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Weniger ist mehr

Formaldehydharze in der Diskussion
Weniger ist mehr

Formaldehydemissionen sind seit Jahren Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Das betrifft die bei der Klebstoffherstellung und -verarbeitung anfallenden Emissionen sowie auch die nachträgliche Freisetzung aus geklebten Holzprodukten. Dieser Beitrag zeigt, dass es für verschiedene Anwendungen inzwischen durchaus sehr gute technische Alternativen zu UF-Harzleimen gibt.

Formaldehydemissionen sind schon seit vielen Jahren Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Dabei betrachtet man nicht nur die bei der Klebstoffherstellung und -verarbeitung anfallenden Emissionen, sondern auch die nachträgliche Freisetzung aus geklebten Holzprodukten. Nach wie vor gehören Harnstoff-Formaldehyd-Harzleime (UF-Harze) bei der Herstellung von Holzformteilen und der Klebung von Furnieren zu den am häufigsten eingesetzten Produkten. Seit Anfang der 80er Jahre haben die Rohstoffindustrie und die Klebstoffhersteller durch Weiterentwicklung ihrer Klebstoffe und Bindemittelsysteme die Formaldehydemission um bis zu 90 Prozent senken können.

Anlass der jüngsten Diskussionen ist die aktuelle Formaldehyd-Einstufung der EU als Stoff mit Verdacht auf Krebs erzeugende Wirkung (Kategorie 3) mit folgender Kennzeichnung:
  • Haut sensibilisierend (R43)
  • Ätzend (C und R34)
  • Giftig (T; R23/24/25)
  • Verdacht auf Krebs erzeugende Wirkung (R40).
Die WHO (World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation) geht sogar noch einen Schritt weiter und empfiehlt eine Einstufung von Formaldehyd in die Kategorie 1 (nachweislich humankanzerogen), womit eine Kennzeichnung mit R49 „Kann beim Einatmen Krebs erzeugen“ erforderlich wäre.
Es gibt aber auch Studien, die zu anderen Ergebnissen kommen und die Krebs erzeugende Wirkung von Formaldehyd beim Menschen widerlegen.
Wie auch immer, diese vielfältigen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, so dass eine endgültige Beurteilung des Gefährdungspotenziales von Formaldehyd heute noch nicht abgegeben werden kann.
Zunehmend unbedenkliche Alternativen gefordert
Einige Länder, beispielsweise Frankreich, haben bereits Maßnahmen implementiert und Formaldehyd so eingestuft, als ob es beim Menschen Krebs erzeugend wäre. Daraus ergeben sich ein absolutes Verwendungsverbot von Formaldehyd sowie auch eine Verpflichtung zu deren Substitution.
Nicht nur global agierende Möbelkonzerne, sondern auch die unterschiedlichen Zulieferanten versuchen daher bereits jetzt, eine Senkung bzw. Vermeidung von Formaldehydemissionen zu erreichen.
Die Holzwerkstoffindustrie bietet bereits Spanplatten mit deutlich niedrigeren Formaldehyd-Emissionswerten an. Allerdings bestehen fertige Möbelstücke nicht nur aus einer Spanplatte. In der Möbelfertigung gibt es noch viele weitere Arbeitsschritte, in denen beschichtet und geklebt wird. Hier bieten innovative, formaldehydfreie Klebstoffe technische Vorteile.
Die Vernetzung von UF-Harzen führt unter Abspaltung von Wasser zu einem duroplastischen, spröden Polymer. Diese chemische Reaktion ist aber eine Gleichgewichtsreaktion. Das heißt, wenn das ausgehärtete Harz die Möglichkeit hat Feuchtigkeit aufzunehmen, findet die Umkehrreaktion statt und Formaldehyd wird freigesetzt – eine potenzielle Emissionsquelle für Formaldehyd.
Die ausgeprägte Sprödigkeit der UF-Harze ist bei vielen Anwendungen nachteilig. Durch Zumischung von bis zu 30 Prozent PVAc-Dispersion werden die Harnstoffharzleime häufig elastifiziert.
Für den Klebstoffchemiker ist es also naheliegend, den umgekehrten Weg zu beschreiten und Dispersionsklebstoffe chemisch so zu modifizieren, dass die Formaldehydharze substituiert werden. In Bezug auf Formaldehydemission sind wässrige Dispersionsklebstoffe als unkritisch zu bewerten, denn im Herstellungsprozess wird üblicherweise kein Formaldehyd eingesetzt.
