Wie eine begehbare Skulptur führt sie hinauf in das Dachgeschoss des Einfamilienhauses im Südtiroler Ehrenburg. Links und rechts durch geschlossene Wangen eingefasst, leitet die Treppe den Nutzer sicher nach oben. Die Idee für diese außergewöhnliche Treppe hatte das Planungsbüro Seiwald, das auch den Neubau plante und mit dem Reinhold Stoll schon viele Jahre zusammenarbeitet. Gemeinsam entwickelten sie die Form und Konstruktion der markanten Treppenskulptur und legten bereits im Rohbau die genauen Öffnungsmaße fest, auf Basis derer die Treppe später exakt eingepasst werden konnte. In einem ersten Bauabschnitt führte Reinhold Stoll und sein Team bereits den Treppenlauf vom Erdgeschoss zum ersten Obergeschoss aus – eine zweiläufige Treppe mit Zwischenpodest mit Tritt- und Setzstufen in Eiche auf Betonstufen.
Schwebender Aufstieg
Auch die Treppe zum Dachgeschoss ist in Eiche ausgeführt. Die beiden 52 mm starken Wangen wurden in vier einzelnen Teilen aus mit Eiche furnierten Tischlerplatten gefertigt und bauseits bei der Montage verleimt. Die linke, bis zu 3,80 m hohe Wange reicht dabei über die Bodenfläche im Dachgeschoss hinaus und bildet hier gleichzeitig die Brüstung. Zur nicht sichtbaren Befestigung wurden bereits im Rohbaustadium kräftige Kanthölzer seitlich im Treppenloch an der Bodenplatte eingebaut, an denen die Wangen hängen. Da die gesamte Konstruktion frei über dem Boden im Obergeschoss schwebt, war es notwendig, die über eine 15 mm breite Schattenfuge von der Wand abgesetzte Wange im Bereich der unteren Stufe zusätzlich mittels eines unsichtbaren Bolzens am Mauerwerk zu befestigen, um ein Aufschwingen der Treppe beim Begehen zu verhindern.
Die Treppenstufen aus 52 mm starker, massiver Eiche sind von unten an den Wangen befestigt. Dazu sind je Wangenseite zwei doppelte Rampa-Muffen von unten eingetrieben, an denen die Stufen mittels Zylinderkopfschrauben befestigt sind. Zur besseren Lastverteilung sitzen die Zylinderschrauben in eigens gedrehten Edelstahlbeilagscheiben mit 28 mm Durchmesser und 18 mm Höhe, die in die Unterseiten der Stufen bündig eingelassen sind. Zusätzlich wurden je Stufenseite zwei 18-mm-Holzdübel eingesetzt und die Wangen und Tritte bauseits verleimt. Die Oberfläche der Treppe wurde geölt.
Weitere Innenausbauten
Neben der Ausführung der Treppen übernahm die Tischlerei Stoll auch die Gestaltung und Fertigung der Küche in Rüster. Die kleine, feine Manufaktur mit zwei Mitarbeitern ist auch überregional bekannt für ihre reduziert gestalteten und handwerklich qualitätvollen Möbel- und Innenausbauten bekannt (siehe BM 03/14, S. 108ff). Neben seinen gebundenen Auftragsarbeiten ist Reinhold Stoll, der die Meisterschule und später auch die Gestalterausbildung an der Fachakademie für Holz- und Raumgestaltung in Garmisch-Partenkirchen absolviert hat, auch als freier Gestalter tätig (siehe BM 06/2012, S. 114ff). Er beteiligt sich als Mitglied im Südtiroler Künstlerbund regelmäßig an Ausstellungen und ist zweifacher Träger des Südtiroler Handwerkspreises (1998/2010).
Objektbeteiligte
Architektur:
Planungsbüro Seiwald
39030 Pichl-Gsies, Italien
Planung und Fertigung:
Tischlerei Reinhold Stoll
39035 Welsberg-Taisten, Italien