um 2 m mußten auftretende Windkräfte stärker berücksichtigt werden. Aus diesem Grunde wurde ein Stahlbetonschacht in den Schaft eingebracht, der auf mehreren Ebenen durch eingezogene Decken mit der Turmaußenwand verbunden ist und die nötige Stabilität bringt. Er wird künftig einem Aufzug Platz bieten. Nach außen hin galt es, die ursprüngliche Optik weitestgehend wiederherzustellen. Die Auflagen des Denkmalschutzes bezogen sich dabei auf Farbgebung, Gestaltung und Proportionen. Für den Sockel wurde ein neuer, hellgrauer Putz in Bossenstruktur vorgesehen, das rote Backsteinmauerwerk des Schaftes hingegen gereinigt und ausgebessert. Eine besondere Aufgabe für den Schwedter Architekten Karl Wiegand bestand darin, die Kuppel völlig neu zu planen. Passend zu den Ziegel- und Putzflächen vom Turmschaft und den Nachbargebäuden fiel die Entscheidung auf eine knapp 2m höhere, aber 1m schmalere Lösung mit einem zwölfeckigen Grundriß. Vier Gauben und eine Krone schmücken die Kuppel mit Holzaußenwänden und einer Schiefereindeckung.

Fenster prägen das Erscheinungsbild
Der vielzitierte Satz, daß Fenster als „Augen“ das Erscheinungsbild eines Gebäudes maßgeblich prägen, wird bei diesem Objekt besonders deutlich. Die historische Form und Gliederung der Fenster im Schaft wurde bewahrt. Optisch stehen die modern gehaltenen, schlichten Elemente der Kuppel dazu in einem harmonischen Kontrast. „Dieses Ergebnis basiert auf einem gelungenen Kompromiß aus Historie und moderner Nutzung“, kommentiert Architekt Wiegand. „Das vorläufige Konzept sieht für die Kuppel Ausstellungs- und Wohnbereiche vor. Viel Tageslicht wird also gebraucht. Deshalb suchten wir nach ansprechenden Lösungen, um auch größere Fenster als ursprünglich einzubauen.“ Die Denkmalschutzbehörde folgte dem Vorschlag des Architekten, beide Teile des Bauwerks – Kuppel und Schaft – optisch durch eine Sprossenteilung der Fenster zu verbinden, die die Farbe und historische Gliederung aufnahm. Eine Ausführung in dreifach laminiertem Merantiholz, weiß endbehandelt, mit gleichfarbigen Aluminiumfensterbänken in einer Ausladung von 70 mm, sollte das unterstreichen. Als Vorzug erwies sich die Entscheidung für die Profilausführung in „Gehr-Klassik“, IV 68-1, mit einer Flügelholzbreite von78 mm.
Ein Talent im Beschlag
Für die Firma Gehr, Fenstertechnik und Türenbau, obwohl Spezialist für die Fertigung denkmalgerechter Fenster, war der Auftrag für den Wasserturm Schwedt eine anspruchsvolle Aufgabe. Verschiedene Größen und Formen mit unterschiedlichen Öffnungsmechanismen und sicherheitstechnischen Anforderungen mußten realisiert werden. Beschlagtechnisch griff Gehr auf das bewährte System Centro 101, gelb chromatiert, von Roto zurück. Aus dem eigens für Holzfenster konzipierten E-A-V Programm kam die Bandvariante E, einbohrbar, zum Einsatz. Verschlußseitig sorgte der Baukastenaufbau des Centro-Systems für einfache Montage. Benötigt wurden sowohl die reine Dreh- und Kippstellung als auch die Kombifunktion. Alle Kippflügel wurden mit einer Sicherungs- und Putzschere versehen. Eine weiße Olive komplettierte das Ganze.
Im Schaft mußte Fenster für Fenster einzeln vermessen werden. Mit 30 oder 40 cm Breite gab es auffallend schmale darunter. Sie sind bis zu 1,45 m hoch und schließen nach oben mit einem Rundbogen ab; eingebaut wurden aber auch rechteckige Ausführungen. Gerade an diesen Fenstern lassen sich die Vorzüge von „Gehr-Klassik“ sehr gut nachvollziehen: Reduzierte Ansichtsbreiten der Flügel, klassische Wetterschenkel aus Holz, vier gefräste Nuten am profilierten Kämpfer und den Glashalteleisten sowie Wiener Sprossen. Die zweite Kategorie umfaßt Fenster in einer Breite von 60, 70 und 80 cm. In der Höhe variieren sie zwischen 1,60 und 2,30 m. Zum Teil sind sie als Stulpfenster mit Rundbogen vorhanden. In dieser Ausführung werden die unteren Flügel „per Dreh“ geöffnet, während der obere Teil in der Kippvariante zu betätigen ist. Für die Fensterbauer waren beispielsweise die kleinen Bogenfenster aus dem Schaft und die vier Gaupenfenster eine Herausforderung. Die sehr schmalen und mit Sprossen versehenen Rundbögen verlangten hohes Können bei der Einzelfertigung und Beschlagmontage. Computergesteuerte Technik machte eine maschinelle Fensterproduktion möglich.
