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Wer ist Susanne?

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Wer ist Susanne?

Eine Kinderstimme meldet sich am Telefon. „Ist Deine Mutter da?“ frage ich ins Blaue hinein. Kurz darauf ist sie am Apparat: „Sökeland.“ „Entschuldigen Sie die Störung, sind Sie DIE SUSANNE? Die Susanne aus der Altendorf-Anzeige?“ Ein lautes Lachen ertönt am anderen Ende. „Ja, genau, das bin ich.“

Das Lachen bleibt. Susanne Sökeland hat es nicht verlernt, auch wenn das Leben als Betriebsinhaberin, alleinerziehende Mutter und Innungsobermeisterin mit ihr nicht immer sanft umgeht. Reizvoll und spannend, aber auch anstrengend und zeitraubend sei es, Unternehmerin zu sein, sagt die 36jährige.

Nach der Tischlerlehre und dem Innenarchitektur-Studium trat sie 1991 als Betriebsleiterin in den Betrieb ihres Vaters ein – in die Tischlerei Werner Döring,Innen- und Objekteinrichtung, Osnabrück. Eigentlich wollte sie alles anders machen, sich nicht von der Kräfte zehrenden Tretmühle vereinnahmen lassen, die sie schon seit ihrer Kinderzeit Tag für Tag miterlebt hatte.
Ansprüche senken, neu organisieren
„Mein Vater arbeitete sieben Tage die Woche, wenn ich im Sommer mit meiner Mutter an die See fuhr, kam er höchstens am Wochenende nach. Er war morgens der erste, der in der Werkstatt stand, und abends der letzte, der ging.“ Doch ehe sie sich versah, war sie mitten drin im Alltagstrubel. „Mein Papa…,“ sagt sie und ein bisschen schimmert noch das Mädchen durch, das sie einmal war, Vaters Tochter, das einzige Kind. „Mein Papa hat morgens die Truppe in Empfang genommen.“ Anfänglich hatte sie den Anspruch, es genauso zu machen und stand morgens mit dem Säugling unterm Arm in der Werkstatt. „Ich bin ein Morgenmensch und morgens am leistungsfähigsten.“ Aber sie musste lernen, dass es so auf Dauer nicht geht. Das Kind forderte sein Recht. Susanne Sökelands Tag fängt um halb sechs an: Erst ist sie selbst an der Reihe, dann das Kind, dann der Haushalt. Im Büro steht sie um acht Uhr. „In der Branche ist es üblich, um sieben Uhr anzufangen, aber es geht auch anders. Meine Mitarbeiter werden umfassend informiert, ich delegiere viel und gebe ganze Projekte ab.“ In dringenden Fällen gibt es jedoch immer die Option, früher ansprechbar zu sein: Wohnung, Büro und Werkstatt befinden sich unter einem Dach. „Ich bin froh, dass ich hier wohne, alles andere wäre ungleich komplizierter. Henning, mein Sohn, lag als Säugling neben mir im Büro und auch heute noch bin ich für ihn fast immer erreichbar. Wenn er hinfällt, bin ich mit Pflaster zur Stelle, wenn ich Lust habe, mit ihm ins Schwimmbad zu gehen, kann ich das tun. Verantworten muss ich meine Zeit-einteilung nur vor mir selber.“
Kein Halbtagsjob
Sie runzelt die Stirn: „Gleich-zeitig Mutter und Unternehmerin zu sein, ist aber dennoch ausgesprochen schwierig. Immer wird von beiden Seiten die volle Leistung abgefragt. Das Kind sollte eigentlich der Mittelpunkt im Leben einer Mutter sein, aber der Betrieb fordert auch sein Recht – schließlich ist er meine Existenzgrundlage. Und Unternehmerin zu sein, ist kein Halbtagsjob.“
Für sie selbst bleibt wenig Zeit. Persönliche Interessen stehen bei Susanne Sökeland hinten an. Reiten würde sie gerne wieder. „Ich bin ein Pferdenarr und hatte seit meinem 14. Lebensjahr immer ein Pferd.“ Als sie im Jahr 1993 das Kind bekam, hörte sie auf zu reiten und seit sie 1996 den elterlichen Betrieb komplett übernommen hat, ist an ein Pferd nicht mehr zu denken. „Aber irgendwann möchte ich den Freiraum schon wieder haben,“ sagt sie und hebt gleichzeitig ein wenig matt die Schultern. Wann sie wieder die Zeit für solch ein zeitraubendes Hobby hat, steht in den Sternen.
