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Tischlerausbildung – für die Katz?

Leserbrief
Tischlerausbildung – für die Katz?

Tischlerausbildung - für die Katz?
"Montage ist nicht das Problem. Auf dem Bau war ich schon im 1. Lehrjahr nach drei Monaten. In der Werkstatt bin ich jetzt - im 3. Lehrjahr - manchmal an der Fräse. Jetzt erst - wenn ich eben da bin. Ich bin sowieso 3/4 der Zeit auf der Baustelle. Ist mir auch recht. Da bin ich freier." Daniel R. Schreinerlehrling im 3. Lehrjahr
“Dieses ist ein Brandbrief. Ein Text, der aufrütteln soll, der Veränderung bewirken soll”, so beginnt Christian Zander, Sölden, seinen Leserbrief zum Thema Ausbildung. Genauer gesagt: Seine Erfahrung mit der heutigen, beschämenden Ausbildung des Nachwuchses im Tischler- und Schreinerhandwerk.

Verursacht wurde der Brief durch meine Erfahrungen mit einem überbetrieblichen Oberflächenkurs im 3. Lehrjahr (TSO 1 u. 2), vier Monate vor der Gesellenprüfung. Ich leite seit acht Jahren solche Kurse und lasse den Lehrlingen viel Spielraum, um eigene Ideen in Farbe umzusetzen – wichtig ist mir nur, dass sie häufig zur Spritzpistole greifen. Bisher konnte ich – bis auf wenige Ausnahmen – in der Regel alle Teilnehmer “mitziehen”, z. T. sogar nach anfänglicher Reserviertheit begeistern. Aber bei einem Kurs Anfang dieses Jahres war beinahe alles anders. Die Lehrlinge waren freundlich, kamen aber nicht aus ihren Löchern heraus und blieben freundlich – desinteressiert. Als ich nachfragte, stellte sich heraus, dass nahezu 2/3 von ihnen mit dem Beruf des Schreiners bereits abgeschlossen hatten: Nach der Gesellenprüfung im Mai/Juni wollten sie auf gar keinen Fall als Schreiner weiterarbeiten. “Mann, war ich froh, als ich die Lehrstelle hatte, das war mein Traumberuf”, sagte einer, “aber heute: Nie wieder!”