Nutzungsbedingte Vorgaben
Die Planung und Ausführung der Fenstertechnik in der Kuppel erwies sich als nicht ganz einfach. Das Nutzungskonzept sah eine zweigeschoßige Teilung vor, das heißt eine Decke aus Leimholzbalken wurde eingezogen. Die Wahl einer Holzrahmenkonstruktion brachte den Vorteil der Vorfertigung einzelner Montageelemente. In relativ kurzer Zeit waren die Außenwände der Kuppel mit Hilfe eines Autokrans errichtet. Auf jeder Ebene wurden dann zwölf Fenster eingebaut, die für sich kleinteilig gehalten sind. Das Gesamtelement ist knapp 1,90 x 1,40 m groß und wurde konventionell mit Laschen befestigt. Es setzt sich aus einem Mittelflügel in der Größe 40 x 80 cm und jeweils zwei quadratischen Flügeln in der Größe 40 x 40 cm zusammen, die übereinanderstehen. Auf der unteren Ebene befindet sich die Fensterbrüstung in einer Höhe von 1,10 m und erfüllt damit die Sicherheitsvorschriften. Auf dem oberen Kuppelniveau beginnt die Fensterfläche im unmittelbaren Fußbodenbereich. Deshalb war hier der Einsatz von Verbundsicherheitsglas (Uniplus 1,3; 4/14/6) bis auf halbe Höhe zwingend notwendig. Eine ausgefallene, aber überzeugende Lösung erzielte man außen auch in der optischen Verbindung beider Fensterbänder. Da sie bündig in die Wandelemente eingesetzt wurden, entstand ein Zwischenraum. Dieser wurde mit einem festen Blendrahmen ausgefüllt, der mit einem 6 mm starken, rauchfarbenen Glas (ESG 6/14/4) in opaker Ausführung versehen ist. Weiß beschichtete Aluminiumbleche decken die Fugen ober- und unterhalb ab.
Sicherheit geht vor
Die Brandlast der Kuppel sowie das Fehlen eines zweiten Fluchtweges machten es notwendig, daß der Planer beschlagseitig Rettungsmöglichkeiten berücksichtigen mußte. So wurde ein spezielles Fluchtfenster konzipiert, bei dem sich der mittlere Flügel und ein weiterer in Drehstellung öffnen lassen. „Um in der Außenansicht optisch keinen Bruch zu erzielen, faßten wir zwei der kleinen, übereinander liegenden Flügel mit einem angeschraubten Stulppfosten und einem Mittelflügel dafür funktional zusammen“, so der Architekt. „Die Rettung von Menschenleben machte erforderlich, daß wir hier beschlagtechnisch auf Topqualität setzen mußten. Das Centro 101-System bot dazu die Voraussetzungen.“ Der Sicherheit diente auch der Einbau von Putz- bzw. Kippscheren. Der maximale Öffnungswinkel beträgt 90 Grad. Da keine Klimaanlage vorhanden ist, ermöglichen sie auch ein gefahrloses Lüften. Mit Hinweisen zur Verankerungstechnik im Schaft und in der Kuppel berieten die Spezialisten der Firma Gehr die Montagefirma. Sie demonstrierten damit auf ihre Weise, daß auch bei mittelständischen Firmen Qualitätsmanagement nicht vor der eigenen Tür aufhören darf.
Objektdaten
Bauherr: Riggers/Dr. Fischer Turm GbR, Schwedt
Architekt: Dipl.-Bauing. Karl Wiegand; Schwedt
Statik: Dipl.-lng. (FH) Lothar Glawa, Mühlacker
Generalunternehmer: ALBA Altmärkische Bauträgergesellschaft GmbH
Einbau der Fenster: Fa. Gerhard Ordemann, Beverstedt
Fensterproduktion: Gehr Holzfenster + Haustüren, Oschatz- Gaunitz
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