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Immer schriftlich

Kündigung, Teil 1: Grundlagenwissen
Immer schriftlich

Wenn die wirtschaftliche Situation einer Schreinerei schwierig wird, sind Entlassungen häufig unumgänglich. Aber: „Auch wenn viele arbeitsrechtliche Risiken für den Chef nur schwer beherrschbar sind, so gibt es doch einige Fehler, die man vermeiden kann“, weiß Rechtsanwalt Robert Schulze.

Denn: Kommen dann zu den vorhandenen Problemen auch noch kostenintensive Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht hinzu, ist das für die zumeist kleinen mittelständischen Handwerksbetriebe schnell eine die Existenz gefährdende Katastrophe.

Der gröbste und zugleich auch am wenigsten auszumerzende Fehler ist die Vernachlässigung der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform. Nach § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Auflösungsvertrag oder durch Kündigung in jedem Fall der Schriftform. Dies hat der Gesetzgeber seit dem Jahr 2000 so geregelt, um Rechtssicherheit, in denen der Chef nach einem Streit gegenüber dem Mitarbeiter geäußert hat, er solle ihm aus den Augen gehen oder der Mitarbeiter nach einer Rüge mit den Worten „Ich habe keine Lust mehr“ die Werkstatt verließ. In diesen Fällen war niemals eindeutig, ob es sich nur um einen Wutausbruch oder um eine ernst gemeinte Kündigung handelte.
Mündlich reicht nie
Eine mündlich erklärte Kündigung ist daher nach der aktuellen Gesetzeslage stets unwirksam, gleichgültig, ob sie vom Arbeitgeber oder vom Mitarbeiter ausgeht. Wenn also beispielsweise der Chef spontan äußert „Sie sind entlassen!“, dann besteht das Arbeitsverhältnis nach wie vor fort. Gleiches gilt, wenn der Geselle nach einer Meinungsverschiedenheit mit den Worten „Ich hab´ keine Lust mehr!“ den Arbeitsplatz verlässt. Sofern der Mitarbeiter im letztgenannten Fall nicht mehr erscheint, ist aber in jedem Falle ein Abmahnung angebracht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) verstößt es in aller Regel auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sich derjenige, der in einem kontrovers geführten Gespräch eine Kündigung ausgesprochen oder sich mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses einverstanden erklärt hat, nachträglich darauf beruft, die Schriftform sei nicht eingehalten. Unzureichend ist auch eine lediglich einseitige schriftliche „Bestätigung“, dass eine mündliche Kündigung stattgefunden habe.
Der gesetzliche Formzwang soll die Parteien des Arbeitsvertrages vor Übereilung bei Beendigungserklärungen bewahren (Warnfunktion) und dient außerdem der Rechtssicherheit (Klarstellungs- und Beweisfunktion).
Erforderlich ist, dass die schriftliche Kündigungserklärung von einem zur Erklärung der Kündigung Berechtigten eigenhändig mit Namen unterzeichnet wurde. Die elektronische Form per E-Mail oder Übersendung per Fax genügen auf keinen Fall. Wird die Kündigung durch einen Vertreter unterschrieben, muss dies in der Kündigung durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Liegt dem Kündigungsschreiben dann keine Originalvollmacht bei, kann sie unverzüglich zurückgewiesen werden.
Sind in dem Kündigungsschreiben einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) alle Gesellschafter sowohl im Briefkopf als auch maschinenschriftlich in der Unterschriftszeile aufgeführt, so reicht es nach einer aktuellen BAG-Entscheidung vom 21. April 2005 (2 AZR 162/04) zur Wahrung der Schriftform nicht aus, wenn lediglich ein Teil der GbR-Gesellschafter ohne weiteren Vertretungszusatz das Kündigungsschreiben handschriftlich unterzeichnet. Das Kündigungsschreiben in dem vom BAG zu entscheidenden Fall war nur von zwei der insgesamt drei Mitgesellschafter der GbR unterschrieben. Über dem maschinenschriftlich aufgeführten Namen des dritten Teilhabers fehlte die Unterschrift. Eine solche Kündigungserklärung enthalte dem Gericht zufolge keinen hinreichend deutlichen Hinweis darauf, dass es sich nicht lediglich um den Entwurf eines Kündigungsschreibens handelt, der versehentlich von den übrigen Gesellschaftern noch nicht unterzeichnet ist.
