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„Das ist mein Lebenswerk“

Verschiedene Gewerke unter einem Dach
„Das ist mein Lebenswerk“

Das Werkhaus zu finden ist einfach: Er sei in Raubling zwar nicht zu Hause, aber das Werkhaus, ja natürlich, das kenne er, sagt mir ein netter Passant. Der außer-gewöhnliche Rundbau fällt ins Auge. Besonders nachts, wenn das Licht durch die vielfach durchbrochene Holzkonstruktion dringt, sei der Bau ein echter Hingucker, wird mir später Willi Bruckbauer verraten.

Willi Bruckbauer ist Herr des Werkhauses. Der 35-Jährige hat das Konzept entwickelt, er trägt das gesamte Risiko und er hat die Partner angeworben, die nun unter einem Dach Lösungen zu den Themen Bauen, Wohnen und Einrichten präsentieren.

Ich schlendere durch das Rund. Das Untergeschoss beherrschen Bulthaup-Küchen mit ihrer schlichten, auf das Wesentliche konzentrierte, Architektur. Auch eine Schmuckdesignerin hat hier ihr kleines Atelier. Sie fertigt Gold- und Silberschmuck. Zudem werden kleine Wohnaccessoires als Geschenkideen angeboten. Daneben gibt es den Parkettleger und einen Raumausstatter sowie designorientierte Möbel und Leuchten für den Wohn- und Schlafbereich.
Im Obergeschoss wende ich mich nach rechts und stoße auf die „Schreinerküche“. Hier stehen sechs von Willi Bruckbauer geplante Küchen. Eine sinnvolle Ergänzung zu den Bulthaup-Küchen, meint der Schreinermeister. Nach seiner Erfahrung sucht der anspruchsvolle Kunde die Bulthaup-Küche, weil er die Marke kennt und schätzt. Aber alternativ wolle er sich oftmals gerne eine Schreiner-Küche anbieten lassen. Bei den „Bulthaup-Küchen“ und den „Schreinerküchen“ führt Willi Bruckbauer die Regie.
Nach den Schreinerküchen geht es weiter mit Natursteinen und Fliesen, der Präsentation eines Malerfachbetriebes, Bad-Einrichtungen und -Accessoires in allen Varianten von modern bis nostalgisch.
Der Treffpunkt
Ein rundes Becken ist etwas höher gelegen. Neugierig steige ich ein paar Stufen hinauf und schaue hinein, von unten schauen zwei erwartungsvolle Glupsch-Augen eines Koi-Karpfens zurück. Wir starren uns eine Weile an, dann verliert der Fisch das Interesse und wendet sich wieder seinen Kollegen zu. Das Becken ist Teil der Präsentation eines Garten- und Landschaftsbauer, der unter anderem auf Fischteiche für diese noblen Tiere spezialisiert ist.
Ich steige die zwei Stufen wieder herunter und begebe mich zurück ins Erdgeschoss. Im „Café Meisterwerk“ löffele ich genüsslich die geschäumte Milch aus meiner Latte macciato, während mir die Sonne durch die großzügig verglaste Fassade ins Gesicht scheint. Das „Café Meisterwerk“ ist auch Teil des Werkhaus-Konzeptes. Zwei Konditoren-Meister bieten hier neben Café-Spezialitäten, ein täglich wechselndes Speiseangebot. Und so ist das Werkhaus inzwischen nicht nur beliebter Treffpunkt für die Mitarbeiter der umliegenden Firmen. Auch für den ein oder anderen Autofahrer, der auf der direkt am Werkhaus vorbeiführenden Bundesstraße nach Rosenheim unterwegs ist, ist es ein willkommener Anlass, die Fahrt zu unterbrechen. Raubling liegt verkehrsgünstig im Süden von Rosenheim nahe an der A 8, auf der man von München, am Chiemsee vorbei nach Salzburg gelangen kann. Der Standort allerdings war eher Zufall: „Allzu viele günstig gelegene Grundstücke gab es hier in der Gegend nicht“, erklärt Willi Bruckbauer. Und die Gegend sollte es schon sein, denn hier kennt er sich aus.