Alternative Klebstoffe zu UF-Harzleimen
Speziell entwickelte reaktive PVAc-Dispersionen sind für verschiedene Anwendungen sehr gute technische Alternativen zu den weit verbreiteten UF-Harzleimen und zum Teil bereits heute im Einsatz. Durch den Einbau von Vernetzungspunkten (reaktiven Gruppen) in die Polymerketten werden diese chemisch miteinander verknüpft. Diese reaktiven PVAc-Dispersionen (auch als D3- und D4-Klebstoffe bezeichnet) zeigen eine wesentliche Verbesserung in der Wasser- und Wärmebeständigkeit.
Setzt man speziellen reaktiven PVAc-Dispersionen entsprechende Isocyanathärter zu, dann lassen sich die klebtechnischen Eigenschaften noch weiter steigern. Derartige Systeme bezeichnet man dann als EPI- (Emulsion Polymer Isocyanate) Klebstoffe. Durch die Zugabe des Isocyanathärters werden zusätzliche Polymerbrücken gebildet:
Zum einen findet eine Reaktion zum Polyurethan statt, zum anderen findet eine Reaktion zwischen Isocyanat und Wasser zu Polyharnstoff statt. Das Polyurethan-Netzwerk ist eher flexibel, das Polyharnstoff-Netzwerk eher hart und spröde. Insgesamt entsteht durch beide Polymerreaktionen eine so hohe Netzwerkdichte, dass ein besonders wasserfester und wärmebeständiger Klebstoff entsteht. Die Härte des EPI-Klebstoffes lässt sich durch die Einarbeitung von Funktionalstoffen einstellen.
Es geht auch ohne: Beispiele aus der Praxis
Nachfolgend werden einige Anwendungsbeispiele aufgezeigt, wie innovative, formaldehydfreie Klebstoffe des Klebstoffherstellers Jowat den Einsatz von UF-Harzen überflüssig machen.
Folienkaschierung: UF-Harzleime, mit denen Dekorpapierfolien und CPL kaschiert werden, können durch Jowacoll 103.30 auf klassischen Thermokaschieranlagen direkt ausgetauscht werden. Dieser sehr schnelle D3-Leim eignet sich sowohl für Heißkaschierungen mit Walzentemperaturen von ca. 180 °C, der Warmkaschierung (bei 40–50 °C) als auch für die Kaltkaschierung (bei Raumtemperatur). Durch die hohe Wärmebeständigkeit des Klebstoffes ist ein anschließendes Postformen der Beschichtungen im klassischen oder im Direktpostforming-Verfahren kein Problem.
Furnierarbeiten: Im Bereich der Furnierverarbeitung hat es in den letzten Jahren geradezu revolutionäre Veränderungen der Klebstoffe gegeben. Auf Basis einer neuen D3-Technologie wurden pH-neutrale Dispersionsklebstoffe entwickelt. Sehr universell einsetzbar ist Jowacoll 103.70. Die wichtigsten Vorteile für die Furnierverarbeitung ergeben sich aus dem neutralen pH-Wert und der guten Wärmereaktivierbarkeit.
Furnierverfärbungen sind durch die pH-neutrale Einstellung praktisch kein Thema mehr. Besonders anfällige Holzarten wie Kirsche oder Ahorn, die beim Einsatz saurer Dispersionen zu Rotverfärbungen neigen, können nun auch gefahrlos furniert oder zu Ummantelungsfurnieren oder Mehrschichtkanten verarbeitet werden.
Die blauschwarze Verfärbung der Eiche ist ausschließlich auf das Vorhandensein von Eisenionen zurückzuführen. Diese kommen meist aus Anlagenteilen, die aus einfachem Stahl gefertigt sind und mit dem Klebstoff in Berührung kommen. Das lässt sich auch bei der Verwendung von pH-neutralen Klebstoffen nicht ganz vermeiden, allerdings ist die Aggressivität des Klebstoffes gegenüber Stahl sehr gering. Der pH-neutrale Klebstoff löst weniger Eisenionen aus Stahl als eine saure Dispersion oder gar ein UF-Harz. Reicht die Anfangsfestigkeit von Jowacoll 103.70 für das normale Beschichten mit Furnieren aus, so kann bei sehr schnellen Durchlaufprozessen mit höheren Temperaturen das thermoplastische Verhalten zu Schwierigkeiten führen.