Auf zu neuen Ufern
Gerade ist anderes wichtiger. Die Kooperation beispielsweise: Seit Juni diesen Jahres arbeitet sie eng mit einer Tischlerei in der Nähe zusammen. Die Inhaberin des anderen Betriebes kennt Susanne Sökeland seit fast zehn Jahren. „Wir sind schon lange befreundet, aber den Schritt der Zusammenarbeit haben wir bisher nicht gewagt. Im Tischlerhandwerk sind Zusammenschlüsse noch nicht üblich, andere Branchen sind da weit voraus. Oft werden Kooperationen als Zugeständnis oder gar Nieder-lage aufgefasst, wenige wollen von ihrer Entscheidungskompetenz die Hälfte abgeben. Für viele bedeutet es, ein Stück Freiheit einzubüßen. Ich aber freue mich darauf, die Verantwortung zu teilen und Unterstützung dazu zu bekommen. Letztendlich erhoffe ich mir mehr Freiräume.“
Im Prinzip bleiben die Betriebe eigenständig: Die Auftrags-aquise und die Arbeitsvorbereitung führt jede der beiden Unternehmerinnen immer noch auf eigene Faust durch. Die Produktion jedoch ist zusammengelegt worden: Die gesamte Plattenbearbeitung erfolgt im anderen Betrieb, die Massivholz- und Oberflächenbearbeitung in Susanne Sökelands Werkstatt. Und auch die Mitarbeiter müssen sich künftig daran gewöhnen, an zwei Standorten je nach Bedarf hier oder dort zu arbeiten. „Mitarbeiter sind wir jetzt insgesamt…“ Susanne Sökeland rechnet kurz nach. „ … zwanzig: Wir, die beiden Inhaberinnen, drei Tischlermeister, von denen einer ebenfalls beteiligt und als Betriebsleiter verantwortlich ist, neun Facharbeiter, zwei Hilfskräfte und vier Azubis.“
In der Werkstatt ist nun, Ende Juni, alles im Umbruch. „Da unten tobt das Chaos, die Kantenanleimmaschine und der Doppelendprofiler sind schon nicht mehr hier,“ entschuldigt sie die Unordnung, als ich vom Büro aus einen verstohlenen Blick durch ein Fenster hinunter in die Werkstatt werfe. Kahle Flächen, Kartons, Kabel, Staub, dazwischen Hordenwagen mit Werkstücken, dann wieder eine ganz neue Breitbandschleif-maschine – als einzige in Betrieb – einige Standardmaschinen – an diesem Tage alle verwaist. Die Mitarbeiter sind zur Zeit entweder auf Montage oder sie arbeiten schon im Partnerbetrieb. „Ob sich das Hin und Her des Transportes rechnet, wird sich mit der Zeit zeigen. Wir sind erst in der Erprobungsphase und werden sicherlich Lehrgeld zahlen müssen.“ Sie zuckt die Schultern. „Aber langfristig werden wir flexibler und unabhängiger, wenn wir die Berge von Investitionen auf mehrere Schultern verteilen und die vorhandenen Kapazitäten gemeinsam nutzen.“ In ihrem Betrieb standen Investitionen im CNC-Bereich ins Haus, sie aber hatte erst vor wenigen Jahren eine teure Reparatur des Flachdaches vorgezogen: „Das Tropfen von der Decke gab der Werkstatt einen Tropfsteinhöhlen-Charakter. Die Entscheidung zur Reparatur habe ich aus dem Bauch heraus gefällt. Vielleicht hätte ich aus betriebswirtschaft-licher Sicht noch eine Weile mit den Eimern leben und in den Maschinenpark investieren sollen.“
Im Dialog mit Kollegen
Von der betriebswirtschaftlichen Seite fehle ihr noch einiges, gibt sie zu, obwohl sie den betriebswirtschaftlichen Teil der Meisterprüfung absolviert hat. „Was da gelehrt wird, ist nicht ausreichend, um wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen.“ Hier kommen ihr die Kontakte, die sie als Obermeisterin der Tischler-innung Osnabrück hat sehr zupass. Die Möglichkeit, sich mit Kollegen auszutauschen hält sie für ausgesprochen wichtig. „Natürlich gibt es die Möglichkeit, sich beraten zu lassen, aber die Notwendigkeit muss man erst einmal erkennen.“
Ein Betrieb mit Tradition
Ob sie nie daran gedacht habe, irgendwo als Angestellte zu arbeiten? „Naja,“ gibt sie zu. „Während des Studiums habe ich mir schon überlegt, ob ich in den Betrieb zurück will, ob ein Angestelltenverhältnis nicht bequemer wäre – geregelte Arbeitszeiten, sicheres Einkommen. Mein Vater hat sich immer etwas Geordnetes für mich gewünscht, Lehrerin zum Beispiel. Er hat mich nie gedrängt, die Nachfolge anzutreten, aber letztendlich war er natürlich schon sehr froh, dass seine Lebensaufgabe fortgesetzt wird.“
Innen- und Objekteinrichtung, damit hatte sich Werner Döring, Susanne Sökelands Vater, am Markt etabliert. Er übernahm die 1923 von seinem Vater gegründete Tischlerei in den 60er Jahren und formte sie zu einem modernen, mittelständischen Unternehmen.