Immer mit Nachweis
Wichtig ist es, dass die Tatsache und der Zeitpunkt des Zugangs einer schriftlichen Kündigungserklärung im Streitfall gegenüber dem Arbeitsgericht nachgewiesen werden können.
Gem. § 130 BGB wird eine Kündigungserklärung erst dann wirksam, wenn sie dem Empfänger (also demjenigen, dem gekündigt wird) zugegangen ist. Erst ab diesem Zeitpunkt läuft zum Beispiel die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage und ausschließlich dieser Zeitpunkt ist maßgeblich für die Frage, ob die im jeweiligen Fall einzuhaltende Kündigungsfrist gewahrt wurde. Am einfachsten kann der Zugang unter Anwesenden sichergestellt werden. Insoweit ist es unbedingt ratsam, die schriftliche Kündigung in Gegenwart von Zeugen zu überreichen oder sich den Erhalt des schriftlichen Kündigungsschreibens unter Datumsangabe vom Kündigungsempfänger gegenzeichnen zu lassen.
Eine weitere Möglichkeit ist das persönliche Überbringen per Bote. Der Bote sollte allerdings nicht der Betriebsinhaber oder der Geschäftsführer einer GmbH selbst sein und er sollte auch nicht nur einen verschlossenen Umschlag überbringen, sondern muss vom Inhalt des von ihm überbrachten Schreiben Kenntnis haben, damit er darüber vor einem gegebenenfalls mit dieser Frage zu befassenden Arbeitsgericht auch als unparteiischer Zeuge Auskunft geben kann. Wichtig ist dabei auch immer, dass im Streitfall der Bote den Einwurf mit Datum bezeugen kann.
Ein Einwurf in den Hausbriefkasten unter Zeugen oder wiederum durch einen informierten Boten, der später Zeuge sein kann, kommt in Betracht, wenn eine direkte Übergabe nicht möglich ist. Als Zeitpunkt des Zugangs gilt dann im Normalfall die Zeit der nächsten üblichen Briefkastenleerung. Wird die Kündigung etwa an einem Samstagabend in den Briefkasten eingeworfen, so gilt der Montag als Zugangszeitpunkt. Wichtig ist dabei auch immer, dass im Streitfall der Einwurf mit Datum durch Zeugen nachgewiesen werden kann.
Von einer Versendung mit einfacher Post und selbst vor dem Versand per Einschreiben kann man angesichts wiederholt auftretender Probleme eigentlich nur abraten. Postsendungen können verloren gehen. Bei einer Versendung per Einschreiben mit Rückschein steckt der Briefträger nur einen Benachrichtigungszettel in den Briefkasten des abwesenden Empfängers. Holt der Adressat das Einschreiben dann nicht bei der Post ab, so wird es nach einiger Zeit wieder an den Absender zurückgeschickt und die Kündigung selbst geht nicht zu und wird damit nicht wirksam. Ist es nicht zu vermeiden, dass die Kündigung per Post verschickt werden muss, so kommt als Notlösung allenfalls das so genannte Einwurf- einschreiben in Frage. Da der Einlieferungsbeleg und die Dokumentation des Postboten über den Zeitpunkt des Einwurfs letztlich nur beweisen, dass überhaupt Post zugegangen ist, nicht aber welchen Inhalts, muss hier sehr sorgfältig darauf geachtet werden, dass im Streitfall ein unbeteiligter Dritter (also weder der Betriebsinhaber noch der Geschäftsführer) vom Inhalt des Schreibens Kenntnis hat und aufgrund eigener Wahrnehmung vor Gericht bestätigen kann, welches Schriftstück in vollständiger Form mit dem jeweiligen Einlieferungsbeleg verschickt wurde.
Auch bei Krankheit
Weit verbreitet ist der Irrtum, dass einem kranken Arbeitnehmer nicht gekündigt werden könne. Doch die Krankheit an sich, steht der Kündigung nicht entgegen, sie erschwert meist nur den Zugangsnachweis, da beispielsweise ein bettlägeriger Mitarbeiter nicht im Büro des Chefs den Erhalt der Kündigung quittieren kann. Probleme bereiten aber die Kündigungen, die (aus Sicht des Arbeitgebers) gerade durch die Krankheit des Mitarbeiters notwendig wurden.
Im Normalfall muss bei ordentlichen Kündigungen auf dem Kündigungsschreiben kein Grund genannt werden. Nur wenn das Kündigungsschutzgesetz für den Fall Anwendung findet, hat der Arbeitnehmer Anspruch, auf Verlangen den Grund genannt zu bekommen.
