Über den Dächern von Nizza

„Villa zu mieten“ – die Beschreibung ist zurückhaltend, sachlich: „Moderne, neu gebaute Villa, vier Schlafzimmer/Bäder, zwei Wohnzimmer, offene Küche, Bar.“ Manchmal unterbricht ein Ausrufezeichen das diskrete Understatement: „ Panoramablick von nahezu überall im Haus!“ Das Auge mag schweifen von Saint-Jean-Cap-Ferrat bis zum Cap D’Antibes. Die Villa befindet sich oberhalb von Villefranche sur Mer zwischen Nizza und Monaco, direkt an der Côte d’Azur. „Die Villa liegt in einem privaten, speziell gesicherten Gebiet und verfügt zusätzlich über eigene Alarmvorrichtungen.“

Wenn man auf die Preisliste schaut, erhält man eine Ahnung von der Noblesse, die sich hinter dem unauffälligen Satz „Villa zu mieten“ verbirgt. 1800 Euro kostet das Anwesen pro Tag in der Hauptsaison, in der Nebensaison sind es immer noch schlappe 500 Euro. Das gesamte Spektrum des Angebotes eröffnet sich in der Fotoshow im Internet. Hier erhält der Betrachter einen detaillierten Einblick in das Innenleben und einen Ausblick auf die Außenanlagen der Villa mit Terrasse und Pool.

Die Inneneinrichtung ist vom Feinsten: Die Villa verfügt über ein großzügiges Wohnzimmer mit offener Küchenzeile, ein Premium-Doppelzimmer mit exzellenter Ausstattung, drei Doppelzimmer mit angegliedertem Bad und Toilette. Von der im Boden eingelassenen Badewanne kann der Blick auf der Bucht von Villefranche verweilen. Homecinema, Hi-Fi Dolby Surround – alles ist drin. Die Innenausstattung entwarfen die Bauherren, ein innenarchitektonisch versiertes, deutsch-französisches Ehepaar, in Absprache mit Tischlermeister Andreas Resch. Innerhalb von acht Wochen wurde die komplette Einrichtung in der Tischlerei Resch im hessischen Babenhausen gefertigt, von einer Spedition abgeholt und nach Nizza gefahren.

Anfang 2006 hatte die Tischlerei Resch Innenausbau die Anfrage bekommen, ob sie auch einen Auftrag in Nizza durchführen würde. Da man soeben die Ausbauarbeiten eines Hauses am Genfer See beendet hatte, war die Entscheidung für das Frankreich-Projekt schnell gefallen. Im Herbst 2006 fand der erste Ortstermin mit den Bauherren statt, um Details zu besprechen. Zu diesem Zeitpunkt war der Rohbau schon recht weit fortgeschritten. Farb- und Holzmuster wurden erstellt, um das Farbkonzept genau festlegen zu können. Die Wahl fiel auf Eiche quer furniert, in Mocca gebeizt und stumpfmatt lackiert. Dazu Hochglanzlackflächen in den Farben Weiß und Grün.

Im Frühjahr 2007 wurde das erste Aufmaß genommen. Jetzt konnte die Phase der genauen Detailplanung beginnen. Tischlermeister Andreas Resch erstellte die gesamte Fertigungs- und Ablaufplanung. Für das letzte Aufmaß war dann noch einmal ein Flug nach Nizza notwendig.

Der Innenausbau umfasste den Eingangsbereich mit Küche, den Wohnbereich, die Schlafzimmer und Bäder, die Treppe mit Handlauf, alle Türen inklusive Haustür, sowie die Poolküche mit Lounge und die Pergola.

Die Türelemente und Schiebetüren wurden raumhoch mit Blockfutter in der Werkstatt gefertigt. Der Wandanschluss der Blockzarge wurde mit einer Schattenfuge versehen. Darüber hinaus war es Tischlermeister Andreas Resch aus gestalterischen Gründen wichtig, Tectusbänder und flächenbündige Drückerrosetten zu verwenden. Die Schiebetüren laufen komplett in Wandtaschen, die Führungsschienen wurden flächenbündig eingebaut.

