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Topklima – für Schimmelpilze

Gutachterfälle im Zeitalter energiesparender Bauweisen
Topklima – für Schimmelpilze

Die Schimmelpilzproblematik hat es im Bauwesen schon immer gegeben. Doch eine ständig zunehmende Anzahl von Problemfällen und Prozessen muss zu denken geben. Die lapidare Aussage: „Schimmel vermeiden mit richtigem Heizen und Lüften“ stimmt so längst nicht mehr. Jedes Erscheinungsbild von Schimmelpilz muss auf Ursachen speziell analysiert werden. Der Autor zeigt Beispiele aus seiner Gutachtertätigkeit und gibt Tipps für Gegenmaßnahmen sowie zur Vorsorge, damit der Leser diese Mängel vermeiden kann.

Seit der Inkraftsetzung des Energieeinsparungsgesetzes im Jahr 1976 und der Einführung der 1. Wärmeschutzverordnung 1977 gab es mehrere Stufen beim energiesparenden Bauen, die schließlich in der vierten Stufe mit der EnEV ihren vorläufigen Höhepunkt nahm. Gegenüber so genannten Altbauten, die vor dieser Zeit errichtet wurden, hat sich der mittlere Energiebedarf zwischenzeitlich um bis zu drei viertel reduziert.

Derartige Zahlen stellen ein nüchternes Gerippe dar. Die tägliche Praxis ist jedoch angefüllt mit Problemen und Streitigkeiten über die Umsetzung im Detail. Wenn es in der Anfangszeit noch um so einfache Dinge ging wie Ersatz von Einfachverglasungen durch Doppelverglasungen oder einige Zentimeter mehr Wärmedämmung, so werden heute regelrechte U-Wert-Schlachten im Nachkommastellenbereich geführt. Mit dem zwischenzeitlich nahezu fertig gestellten Instrumentarium europäischer Prüf- und Berechnungsnormen lassen sich all diese Kämpfe mit hoher Akribie begleiten. Der Durchschnittsplaner und der Ausführende steht lange Zeit staunend am Rande dieses Geschehens. Doch der Schritt vom Beobachter zum Betroffenen ist oft sehr kurz. Einige Praxisfälle aus der Gutachtertätigkeit mögen dies verdeutlichen.
1. Beispiel: Schimmelpilz in Fensterfälzen
Erscheinungsformen zeigen die Bilder 1 und 2.
Auftreten und Erscheinungsformen: Hauptsächlich in raumseitigen – oftmals oberen – Falzzonen vor der Mittel- oder Außendichtung; besondere Schwerpunkte sind Fenster in oberen Geschossen von Gebäuden mit offenen Treppenhäusern.
Ursachen: Eindringen warmer Raumluft in Fensterfalze und Abkühlung. Anschließend Tauwasser- und Schimmelbildung. Steigender Differenzdruck in oberen Geschossen bei steigenden Temperaturdifferenzen zwischen Raum- und Außenluft.
Maßnahmen: Entlüftungsöffnungen insbesondere in oberen Geschossen ohne oder besser mit mechanischer Unterstützung.
Vorsorge: Lüftungskonzept planen, DIN 1946-6 beachten, thermische Qualität der Profile auch in den Falzen verbessern (beispielsweise Vermeidung von Kontakten zu Metallprofilen ohne thermische Trennung), Fenster mit Innenanschlagdichtungen versehen, Feuchtigkeit an Entstehungsstellen abführen.
2. Beispiel: Schimmelpilz in „kalten“ Glasvorbauten
Erscheinungsformen zeigen die Bilder 3 und 4.
Auftreten und Erscheinungsformen: Hauptsächlich an Glaskanten, Profilrändern, in Ecken und an thermisch nicht verbesserten Oberflächen (beispielsweise Metallprofile ohne thermische Trennung). Schwerpunkte bilden obere Bereiche der Konstruktionen.
Ursachen: Einströmen von Luft aus dem Wohnbereich in den unbeheizten Glasvorbau; Abkühlen der Luft an kalten Oberflächen mit der Folge von Tauwasser- und Schimmelbildung; ungenügender Luftwechsel zwischen Glasvorbau und Außenklima wegen dichter Ausführung des Glasvorbaus.
Maßnahmen: Öffnungen für ständigen natürlichen Luftwechsel herstellen; alternativ bzw. zusätzlich mechanische Unterstützung mit Steuerung durch Sensoren.
Vorsorge: Auch bei unbeheizten Glasvorbauten gedämmte bzw. thermisch verbesserte Profile einsetzen; Lüftung und gegebenenfalls Not- oder Zusatzheizung planen. Wohnräume nicht zum Glasvorbau hin öffnen, solange Glasvorbau selbst geschlossen ist.
Ermittlung „kritischer“ Oberflächentemperaturen
Bei Auftreten von Tauwasser werden vielfach Messungen und Berechnungen durchgeführt, um „kritische“ Verhältnisse aufzudecken.