Nach eigenen Aussagen hatten die meisten von ihnen das klassische Berufsbild des Tischlers nur am Rande gestreift, waren selten in der Werkstatt, kaum oder gar nicht an der Fräse oder dergleichen. Stattdessen haben viele montiert: Türen, Fenster, Küchen, Fußböden, Trennwände, abge-hängte Decken, Trockenbauelemente. Diese Beschreibungen meiner Kursteilnehmer kamen mir zunächst heillos übertrieben vor, auch wenn ich bei einigen sehr wohl den Angstschweiß bemerkt hatte, der bei ihnen ausbrach als sie eine Fräse einrichten und bedienen sollten. Aber ein Kontrollblick in die Berichtshefte belehrte mich eines Besseren! Tatsächlich zeigte sich ein überaus hoher Anteil von Montagearbeiten. Wenn man die Entwicklung des Tischler- und Schreinerhandwerks in den letzten Jahren berücksichtigt, kann der genannte Befund eigentlich nicht überraschen. “Der Strukturanteil der von den Schreinern getätigten Umsätze zeigt die starke Ausrichtung auf Bauelemente”, heißt es in der Auswertung einer brandneuen Umfrage des bayrischen Landesverbandes Holz und Kunststoff, denn “zwei Drittel der Umsätze werden in diesem Bereich erzielt, nur ein Drittel im Möbelbereich.” Mit anderen Worten: Die reale Ausbildung in den Betrieben hat sich entsprechend der tatsächlichen Betriebspraxis in sehr vielen Betrieben verschoben. Sie hat sich damit zugleich noch weiter als bisher von der geltenden Ausbildungsordnung entfernt.
Wer heute Tischler und Schreiner ausbildet, kann das ruhigen Gewissens nur tun, wenn er keinen einzigen Blick in die Ausbildungsordnung wirft. Sonst könnte er wahrscheinlich nachts vor schlechtem Gewissen nicht schlafen. Hier wird ein Ausbildungsgang gefordert (und die Ausbildungsbetriebe verpflichten sich mit ihrer Unterschrift unter den Lehrvertrag, diesen Plan einzuhalten!), der meilenweit von den Möglichkeiten der meisten Betriebe entfernt ist. Von meinen Lehrlingen im 3. Lehrjahr furnieren z. B. 2/3 entweder gar nicht oder höchst selten. Dies ist beileibe nicht schlechter Wille der Ausbildungsbetriebe und Ausbilder, sondern Folge und Ausdruck einer zunehmenden Spezialisierung unseres Handwerkes. Nicht die Betriebe liegen in der Regel falsch, sondern die Ausbildungsordnung! Sie entspricht nicht mehr der Betriebswirklichkeit.
Nun könnte man natürlich denken: “Papier ist geduldig”, und die Ausbildungsordnung sollte man Ausbildungsordnung sein lassen. Aber leider ist sie nicht nur Papier, sondern ist geleitet von bestimmten Grundsätzen und erweist sich für eine sinnvolle und effektive Ausbildung als ausgesprochen hinderlich. In den Diskussionen der Fachgremien heißt es immer wieder, sie gehe vom Leitbild des “Allrounders” aus, in Wirklichkeit liegt ihr das Ideal des klassischen Möbelschreiners zugrunde – des Möbelschreiners und Innenausbauers, der auch mal montiert, der auch mal auf den Bau geht. Dieser Vorstellung sind z. B. die überbetrieblichen Kurse untergeordnet: Maschinenkurse und Oberflächenkurse mit dem Schwerpunkt Furnieren, Beizen und Lackieren. Es wäre durchaus zu fragen, wie viel einem Betrieb, der vorrangig in der Montage sein Geld verdient, mit einem Furnierkurs gedient ist. Wäre für ihn nicht eine überbetriebliche praktische Vertiefung der Montagekenntnisse wichtiger, ergänzt mit Fragen der Sicherheitsausbildung auf dem Bau, mit Übungen zum Trockenbau und eventuell einfachen deshalb aber nichts desto trotz wichtigen Kenntnissen des richtigen Kundenkontaktes? Wäre andererseits für einen gut ausgebildeten Innenausbauer nicht ein überbetrieblicher Kurs in der CNC-Technik von großem Nutzen? Überhaupt unsere Sicherheitsausbildung durch die Holz BG: das beste Beispiel der einschnürenden Wirkung unserer Ausbildungsordnung. Die Maschinenkurse sind anerkanntermaßen gut und haben die Unfallzahlen in den Werkstätten kräftig gesenkt. Aber weil sie dem Leitbild des Möbelschreiners verpflichtet sind, sind sie auf die Werkstatt, auf den Maschinenraum beschränkt. Schauen Sie sich die vorliegenden Unfallzahlen der Holz BG an, dann sehen Sie, dass der Unfallschwerpunkt mit den schwersten Unfällen in den Kursen der BG gar nicht auftaucht: Es handelt sich um Leiter-Unfälle, d. h. es sind die Arbeiten auf dem Bau, die auch sicherheitsmäßig in der Ausbildung unter den Tisch fallen.
Mit einem Wort: Bilden wir einen großen Teil unserer Lehrlinge falsch aus? Falsch, weil sie für ein Berufsbild vorbereitet werden, das in weiten Teilen nicht mehr dem entspricht, was in vielen Betrieben praktiziert wird? Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass z. B. in der Schweiz die Ausbildung anders organisiert ist. Nach einem Jahr gemeinsamer Grundausbildung spezialisiert sich der Ausbildungsgang einmal in Bauschreiner und zum anderen in Möbelschreiner mit jeweils eigenen Schwerpunkten. Der Nut-
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