Abhilfe schafft hier der EPI-Klebstoff Jowacoll 102.49 mit dem Härter 195.60. Mit diesem Produkt werden sehr kurze Presszeiten von beispielsweise 16 Sekunden bei 130 °C realisiert.
Um die gleichen Parameter mit einem Harnstoff-Formaldehydharz erreichen zu können, müsste ein sehr reaktives System mit extrem kurzer Topfzeit gewählt werden. Bei derart schnellen Systemen stellt sich allerdings die Frage, ob in der kurzen Reaktionszeit das freie Formaldehyd vollständig abreagiert und eine konsequente Einhaltung der Emissionswerte gewährleistet ist.
Leimholzplatten und Sperrholz: Restwärme in der Leimfuge kann nach dem Entspannen der Teile insbesondere bei Harthölzern wie Buche und Eiche zu Fugenöffnungen an den Stirnenden der Platten führen. Hier hat sich der reaktive Hochfrequenzklebstoff Jowacoll 102.80 seit Jahren bewährt. Die sehr hohe Anfangsfestigkeit dieses Klebstoffes im warmen Zustand ist verantwortlich dafür, dass die Fugen geschlossen bleiben. Harnstoff-Formaldehydharzleime finden hier keine technische Rechtfertigung.
Ähnlich ist es in der Sperrholzproduktion. Sicherlich werden immer noch die meisten Sperrhölzer mit Harnstoff-Formaldehydharzen geklebt. Jedoch beginnt auch hier ein Umdenkprozess.
Selbst poröse und saugfähige Furniere können mit Jowacoll 102.27 und Härter 195.35, einem zweikomponentigen D4-Klebstoff mit einer langen Offenen Zeit, in Mehretagenpressen innerhalb einer Beschickungszeit von 10 Minuten verarbeitet werden. Die so verleimten Sperrholzplatten erreichen die Anforderungen der AW-Prüfung nach DIN 68705 und können nicht nur in den Bereichen Innenausbau und Möbelbau, sondern darüber hinaus auch als Haustürrohlinge eingesetzt werden.
Formverleimungen: Die Formteilherstellung ist in den letzten Jahrzehnten eine Domäne der UF-Harzleime gewesen. Wegen der hohen Steifigkeit und dem Ausreagieren in der Presse eignen diese sich gut, um Formteile mit entsprechender Formtreue und Formstabilität herzustellen.
Eine sehr gute Möglichkeit Formteile Formaldehydfrei zu kleben bieten die einkomponentigen, feuchtigkeitsreaktiven Polyurethan-Prepolymerklebstoffe. Mit den langen Offenen Zeiten drängt sich dieser Klebstofftyp geradezu für komplizierte und große Teile auf, die entsprechend lange Zeit benötigen, um in der Form gespannt zu werden. Daher werden sie auch im Leimholzbau eingesetzt, was nichts anderes als Formteilherstellung im Großformat ist. Für kleine Möbelteile werden die PUR-Prepos hauptsächlich im Handwerk eingesetzt. Der weit verbreitete Walzenauftrag (kritisch für feuchtigkeitsreaktive Systeme) in der Möbelindustrie hat bisher den Einzug dieser Produkte in der Möbelfertigung verhindert.
Um den hohen Ansprüchen von formstabilen und belastbaren Möbelbauteilen gerecht zu werden und eine industrielle Fertigung ähnlich der Fertigung mit UF-Harzen zu ermöglichen, bieten sich EPI-Klebstoffe an. Die erste Möbelfertigung in Kleinserie wurde bereits vor Jahren auf den EPI-Klebstoff Jowacoll 102.49 mit Härter 195.60 umgestellt.
Als entscheidender Vorteil hat sich in dieser Fertigungsweise die optimale Abstimmung zwischen Topf-, Walzenlauf- und Presszeit herausgestellt. Bei dem vorher eingesetzten Harnstoff-Formaldehydharz war eine Presszeit von 20 min notwendig. Die Vorbereitung der Teile nimmt jedoch lediglich 10 min in Anspruch und die Walzenlaufzeit des eingesetzten schnellen UF-Harzes reichte nicht aus, die 20 min zu überbrücken. Mit Jowacoll 102.49 und Härter 195.60 konnte die Presszeit auf 10 min reduziert werden, was eine durchgehende Fertigung ohne Wartezeiten und zwischenzeitliche Walzenreinigung zur Folge hatte. ■
Jowat AG
32758 Detmold
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