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„Das Glück ist mit dem Tüchtigen“

Die Kleinhans GmbH aus Kehl hat sich Schritt für Schritt den Markt im Elsass erobert, jetzt soll England folgen
„Das Glück ist mit dem Tüchtigen“

Holz ist Zukunft, wood is future, le bois c’est l’avenir – die Prospekte der Kleinhans GmbH gibt es in drei Sprachen. „Mein Wachstum generiere ich zurzeit auf dem französischen Markt. Dort machen wir 40 Prozent des Umsatzes.“ Markus Kleinhans ist seit über 10 Jahren erfolgreich im Elsass tätig. Im Jahr 2006 wagte er sich nach England und steht hier kurz vor dem Durchbruch. Ohne einen langen Atem, eine Menge Fleiß und eine gute Portion Kontaktfreude wäre ihm das nicht gelungen, sagt der Schreinermeister heute.

Begonnen hatte alles mit der Idee eines Mitarbeiters: Als die Kleinhans GmbH im Jahr 1995 ihr Küchenstudio eröffnete, schlug dieser vor, sich auf einer Straßburger Messe dem elsässischen Publikum vorzustellen. Immerhin sind es vom Firmengelände im badischen Kehl bis zur französischen Grenze gerade mal 500 m Luftlinie. Im wahrsten Sinne des Wortes lag also kaum etwas näher. Und: Die Sache ließ sich gut an, mittlerweile verkauft Kleinhans 70 Prozent seiner Küchen nach Frankreich. Den Hauptumsatz macht er allerdings mit Holz- und Holzalu-Fenstern. Auf diesen Bereich entfallen in diesem Jahr voraussichtlich 2,4 Millionen Euro, das sind 60 Prozent des Gesamtumsatzes. 23 Prozent generiert er im Bereich Küchen, 17 Prozent werden im Innenausbau umgesetzt. Im nächsten Jahr peilt Markus Kleinhans einen Umsatz von 4,6 Millionen Euro an.

Damit hat er die Grenze vom Kleinbetrieb schon lange überschritten. Seine Ausbildung als Meister und Betriebswirt des Handwerks seien zwar eine gute Grundlage, aber mit der heutigen betrieblichen Realität habe seine ursprüngliche Ausbildung nicht mehr viel zu tun. Jetzt müsse man schon fast industrielle Maßstäbe an die Geschäftsführung legen. Seit er das Geschäft im Ausland im Jahr 2003 professionalisiert hat, ist das Unternehmen weiter gewachsen. 45 Mitarbeiter sind es aktuell, 30 waren es damals. „Man muss langsam wachsen, aber wachsen muss man“, das weiß er aus Erfahrung. Auch er hat Jahre erlebt, in denen es nicht recht voran gehen wollte, auch wenn der Betrieb insgesamt eine beachtliche Entwicklung genommen hat. Er wurde 1964 von seinem Vater, Ernst Kleinhans, gegründet, 1989 ist Markus Kleinhans als angestellter Meister in das Unternehmen eingetreten, das seit 2004 als GmbH geführt wird.