Auch bei der Einrichtung wurde die flächenbündige Linie eingehalten, bei den Küchen kam der Schubkastenantrieb Servo-Drive von Blum zum Einsatz, alle Schranktüren wurden mit Push-Beschlägen ausgerüstet, oder es wurde eine Griffmulde ausgeführt.

Die Bauherren planten die Küche so, dass sie vom Wohnbereich aus betrachtet wie eine Bar wirkte. Deshalb wurde eine versenkbare Dunstabzugshaube und ein flächenbündiges Kochfeld eingebaut. Die Bar-Stimmung kann durch eine farbige Beleuchtung hervorgerufen werden, die hinter die Verglasung unter und oberhalb der in weißem Hochglanz lackierten Hängeschränke montiert wurde. Die Küchenschrankwand hat eine Gesamtlänge von über sieben Metern. Da sie schräg zur Hauswand angeordnet ist, wurde der Raumgrundriss wieder rechteckig. Hinter den Hängeschränken entstand so noch ein Abstellraum. Die Tür des Gäste-WCs mit Wandverkleidung und die Tür zum Abstellraum gliedern sich ebenfalls in die Küchenwand ein. In der Konstruktion verbirgt sich auch die Klimaanlage für den Wohnbereich.

Der „Master-Bedroom“ und das Bad werden durch eine Schrankwand getrennt. Die Bettrückwand ist mit Leder gepolstert. Die raumhohen Schränke sorgen für ausreichend Stauraum. Die Wandspiegel schaffen einen großzügigen Raumeindruck. Mittels einer Spiegelschiebetür kann das Bad auf Wunsch komplett geschlossen werden.

Das Stahlprofil der Treppe wurde an die Wand montiert und mit Eiche verkleidet. Der in weißem Hochglanz lackierte Handlauf ist flächenbündig in die Wand eingelassen. Eine indirekte Beleuchtung im Handlauf weist den Weg.

Unter der Treppe wurde ein Low-Board in grünem Hochglanz positioniert, der Deckel lässt sich wie ein Kofferraumdeckel öffnen, um die Kissen der Poolliegen verschwinden zu lassen.

Im Untergeschoss befinden sich zwei Gästezimmer, hier wurden Bad und Schlafen in einem Raum untergebracht. Die Trennung erfolgt durch eine 1,2 m hohe Wandscheibe mit einem aufgesetzten Paneel. Auf der Bettseite ist die Glasscheibe demontierbar, z. B. um Fotos einzulegen. In die Rückseite wurde ein Spiegel eingelegt. Der Kleiderschrank verbirgt sich hinter einem raumhohen Spiegel.

Zusätzlich ist im Untergeschoss eine komplette Gästewohnung untergebracht. Hier wurde in die Wohnmöblierung eine kleine Küche untergebracht, ohne dass dies auf den ersten Blick zu erkennen ist. In den halbhohen Schränken in weißem Hochglanz wurden Geschirrspüler, Kühlschrank und Kombi-Backofen integriert. In die Corianplatte des Arbeitsblocks wurde ein Spülbecken eingearbeitet, die Mischbatterie ist teilweise versenkbar. Für die Schubkästen kamen wieder Servo-Drive Beschläge von Blum zum Einsatz.

Die besondere Herausforderung für die Werkstatt bestand darin, alle Möbel und Zubehörteile zum Verladetag fertig zu stellen, trotz mehrerer kurzfristiger Maßänderungen von Seiten der französischen Handwerker. Alleine für das Einladen in den Lkw wurden fünf Stunden benötigt, da der Platz auf dem Lkw knapp bemessen war und nichts verrutschen durfte. Ein Montageteam machte sich parallel dazu mit einem Transporter auf den Weg. Eigentlich sollte die Montage während eines einzigen Einsatzes abgewickelt werden, was Dank der exakten Fertigungs- und Ablaufplanung von Andreas Resch durchaus möglich gewesen wäre. Jedoch waren die Gewerke vor Ort nicht im Zeitplan geblieben, weshalb ein zweiter Einsatz nötig wurde.

Die Bauherren waren hochzufrieden. Und schon während der Montage schaute sich ein dänischer Interessent den Innenausbau an. Er plant eine Villa in Cannes … ■

Entwurf und Fertigung:

Resch Innenausbau

64832 Babenhausen

Fotos: Andreas Resch