Der Macher
Hier ist er aufgewachsen und hier hat sein Vater eine Schreinerei mit 25 Mitarbeitern. „Dreißig Jahre meines Lebens habe ich gedacht, dass ich diese Schreinerei einmal übernehme. Und zehn Jahre habe ich dort mit dem Schwerpunkt Arbeitsvorbereitung und Kundenbetreuung gearbeitet. Aber dann kam der klassische Generationen-Konflikt und folglich habe ich mich kurz nach meiner Meisterprüfung 1995 mit einem Planungsbüro selbstständig gemacht.“ Anfangs war er noch viel für seinen Vater tätig. Aber darüber hinaus habe er mit der Zeit erstklassige Privatkundschaft gewinnen können. Für diese hat er die Planung übernommen und seine Entwürfe anschließend von anderen Schreinereien fertigen lassen. Schon damals hat er häufig mit anderen Gewerken zusammen gearbeitet.
Irgendwann sei das Büro zu klein geworden. „Ich hatte bald schon zwei Mitarbeiter und eine Bürofläche von 20 m² war einfach zu wenig. Es musste also etwas Neues her.“ „Ja, etwas Neues“, werfe ich ein. „Aber musste es gleich das Werkhaus sein, hätte es nicht auch eine Nummer kleiner sein dürfen?“
Bruckbauer lacht: „Ja, es hätte sogar zwei Nummern kleiner sein können. Aber ich wollte nicht drei kleine Schritte machen, sondern einen großen. Das Werkhaus sollte mein Lebenswerk sein.“ Er wollte nicht nur ein Büro, sondern auch einen Ausstellungsraum und der Gedanke an Synergie-Effekte brachte ihn auf die Idee, das ganze Paket „Einrichten“ unter einem Dach abzuhandeln. Weihnachten 1999 ist die Planung konkret geworden.
Einen Berater habe er während der Planungsphase nicht gehabt. „Ich bin 20 mal zu meiner Bank, der Hypovereinsbank, gegangen und 19 mal wieder rausgeflogen“, schmunzelt er. Aber dann stand das Konzept, dass notwendige Zahlenmaterial war beisammen und die Verhandlung von Erfolg gekrönt. „Die Bank musste sich auf Grund der Projektgröße natürlich absichern und das Projekt von einem Unternehmensberater prüfen lassen.“ In diesem Zusammenhang hat sich die Weiterbildung zum Betriebswirt des Handwerks bezahlt gemacht. Die betriebswirtschaftlichen Berechnungen und Prognosen stimmen. Stolz liegt offenkundig in seiner Stimme, als er sagt: „Bisher ist genau eingetreten, was ich vorausgesagt habe.“
Die Partner
Die Partnersuche gestaltete sich allerdings schwierig, solange der Bauplatz noch nicht gefunden war. „Nur mit einem Konzept im Kopf und der Abbildung des Hauses in der Hand konnte ich niemanden locken. ,Wo soll denn das sein‘, war die erste Frage und solange das nicht klar war, wollte sich niemand festlegen.“ Folglich galt es, das Projekt so schnell wie möglich in die Realität umzusetzen. Vom ersten Spatenstich bis zur Eröffnung im November 2000 waren es ziemlich genau fünf Monate.
Von alleine sind die Interessenten allerdings nicht gekommen. Willi Bruckbauer: „Die Initiative habe ich ergriffen. Die meisten der beteiligten Firmen hatten vorher keinen Ausstellungsraum und haben auch nicht unbedingt einen gesucht. Also habe ich Überzeugungsarbeit leisten müssen. Aber mit meinem Enthusiasmus habe ich sie schnell begeis-tert und überzeugt. Und das sind sie immer noch. Es rechnet sich für alle.“ Was für den einzelnen allein zu aufwändig gewesen wäre, ist so durch die Kooperation realisierbar geworden. Zwei Drittel der Mietverträge waren schon während der Bauphase unter Dach und Fach. Die Restfläche sei noch im ersten Jahr vermietet worden. Die Miete wird anteilig nach Quadratmeter berechnet.
