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Widersprüchlich – Denkmal- und Brandschutz?

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Widersprüchlich – Denkmal- und Brandschutz?

Grundsätzlich gibt es keine besondere Brandgefährdungen und Brandschutzmängel in bestehenden Bauwerken, da auch in früheren Zeiten die „Baumeister“ das Risiko erkannten. Eine Vielzahl von alten Bauten weist jedoch Mängel auf, die in ihrer Summierung eine besondere Gefahr darstellen.Anlässlich des Seminars „Baulicher Brandschutz“, das die Dr. Kuhn Consulting Anfang September bereits zum 10. Mal erfolgreich veranstaltete, referierte Dr.-Ing.Jürgen Wesche von der MPA Braunschweig, über die Probleme bei Sanierungen bestehender Gebäude.

Die Kombination unzureichend gesicherter Flucht- und Rettungswege in Verbindung mit brennbaren Baustoffen im Gebäude sowie die nachträgliche Änderung von Bauwerken, wie Installationen mit Durchbrüchen, Vergrößerung von Raumeinheiten, Transparenz und Funktionalität mit unzureichenden Mitteln usw. können Altbauten zu schwer kalkulierbaren Risiken machen. Im Sinne der Musterbauordnung (MBO) § 3 wurde mit diesen nachträglichen Änderungen gegen die Vorgaben einer brandschutztechnisch kontrollierten Instandhaltung verstoßen.

Bei den Mängeln muss man unterscheiden zwischen Mängeln in klassischen Denkmälern sowie klassischem „Altbestand“ und Gebäuden, die in der Nachkriegszeit errichtet wurden.
Mängel in beiden Gebäudetypen liegen vor allem in der brandschutztechnisch falschen Auslegung der Installationsführung, die aufgrund der modernen hohen Installationsdichte häufig ohne Konzept in diesen Bauwerken nachgerüstet wurde.
In einigen klassischen Bauwerken werden brennbare Baustoffe der Tragkonstruktion und Oberflächen verwendet, die Brandabschnittsunterteilung, bezogen auf die jetzige Nutzung, ist häufig unzureichend und die Ausbildung der Rettungswege (z. B. Holztreppenhäuser) problematisch. Außerdem sind in vielen Fällen die Voraussetzungen für die Brandbekämpfung eingeschränkt. Die zu geringe Feuerwiderstandsdauer der Bauteile ist dagegen, bezogen auf das Gesamtrisiko, von geringerer Bedeutung.
Bei den Gebäuden, die in der Nachkriegszeit errichtet wurden, sind vielfach „moderne“ Bauweisen und Bauarten eingesetzt, deren Problematik zum Zeitpunkt der Errichtung noch nicht bekannt war. Durch diese Konstruktionen entstanden bei den Gebäuden Brandweiterleitungspfade, die erst durch Brandschäden offengelegt wurden:
• Vorgesetzte Fassaden mit Hohlräumen,
• Installationsschächte mit unzureichender Verkleidung, brennbare Lüftungsleitungen usw.
• Leichtbauweise mit Hohlräumen in Trennwänden und Unterdecken, über die Rauch und Brand weitergeleitet werden können
• Fertigbauweise mit unzureichenden Anschlüssen usw.
Durch die Bauboomphase des Wirtschaftswunders wurde die Planung häufig von der Ausführung überholt, so dass in vielen dieser Gebäude eine brandschutztechnische Konzeptionslosigkeit zu beklagen ist.
Bauaufsichtliche Anforderungen
Grundsätzlich unterscheiden sich die Anforderungen in bestehenden Bauwerken nicht von den Anforderungen in Neubauten. Die bauaufsichtlichen Schutzziele entsprechen den §§ 3 und 17 der MBO und sollten in beiden Fällen eingehalten werden. Bei Sanierungsmaßnahmen zieht jedoch unter bestimmten Randbedingungen der „Bestandsschutz“ mit notwendigen Anpassungen an bestehende Gebäudekomponenten in Verbindung mit der möglichen wirtschaftlichen Zumutbarkeit.
Außerdem sind bei Gebäuden unter Denkmalschutz Ausnahmen von den Vorschriften möglich (siehe § 67 MBO), wenn nicht „erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit“ zu befürchten sind.
