Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor: Sie begegnen einem Mann mittleren Alters, gut trainiert, selbstbewusst, charismatisch. Er hat dunkle Augen und ist auffällig gut gekleidet. Was denken Sie? Nach nur einer Zehntelsekunde haben wir ihn in eine Schublade gesteckt.
Aber es kommt noch besser: Der Mann hat einen glattrasierten Schädel und trägt einen Vollbart. An seiner Seite geht sein Hund Rosie, ein kleiner Yorkshire Terrier – so ein typisches Schoßhündchen. Und, verändert sich Ihr Bild von diesem Mann? An seiner Seite würde man eher eine Bulldogge erwarten – passt besser ins Klischee.
Ich kenne ihn und habe ihn gefragt: „Wie bist du bloß auf diesen Hund gekommen?“ Er hat ihn von einer Freundin. Seit Stefan Glatze und Bart trägt, wird er von seinem Umfeld völlig anders wahrgenommen. Die Reaktionen schwanken zwischen Angst, Respekt und Skepsis. Er erzählt von skurrilen Begegnungen: Im Supermarkt an der Kasse lässt man ihn grundsätzlich vor, bloß keinen Ärger provozieren. Im Bus geht man auf Abstand. Keiner will sich mit ihm anlegen. Und ältere Menschen ziehen ihn oft ins Vertrauen. Er spricht mit ihnen über Gott und die Welt – und spätestens da zeigt sich: Er ist ein herzensguter Mensch. Wann haben Sie zuletzt jemanden in eine Schublade gesteckt, ohne ihn wirklich zu kennen? Wenn es Ihnen gelingt, Menschen ohne Vorurteile zu begegnen, werden Sie beschenkt: Mit unerwartet guten Gesprächen und vielleicht dem einen oder anderen neuen Kunden.
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