Neue Dinge anschieben, Ideen geben, Strategien entwickeln … das sind die Aufgaben von Markus Kleinhans. Er hat mittlerweile gelernt, dass Export kein Geschäft für nebenbei ist. „Ich musste mir Freiräume im Betrieb schaffen.“ Da heißt es: Dranbleiben und immer wieder neue Hürden meistern. „In der Abwicklung trennt sich die Spreu vom Weizen.“
Zwar wisse man im Elsass die Vorzüge des deutschen Unternehmens zu schätzen: Leistungsbereitschaft, Pünktlichkeit, Qualität, Service, dennoch sei die Erschließung des französischen Marktes kein Kinderspiel, lässt Kleinhans durchblicken: „Neben Dingen wie einer französischen Steuernummer gibt es beispielsweise die so genannte „garantie décennale“, eine obligatorische Versicherung gegen Risiken am Bau. Da in Deutschland ein solcher Versicherungsschutz für Gewährleistungsansprüche bislang unbekannt ist, sind grenzüberschreitend tätige deutsche Handwerker darauf angewiesen, sich in Frankreich um die für ihre Aufträge erforderliche Versicherung zu bemühen.“ Das ist nicht einfach, denn die französischen Versicherungen lassen sich das hohe Risiko teuer bezahlen. Einzelobjekte müssen mit zwei bis zehn Prozent der Auftragssumme abgesichert werden. „EU hin oder her – die einzelnen Länder haben immer noch Handelshemmnisse, um ausländischen Firmen den Import zu erschweren.“ Auf lange Sicht denkt Kleinhans deshalb auch über ein eigenes Tochterunternehmen in Frankreich nach. Zurzeit braucht er dort einen Steuerbürgen, ein französischer Steuerberater hilft ihm bei der korrekten Abwicklung der Geschäfte.
Jobmotor in Frankreich ist der gesenkte Mehrwertsteuersatz auf Bauleistungen, der 1999 eingeführt wurde: Lediglich 5,5 Prozent werden auf Arbeit und Material erhoben. „Da haben Schwarzarbeit und Baumärkte keine Chance mehr.“ Und: Obwohl die Löhne ähnlich sind, könne man in Frankreich eine um 10 bis 15 Prozent höhere Marge erwirtschaften, sagt Kleinhans.
Er hat einen Franzosen, der als zentral Verantwortlicher die Kunden betreut und Bindeglied zwischen Verkauf und Produktion ist. Auch ein Produktionsmeister spricht fließend französisch und kann Kundenanfragen bearbeiten. Zudem bekommt ein Küchenmonteur zurzeit Nachhilfe in der französischen Sprache. „Die Franzosen lieben es, wenn man mit ihnen in ihrer Sprache spricht. Da öffnet sich jede Tür. Perfekt muss es nicht sein, Hauptsache man bemüht sich.“ Auch die gesamte Korrespondenz, Angebote und Rechnungen, werden in französischer Sprache verfasst. Markus Kleinhans selbst hat mit 42 noch angefangen, französisch zu pauken. Auch heute nimmt er noch eine Stunde Unterricht pro Woche.
An Verbrauchermessen in Straßburg nimmt er nach wie vor teil, manchmal sogar zweimal im Jahr. Mittlerweile präsentiert Kleinhans dort sein ganzes Spektrum: Neben Küchen und Innenausbau, zeigt er auch seine Fenster. Diese hat er beim CTBA in Bordeaux, dem französischen Pendant zum ift Rosenheim, prüfen lassen. Nicht nur bei öffentlichen Aufträgen sind diese Zertifikate ein Muss. Aktuell läuft ein Auftrag für 600 Fenster einer denkmalgeschützten Schule in Straßburg durch die Fertigung.
Mit der Erschließung der englischsprachigen Länder begann Markus Kleinhans 2004. Anfangs eher unsystematisch. Damals bot die baden-württembergische Organisation „Handerwerk International“ eine so genannte Fact-Finding-Reise nach Irland an. Im Frühjahr 2006 organisierte „Schreiner International“, ein Ableger von Handerwerk International zusammen mit der irischen Außenhandelskammer eine Kooperationsbörse. Zwar ergaben sich daraus einige Kontakte zu Architekten, Fensterbauern und Bauträgern, aber Aufträge konnte Kleinhans bisher nicht generieren.
Auf dem Weg nach England
Also versuchte er es auf einer anderen Schiene: Als Zulieferer des Fertighausanbieters Weberhaus hofft er, von dessen Engagement auf dem englischen Markt zu profitieren. Weberhaus hatte im Jahr 2005 einen englischen Architekturpreis gewonnen und sich daran gemacht, den Markt zu erobern. Dies setzte allerdings voraus, dass die Häuser den englischen Gewohnheiten und dem englischen Geschmack entgegen kamen. Da die dort weit verbreiteten Schiebefenster aus energetischer Sicht sehr ungünstig sind, wurden die in Skandinavien verbreiteten, nach außen öffnenden Fenster bevorzugt. Da die skandinavischen Zulieferer allerdings horrende Preise und Lieferfristen von mehr als drei Monaten hatten, wandten sich die Weberhäusler an Kleinhans.