Denkmalschutz und Brandschutz widersprechen sich häufig mit der Konsequenz der Aufweichung von Brandschutzanforderungen, jedoch nicht mit dem Ergebnis, dass das denkmalgeschützte Gebäude zu einer Todesfalle im Brand werden darf.
Ausnahmen können grundsätzlich nur in Zusammenarbeit mit der Bauaufsicht erwirkt werden. Es ist z. B. nachzuweisen, dass unbekleidete Gussstützen trotz F90-Anforderungen aus der Bauordnung heraus möglich sind, ebenso wie historische Holzbalkendeckenkonstruktionen in mehrgeschossigen Bauwerken, in denen Anforderungen an die feuerbeständige Bauweise bestehen. Nach den gesetzlichen Regelungen ist entweder eine Befreiung von den Vorschriften zu beantragen, d. h. eine Reduzierung der Anforderungen, oder es können bei gravierenden Konstruktionsänderungen Zustimmungen im Einzelfall nach § 22 MBO durch die Oberste Bauaufsicht beantragt werden, bei Baudenkmälern ist dafür die Untere Bauaufsicht zuständig.
Erforderliche Nachrüstungen
Bei bestehenden Bauwerken stellt sich die Frage, welche Gebäude brandschutztechnisch, vorrangig nachgerüstet werden müssen. Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, da insbesondere Baurecht mit Bestandsschutz, Zivilrecht und technischen Regeln auf einen Nenner gebracht werden müssen. In § 83 MBO, der in dieser oder ähnlicher Form in den meisten Landesbauordnungen verankert ist, wird einerseits darauf verwiesen, dass bestehende bauliche Anlagen an neuere Gesetze nur dann angepasst werden müssen, wenn dies wegen der Sicherheit oder Gesundheit erforderlich ist. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass in baulichen Anlagen, die wesentlich geändert werden, auch gefordert werden kann, dass die nicht unmittelbar berührten Teile nachgerüstet werden müssen, wenn diese Bauteile im konstruktiven Zusammenhang mit Änderungen stehen und die Nachrüstung keine unzumutbaren Mehrkosten verursacht.
Diese Vorgaben sind in folgende Thesen zusammenzufassen:
• Brandschutztechnische Nachrüstungen ohne Nutzungsänderungen und ohne die generelle Sanierung eines Gebäudes sind kaum zu fordern, es sei denn, es besteht eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben.
• Im Zuge von Umnutzungen sind bestehende Gebäude grundsätzlich brandschutztechnisch nachzurüsten.
• Bei Sanierungen sind jedoch nur wirtschaftlich vertretbare Nachrüstungen zu ergreifen, es sei denn, die Gefährdung ist offensichtlich.
Bezogen auf die erforderlichen Maßnahmen in Bauwerken im Bestand sollte zunächst darauf geachtet werden, dass eine sichere Rettung aus einem Bauwerk gewährleistet wird. Der Schwerpunkt sollte daher in der Nachrüstung der notwendigen Rettungswege liegen.
Zusätzlich sollte überprüft werden, ob die Installationsführung über Brandabschnittsgrenzen (Wände und Decken) zuverlässig geschlossen werden kann. Maßnahmen in Verbindung mit der Feuerwiderstandsdauer der Bauteile, d. h. zum Beispiel Nachrüs-tungen von Decken, die anstelle der geforderten Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten lediglich eine Feuerwiderstandsdauer von 60 Minuten aufweisen (Plattenbauten in den neuen Bundesländern), sind bei der Risikobewertung von untergeordneter Bedeutung.
Aufgaben der Prüfinstitute
Vorrangige Aufgabe der Prüfinstitute ist die Anpassung nachgewiesener Brandschutzmaßnahmen an die Randbedingungen des bestehenden Bauwerks in Verbindung mit den Brandschutzkonzepten, in denen die baulichen und anlagentechnischen Brandschutzmaßnahmen aufeinander abgestimmt werden.
Im Vorfeld der erforderlichen Nachrüstmaßnahmen ist es notwendig, die brandschutztechnische Leistungsfähigkeit bestehender Bauteile zu bewerten und die dann notwendigen Maßnahmen an die bauaufsichtlichen Forderungen anzugleichen.