Früh übt sich
Susanne Sökeland war schon in Kindertagen häufig in der Werkstatt zu finden. „Ich bin als Dötz hier herum gestapft und habe Schrauben angezogen.“ Später war sie auf Montagen dabei; im Team zu arbeiten, hat ihr Spaß gemacht. Die Schule dagegen weniger: „Gegen Ende derGymnasialzeit hatte ich von der Schule die Nase gestrichen voll. Studieren kam überhaupt nicht in Frage, ich wollte etwas Prak-tisches machen und folglich habe ich mir eine Lehrstelle in einer Tischlerei besorgt. In einem anderen Betrieb hoffte ich, andere Vorgehensweisen und neue Arbeitsmethoden kennen zu lernen.“ Die Lehre hat ihr viel an persönlicher Bestätigung gebracht, schon bald stellten sich Erfolgserlebnisse ein und am Schluss war sie Innungsbeste.
Susanne Sökeland hatte sich schon früh zum Ziel gesetzt, den väterlichen Betrieb zu übernehmen. „Mein Kindheitstraum war es, etwas mit Pferden zu machen, aber den Gedanken gab ich schon bald auf, weil das niemals eine sichere Existenzgrundlage hätte sein können.“ Ihr Ausbilder legte ihr nahe, Innenarchitektur zu studieren. Im Allgemeinen war sie zwar am technischen Zweig mehr interessiert als am Gestalterischen, aber sie ließ sich überzeugen. Und jetzt profitiert sie davon: Es biete eine solide Basis für gestalterische Konzepte und Problemlösungen und erleichtere den Kontakt zu Architekten und Kunden ungemein. „Natürlich ist es nicht so, dass ich die Studieninhalte hier im Unternehmen 1:1 umsetzen kann, dazu stecke ich auch viel zu tief im Alltagstrubel.“ Im letzten Jahr konnte sie bei drei, vier größeren Aufträgen eigene Ideen verwirklichen. Das tägliche Brot sind Ausschreibungen und Architektenvorgaben. „Zu mehr fehlt mir einfach die Zeit. Mein Arbeitsalltag ist so zerrupft. Ganz für meine geschäftliche Arbeit habe ich nur die vier Stunden am Vormittag, wenn Henning in der Schule ist, nur dann kann ich Termine wahrnehmen. Nachmittags, wenn er zu Haus ist, ist es zu unruhig. „Das Kind ist jetzt sieben. Wenn er älter und selbständiger wird, habe ich hoffentlich mehr Kontinuität im Verlauf eines Arbeitstages.“
Ständig unter Strom
Es verdrießt Susanne Sökeland, nie das Gefühl zu haben, fertig zu sein. „Wenn eine Aufgabe erledigt ist, stehen fünf neue ins Haus. Ich bin ständig unter Strom.“ Sie würde sich gerne weiterbilden, freut sich, wenn sie etwas dazu lernen und sich neue Fähigkeiten aneignen kann. War es in der Vergangenheit das CAD Programm Spirit und 3D-Visualisierungen, so könnte sie sich in fernerer Zukunft vorstellen, einen Lehrauftrag an der Fachhochschule zu übernehmen. „Eine Professur würde mich reizen. Nach dem Studium hatte ich, als eine Dozentin im Mutterschutz war, schon einmal für ein Semester einen Lehrauftrag. Aber im Augenblick genügt es mir, die Vision zu haben, ich muss sie nicht unbedingt realisieren. Mich hier für 1,5 Tage je Woche auszuklinken, kommt zur Zeit nicht in Frage. “ Aber die Selbständigkeit gefällt ihr auch. Es sei eine gute Möglichkeit, eigene Ideen zu verwirklichen, sein Arbeitsumfeld selber zu gestalten, frei über Tun und Nichttun entscheiden zu können. Manchmal fehlt ihr die praktische Arbeit. Sie würde abends gerne etwas Konkretes in den Händen halten. „Ich bin mit einem sehr technischen, Produkt orientierten Anspruch eingestiegen. Anfänglich hatte ich etwas Mühe, den Kunden selbstbe-wusst gegenüber zu treten und meine Vorschläge zu präsentieren. Heute bereitet mir der Kontakt viel Freude, ich habe gelernt, wie wichtig das Zwischenmenschliche ist, wie sich Vertrauen bildet.“ Susanne Sökeland weiß, dass sie durch ihr Auftreten, ihr Verhalten und ihr Reden, die Menschen beeinflussen kann. „Ich habe oft schwierige Kunden und muss mir Klagen über andere Handwerker anhören. Oder wie eine Kundin ausrief: ‚Ich bin soooo froh, mich mal mit einer Frau unterhalten zu können. Männer sind für manche Dinge so schwer zu sensibilisieren.‘“ Das Zuhören rechne sich nicht sofort, aber auf lange Sicht, lohne sich der Einsatz. „Schließlich ist Mundpropaganda meine Existenzgrundlage.“
Ob Frauen im Tischlerhandwerk für sie ein Thema sind? Susanne Sökeland winkt ab. „Männer sehen da eher das Besondere. Frausein ist für mich nicht das Wichtige, sondern das, was man einbringt und leistet.“
Regina Adamczak
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