Mit dem Begriff „kritisch“ muss dabei sehr vorsichtig umgegangen werden. Es entsteht der Eindruck, dass es für Oberflächentemperaturen von Fenstern oder Fassadenelementen genaue Grenztemperaturen gibt, die eingehalten und auch jederzeit nachgeprüft werden können. Nachprüfungen vor Ort werden mit Infrarotmessungen durchgeführt. Die festgestellten Oberflächentemperaturen werden dann auf ihre Zulässigkeit hin untersucht und bewertet.
3. Beispiel: Tauwasser bei einer Erkerfassade
Im vorliegenden Beispiel wurde eine Erkerfassade untersucht. Es handelt sich um die Ecke eines Erkers in Pfosten-Riegelbauweise, bei dem es auf den raumseitigen Profiloberflächen bereichsweise zu Tauwasserbildung kommt. Die thermographischen Untersuchungen ergaben an einigen Stellen so genannte kritische Temperaturen.
Bewertung der Messergebnisse: Mit Hilfe des Temperaturfaktors fRsi nach DIN 4108-2 oder mit Hilfe der spezifischen Temperaturabsenkung fs auf der Grundlage von DIN 4108-3:1981. Bei Unterschreitung des fRsi-Faktors von 0,7 oder Überschreitung des fs-Faktors von 0,31 wird dann unter Umständen ein Mangel testiert.
Man beachte allerdings: Für Fenster bzw. Fassadenelemente werden in DIN 4108-2 die verbindlichen Anforderungen auf fRsi oder fs ausdrücklich ausgenommen. Die Anforderungen beziehen sich auf Wärmebrücken aller sonstigen Arten.
Grundlage der Anforderungswerte für fRsi und fs :
Dabei sind:
si: raums. Oberflächentemp.
i : Innenlufttemperatur
e : Außenlufttemperatur
spezifische Temperaturabsenkung fs:
Für fRsi werden eine Außentemperatur von –5 °C, eine Innentemperatur von 20 °C und ein innerer Wärmeübergangswiderstand Rsi von 0,25 m²K/W zugrunde gelegt.
Für fs werden eine Außentemperatur von –15 °C, eine Innentemperatur von 20 °C und ein Wärmeübergangswiderstand Rsi von 0,13 m²K/W in Ansatz gebracht.
Istwert/Sollwert Vergleich:
Im konkreten Fall betragen die Temperaturen (Istwerte):
i = 19,4 °C
e = 3 °C
si = 11,1 °C bis 12,5 °C
Die Sollwerte würden bei Zugrundelegung von fRsi betragen:
si = fRsi (si = fRsi (i – i – e) + qe
si = 0,7 (19,4 – 3) + 3
si = 14,48 °C
Bei Zugrundelegung von fs:
si = si = i – fs (i – fs (i – i – e)
si = 19,4 – 0,31 (19,4 – 3)
si = 14,3 °C
Die Ergebnisse sind also nahezu identisch. Die Istwerte weichen von den Sollwerten um bis zu 3,3 °C ab.
Bewertung der Ergebnisse: Die Messergebnisse haben einen informativen, jedoch keinen baurechtlich-normativen Charakter.
Dafür müssten zum einen Anforderungswerte an Oberflächentemperaturen bzw. an fRsi- oder fs-Werte bei Fenstern/Fassaden und Nachweismessverfahren wie beispielsweise DIN EN 13187 gegebenenfalls mit Anerkennung von Prüfstellen existieren.
Empfehlungen – Ausblick
Das Oberflächentemperaturverhalten von Fenstern und Fassaden wird als Qualitätskriterium neben den Wärmedurchgangseigenschaften immer wichtiger.
Die zurzeit den technischen Regeln entsprechenden Konstruktionen lassen es zwar nicht zu, die Anforderungen an den Temperaturfaktor fRsi einfach auch für diese Bauteile zu übernehmen.
Unabhängig davon muss bei Weiterentwicklungen das Oberflächentemperaturverhalten sehr viel stärker beachtet werden als bisher. Die Zukunft gehört Konstruktionen, die den Anforderungen an fRsi bzw. fs möglichst nahe kommen. Es ist nicht auszuschließen, dass künftig auch entsprechende Anforderungen an Fenster formuliert werden.
Dennoch: Die Nachweise müssen auf Grundlage eindeutiger Regeln geführt werden. Hierfür bieten sich Berechnungen auf Basis von DIN EN ISO 10077-2 an.
Thermographische Messungen am Bau können zur Schwachstellenanalyse dienen. Eine Ermittlung von Absolut-Temperaturwerten und eine daraus abgeleitete Aussage über Verstöße gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik muss jedoch sehr intensiv hinterfragt werden.
Trotz fehlender, baurechtlich normativer Anforderungen ist das Tauwasserverhalten ein ganz wichtiges Qualitätskriterium. Die Hinweise in DIN 4108-2 auf DIN EN ISO 13788 sind eine kleine Hilfestellung, jedoch keine Lösung. Zufriedenstellende Lösungen können nur darin bestehen, Anforderungen klar zu formulieren und mit verbindlichen Regelwerken, insbesondere mit DIN EN ISO 10077-2, Nachweisberechnungen durchzuführen.
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