Im Rahmen dieses Beitrages kann die Vielzahl der möglichen Nachrüstmaßnahmen in bestehenden Bauwerken nicht aufgelistet werden. An einigen Beispielen soll jedoch deutlich gemacht werden, in welchen Bereichen die Prüfinstitutionen gefragt sind.
Bei der Gestaltung der Rettungswege mit vorhandenen Holzbalkendecken und nicht genau zu definierenden Wänden sollen die Rettungswege in Anlehnung an die Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR) ausgelegt werden. Der nachträgliche Einbau von Unterdecken, Installations-Kanälen oder auch von Beschichtungssystemen auf Kabelanlagen sind Möglichkeiten, das bauaufsichtliche Schutzziel abzudecken, ohne dass alle Randbedingungen der existierenden bauaufsichtlichen Nachweise eingehalten werden können.
Wenn aufgrund statischer Randbedingungen eine zusätzliche Belastung von Deckensystemen nicht möglich ist, kommt der Leichtbauweise eine besondere Bedeutung zu, z. B. im Zuge von nachträglichen Brandabschnittsbildungen und dem Einbau von Systembrandwänden in die vorhandene Deckenkonstruktion.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei den Nachweisen entsprechender Brandschutzmaßnahmen bei der Installationsführung in bestehenden Deckenkonstruktionen, z. B. Holzbalkendecken, Stahlsteindecken o. ä., für die in den existierenden Nachweisen keine konkreten Randbedingungen genannt werden.
Patentlösungen können grundsätzlich nicht angeboten werden, hier ist der Planer bzw. der Fachplaner Brandschutz auf die Zusammenarbeit mit kompetenten Ausführungsfirmen, Systemanbietern und mit den Prüfinstitutionen angewiesen. Die Prüfinstitutionen können auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz aus Prüfungen an Bauprodukten und Bauarten zurückgreifen, auf Baustellenerfahrungen mit der Überprüfung von Bauteilen im konkreten Einbauzustand, auf Normungs- und Gremienarbeit auch in den bauaufsichtlichen Gremien und Forschungsarbeiten im Zusammenhang mit Sonderkonstruktionen.
Ein Beispiel: Sanierung im Bestand
Die MPA Braunschweig wurde vom Staatlichen Baumanagement Hannover herangezogen bei der Bewertung eines bestehenden Institutsgebäudes aus dem Jahr 1961, das als fünfgeschossiger Komplex mit Grundrissabmessungen von 61 x 17 m als Labor- und Bürogebäude genutzt wurde.
Das Gebäude wurde in Massivbauweise errichtet, die Massivbauweise selbst stellt daher keine erhöhte Risikosituation dar, unabhängig davon, ob in allen Randbedingungen die Feuerwiderstandsklasse F90 erreicht wird.
Problematisch bei diesem Gebäude war einerseits die Auslegung der Rettungswege, insbesondere die seitliche und obere Begrenzung der notwendigen Flure und die Installationsführung in vorhandenen Installationsschächten.
Ausbildung der Rettungswege
Um einen Zentralbereich sind umlaufende Flure angeordnet, die nicht in allen Bereichen durch Abschlüsse unterteilt werden, so dass sich umlaufende Flurlängen von bis zu 60 m ergaben. Die Flurtrennwände wurden in den meisten Fällen zwar bis zur Rohdecke hochgeführt, die Wände der Installationsschächte endeten jedoch 10 cm unterhalb der Rohdecke, so dass eine unmittelbare Verbindung zwischen den Installationsschächten und den Fluren bestand.
Innerhalb der Flure wurden in vielen Bereichen erhebliche Kabel- und Rohrinstallationen geführt, die eine Brandlast ergaben, die weit über den Grenzwerten von 7 kWh/m² bzw. 35 kWh/5 m² lagen. Eine brandschutztechnisch ausgelegte Unterdeckenkonstruktion war nicht eingebaut.