Kleinhans brauchte ein dreiviertel Jahr bis er ein Fenster entwickelt hatte, das nicht nur nach außen zu öffnen war, sondern auch der englischen Energieeffizienzklasse A gerecht wurde. Er bekam die Prüfzeugnisse des englischen Prüfinstituts TRADA und ist seit Herbst 2007 dort auch gelistet. Es wurde auf Einbruchschutz geprüft „secured by design“ und erhielt das Qualitätssiegel für Luft-, Wind- und Schlagregendichtheit. „Scanwin“ hat Markus Kleinhans seine Entwicklung getauft.
Mit fünf Kollegen von Schreiner International besuchte Kleinhans im Herbst 2006 die Interbuild in Birmingham, die größte Baumesse Großbritanniens. Mit seinem Fenster ging er von Stand zu Stand und stellte möglichen Partnern seine Entwicklung vor. Er hatte Glück und traf einen Passivhaus-Berater, der sich gerade selbstständig gemacht hatte. „Wir haben uns sofort richtig ineinander verliebt“, erinnert sich Kleinhans schmunzelnd. „Nein, im Ernst: Unser Produkt passte optimal in sein Angebot, er ist jetzt unser Ansprechpartner im englischen Markt.“ Um die Immobilienkrise, die es auch in Großbritannien gibt, macht Kleinhans sich keine allzu großen Sorgen: „Der Passivhausmarkt ist losgelöst vom allgemeinen Immobilienmarkt, er hat seine eigene Konjunktur.“
Sprachbarrieren gibt es auch hier: „Ich kann mich auf Englisch zwar unterhalten, aber wenn es um Fachausdrücke geht, wird es schon schwieriger.“ Also hat Kleinhans auch für den englischen Markt eine Kontaktperson engagiert, die die englische Sprache verhandlungssicher beherrscht: eine Architektin, die gebürtige Irin ist. Doch was nach außen hin aussieht, als würde es einfach und mühelos abgewickelt, ist, wenn man genauer hinsieht, mit einem nicht zu unterschätzenden unternehmerischen Risiko verbunden. Denn: Eine derartige Entwicklung kostet viel Geld. Insgesamt summierten sich die Kosten. Der größte Batzen entfiel auf eine Fensterfertigungsanlage. Diese war nötig geworden, um Werkzeugwechsel auf ein Minimum zu beschränken und somit rationeller zu fertigen. „Den finanziellen Aspekt unterschätzen die meisten, die nach ausländischen Märkten schielen. Man braucht einen langen Atem und auch in finanzieller Hinsicht Spielräume.“ Kleinhans hofft spätestens im nächsten Jahr auf den Durchbruch in England. Bereits heute sind die ersten 170 Fenster für Weberhaus geliefert, weitere 700 sind bestellt.
Und schon werden neue Ufer sichtbar: Gerade hat sich ein Kontakt in Colorado aufgetan: Ein Generalunternehmen bietet schlüsselfertige Luxusimmobilien an. 80 000 Euro ist allein die Auftragssumme, mit der die Schreinerei Kleinhans an einem der Häuser beteiligt ist.
Ob auch Glück zu einem erfolgreichen Auslandsengagement gehört, will ich wissen. Markus Kleinhans überlegt kurz und schüttelt dann den Kopf: „Das Glück ist mit dem Tüchtigen. Ich führe seit drei Jahren Gespräche mit Gott und der Welt. Das ist reine Fleißarbeit und da sollte auch etwas hängen bleiben.“ ■
von BM-Redakteurin Regina Adamczak
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