Und Partner konnte jeder werden? „Nein“, sagt Willi Bruckbauer. „Ich habe mir die Besten herausgesucht. Das ist der Vorteil, wenn man aus der Region kommt und schon lange hier arbeitet: Ich wusste genau, wer der beste Raumausstatter ist, der beste Bodenleger, der beste Ofensetzer . . . Wir haben sehr, sehr gute Leute da, teilweise mit großen, schlagkräftigen Firmen im Hintergrund.“
Eine Konkurrenzschutzklausel im Mietvertrag schützt die Firmen vor unliebsamen Mitbewerbern: Ein zweiter Badeinrichter kann beispielsweise nur dazu stoßen, wenn er sich mit dem ersten abspricht. Im Werkhaus gibt es neben einem modernen Badeinrichter auch einen Nostalgieeinrichter, die beiden akzeptieren und ergänzen sich gut.
Im Allgemeinen werden die Kunden quasi weitergereicht. Willi Bruckbauer beschreibt das Vorgehen so: „Wenn sich in einem Kundengespräch die Frage um den passenden Boden dreht, gehe ich zum Bodenleger hinüber und zeige dem Kunden verschiedene Möglichkeiten. Wenn ich merke, dass die beiden zurecht kommen, dann verabschiede ich mich.“ Manche Kunden wünschen aber auch die komplette Beratung durch einen der drei Innenarchitekten, die mit Willi Bruckbauer zusammen arbeiten. Der Beratungsaufwand wird dann entsprechend vergütet. Alle sind als freie Mitarbeiter erfolgsorientiert beschäftigt. Sie werden am Umsatz beteiligt.
Die Werbung
Werbung sei ein schwieriges Thema, deren Erfolg schwer steuerbar und messbar, meint Willi Bruckbauer. „Massenwerbung in Tageszeitungen und Anzeigenblättern lohnen sich beispielsweise für uns gar nicht. Die kleinen ,Events‘ fruchten viel besser: Klassik-Konzerte oder Bulthaup-Kochworkshops und verschiedene Weinseminare, bei denen die Kücheneinrichtung gleich ihre Funktionstüchtigkeit unter Beweis stellen muss. Bei diesen Veranstaltungen herrscht eine tolle Stimmung und mit der guten Erinnerung geht der Kunde aus dem Haus … und kommt irgendwann zurück,“ sagt sich der Unternehmer.
Die Probleme
Unterschätzt hat Willi Bruck-bauer den Arbeitsaufwand der mit der Organisation des Werkhaus zusammen hängt. „Ich hatte eigentlich gedacht, ich könnte mich mehr auf meinen Bereich, die Planung von Küchen, konzentrieren. Aber 50 Prozent meiner Zeit muss ich auf die Organisation des Werkhauses verwenden – auch nach einem Jahr noch. Werbung, neue Interessenten und, und, und. Das Projekt ist zu jung, als dass ich alles delegieren könnte.“ Dass er die Aufgaben in seiner Firma zu großen Teilen seinen Mitarbeitern überlassen muss, tut ihm leid. „Ich plane sehr gerne. Planung und Organisation liegt mir.“ Ein klassischer Werkstattmeister wollte er nie werden. Die Fertigung überlässt er zwei Kollegen.
Die Ziele
Ein großes Ziel hat Willi Bruckbauer noch: Irgendwann einmal eine normale 50-Stunden-Woche zu haben. Zurzeit arbeitet er an sechs Tagen in der Woche 12 Stunden täglich. Urlaub machen – undenkbar. Auch seine zwei Kinder kommen zu kurz. „Glücklicherweise ist meine Familie sehr tolerant.“
Aber es sei schon wesentlich besser geworden. „Das vergangene Jahr war allgemein schwierig für die Einrichtungsbranche. In einer so schwierigen Zeit eine Neugründung zu tätigen, war nicht ideal. Aber seit November ist die Auftragslage sehr gut und der Februar 2002 war der bisher umsatzstärkste Monat.“
Willi Bruckbauer vergleicht die Unternehmensentwicklung mit einer Schifffahrt: „Man verlässt den Hafen, kommt in Fahrt und jetzt bin ich als Kapitän dafür verantwortlich, dass die richtige Route eingehalten wird.“
Regina Adamczak
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Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
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