Wichtig ist aber immer, die jeweils geltende Kündigungsfrist einzuhalten. Die gesetzlichen Kündigungsfristen bewegen sich abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit von vier Wochen zum 15. eines Monats bzw. zum Monatsende bis hin zu sieben Monaten bei Mitarbeitern, die seit Vollendung ihres 25. Lebensjahres mehr als 20 Jahre für den betreffenden Betrieb tätig sind. Wenn dann ein Auftragseinbruch kommt, haben viele Betriebe nicht die Möglichkeit, so spontan zu reagieren, wie es nötig wäre. Den Mitarbeiter von einem Tag auf den anderen „zum Stempeln“ zu schicken, ist nicht möglich.
Nur innerhalb einer wirksam vereinbarten Probezeit beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist zwei Wochen. Doch ohne schriftlichen Arbeitsvertrag fällt dem Arbeitgeber der Nachweis einer Probezeitvereinbarung oft sehr schwer. In einigen Tarifverträgen, die im Tischlerhandwerk von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind, sind aber auch hiervon abweichende zum Teil kürzere Fristen enthalten. Daher empfiehlt sich für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse vorab ein Blick in den Tarifvertrag.
Auf Meldepflicht hinweisen
Das Rückdatieren von Kündigungen, das früher immer wieder anzutreffen war, wenn der Mitarbeiter mit einer kurzfristigeren Entlassung einverstanden war, ist Betrug zu Lasten der Arbeitslosenversicherung und damit strafbar.
Außerdem hat der Gesetzgeber dieser Praxis einen Riegel vorgeschoben: Seit der Umsetzung des Hartz-Konzeptes zur Reform des Arbeitsmarkts zum 1. Juli 2003 müssen sich Arbeitnehmer, unverzüglich nach Kenntnis vom Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses persönlich beim Arbeitsamt melden. So lautete eine Regelung in § 237 b SGB III.
Die Arbeitslos-Meldung kommt also zu spät, wenn das Arbeitsverhältnis schon beendet ist. Bei Verstößen gegen diese Meldepflicht müssen die Arbeitnehmer empfindliche Kürzungen beim Arbeitslosengeld hinnehmen.
Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern. Zum Teil fordern Arbeitsämter die persönliche Meldung des Arbeitnehmers bereits am unmittelbar dem Erhalt der Kündigung folgenden Werktag. Zur Vermeidung von Kürzungen wird daher empfohlen, dass der Arbeitnehmer das zuständige Arbeitsamt sofort, spätestens aber am ersten Werktag nach Erhalt des Kündigungsschreibens persönlich benachrichtigt.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB III „soll“ der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf seine Meldepflicht vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig über die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung sowie über die Verpflichtung unverzüglicher Meldung beim Arbeitsamt informieren.
Die Frage, ob dem Arbeitgeber bei unterlassener Aufklärung über diese Folgen Regress-Ansprüche drohen, haben die Arbeitsgerichte bisher zu Recht verneint. Höchstrichterliche Rechtsprechung steht aber noch aus. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen ist vorsorglich ein derartiger Hinweis beispielsweise im Kündigungsschreiben zu empfehlen. Ein solcher Hinweis innerhalb der Kündigungserklärung könnte folgendermaßen lauten:
„Hinweis: Zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Arbeitslosengeld sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, nach Erhalt dieser Kündigung persönlich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden. Weiterhin sind Sie gesetzlich verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen.“
Kündigungsschutz wichtig
Betriebe mit mehr als fünf Stamm-Mitarbeitern, die schon am Ende des Jahres 2003 zur Belegschaft gehörten, und unabhängig davon alle Betriebe mit mehr als zehn Mitarbeitern dürfen Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis mehr als sechs Monate Bestand hat, nur entlassen, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Denn diese Arbeitsverhältnisse fallen unter das so genannte Kündigungsschutzgesetz. Dann sind Kündigungen generell nur noch aus betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Gründen möglich. In diesen Fällen ist eine fachkundige Beratung vor der Kündigung besonders wichtig.
Besonderen Kündigungsschutz genießen bekanntermaßen verschiedene Personengruppen wie Schwangere, schwerbehinderte Menschen, Betriebsräte und Auszubildende.
Auch im Zusammenhang mit Betriebsübergängen gibt es erhöhte Anforderungen für die Wirksamkeit von Kündigungen. Hat der Betrieb einen Betriebsrat, ist dessen vorherige Anhörung ebenfalls vonnöten. ■
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Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
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