Installationsführung
Die Installationsführung ist im wesentlichen in vertikalen Installationsschächten vorgesehen, die ohne Abschottung über alle Geschosse durchgehen. In diesen Installationsschächten werden brennbare Lüftungsleitungen und nichtbrennbare Rohre geführt, ebenso wie Elektroinstallationen, die gegenüber den Lüftungsleitungen mit Spanplatten abgetrennt sind. Alle Schächte in einem Geschoss sind horizontal über den Türen miteinander verbunden.
Die Zu- und Abluftführung aus den angrenzenden Labors geht unmittelbar in die Schächte, d. h. Lüftungsklappen oder andere Abtrennungen standen nicht zur Verfügung. Auch aus den Digestorien ist eine unmittelbare Abführung der Abluft in den Schacht vorhanden, eine brandschutztechnische Trennung war nicht eingebaut.
Brandrisiken
Die wesentlichen Brandrisiken liegen in den Installationsführungen. Bei einem Brand in einem Labor ist davon auszugehen, dass der Brand in den Schacht über die brennbaren Installationen eingeleitetet wird, da keine wirksame horizontale Trennung in den Schächten vorliegt und auch eine Trennung gegenüber den notwendigen Fluren nicht vorhanden ist. Es muss davon ausgegangen werden, dass sich der Brand in allen Geschossen beliebig verteilen kann.
Obwohl es sich um ein Bauwerk im Bestand handelt, sind im Sinne von § 89 bzw. § 99 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) Sanierungsmaßnahmen zwingend erforderlich, da ohne diese Maßnahmen die Mindestanforderungen nach § 20 NBauO:
• der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorzubeugen und
• die Rettung von Menschen sowie wirksame Löschmaßnahmen zu ermöglichen
nicht eingehalten werden können.
Sanierungskonzept
Das Sanierungskonzept wurde in Verbindung mit dem Staatlichen Baumanagement Hannover entwickelt mit der Zielsetzung, einerseits Sofortmaßnahmen festzulegen und andererseits in einem umfangreichen Gesamtkonzept Nachrüstungen festzulegen, die den Brandschutz in dem bestehenden Gebäude an die heutigen Schutzziele anpasst.
Sofortmaßnahmen
Als Sofortmaßnahme wurde vorgeschlagen, die Installationsschächte mit einer Brandmeldeanlage nachzurüsten, die an eine akustische Warnanlage angeschlossen wird.
Umfassendes Konzept
Das Konzept sah folgende Maßnahmen vor:
• Nachrüstung der Installationsschächte auf der Grundlage der Durchführungsverordnung für die Niedersächsische Bauordnung (DVNBauO) § 21 in der Form, dass annähernd eine Einstufung in die Feuerwiderstandsklasse I60 gewährleistet werden kann
• Nachrüstung von Unterdecken im Bereich notwendiger Flure in der Form, dass eine Einstufung in die Feuerwiderstandsklasse F30 bei Brandbeanspruchung von oben und unten möglich wird, alternativ eine Reduzierung der Brandlasten im Deckenhohlraum durch Kapselung in Installationskanälen oder durch eine mögliche Beschichtung der Kabelbrandlasten
• die Zu- und Abluftführung aus den Labors zu den Installationsschächten muss brandschutztechnisch nachgerüstet werden.
Schlussfolgerungen
Bei der Sanierung bestehender Bauwerke treten – bezogen auf den Brandschutz – viele Probleme auf, die neben der Entwicklung eines schlüssigen Konzeptes auch die Anpassung von Brandschutzmaßnahmen an die bestehende Bausubstanz erfordert.
Unter der Voraussetzung, dass frühzeitig ein Brandschutzkonzept erstellt wird, lassen sich in Verbindung mit anderen Grundsatzanforderungen im Bauwerk wie Statik, Wärme, Schall usw. Brandschutzmaßnahmen auf der Basis bestehender Nachweise entwickeln, die sicherstellen, dass das bauaufsichtliche Schutzziel auch in bestehenden Bauwerken erreicht werden kann.
Die Prüfinstitutionen sind auf der Basis der umfangreichen Prüferfahrung am ehesten in der Lage zu bewerten, wie das Brandverhalten von nachgewiesenen Brandschutzmaßnahmen (Unterdecken, Trennwände, Abschottungen usw) durch den Einbau in bestehende Konstruktionen beeinflusst wird.
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