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Der Himmel voller Werkzeuge

Ein Besuch im „Maison de l´Outil“ im französischen Troyes
Der Himmel voller Werkzeuge

Die Entwicklung des Menschen als selbstständig denkendes Wesen geht eng einher mit der Entwicklung der Werkzeuge, die er zum täglichen Gebrauch benötigte. Das Werkzeug als verlängerte Hand des Menschen, durch das er mit dem Material im Dialog steht. Im Werkzeugmuseum von Troyes kann diese Wechselbeziehung auf mannigfaltige Weise nachvollzogen werden.

Der französische Pater Paul Feller hatte im Jahr 1958 begonnen, eine sehr umfangreiche Werkzeugsammlung aufzubauen. Ziel des Theologen war, jungen Menschen anhand dieser Werkzeuge die vielfältige Handwerksgeschichte vor Augen zu führen und in ihnen den Wunsch zu wecken ein Handwerk zu erlernen.

Das Museum liegt im Ort Troyes in der französischen Champagne. Das dort in der Rue de la Trinité gelegene Gebäude wurde 1556 von dem reichen Kaufmann Jean Mauroy umgebaut. In den folgenden Jahrhunderten hatte das herrschaftliche Stadthaus vielfältige Nutzungen wie die als Waisenhaus, Manufaktur für Strickstrümpfe, Textil-Werkstatt oder Militärverwaltung und wurde schließlich zum Sitz einer lokalen Zeitung umfunktioniert. 1862 wurde das Hôtel Mauroy zu einem historischen Monument erhoben. Im Jahr 1966 erwirbt die Gemeinde Troyes das Gebäude und gibt es in die Obhut der französischen Wandergesellenvereinigung „Compagnons du Devoir“. Diese restaurieren das Haus mit ihrem vielfältigen Wissen aus allen Handwerksberufen nach allen Regeln der Kunst. Heute beherbergt es neben dem Museum das Centre Paul Feller, das sich der Forschung um die Pädagogik, Weitergabe und Ausbildung von Jugendlichen zu Handwerkern widmet.
Welt der Bücher
Das Haus umfasst neben der Werkzeugausstellung eine umfangreiche Bibliothek zum Thema Handwerk. Mit nahezu 35 000 Werken zur Geschichte des Handwerks, Techniken und Schriftstücken von Handwerkern und Bauern, stellt sie die zweitgrößte technische Bibliothek Frankreichs dar. Unter anderem findet man hier 35 Bände der Erstausgabe der Enzyklopädie von Diderot und d’Alembert (1751– 1780), der wohl umfassendsten Sammlung von Darstellungen zu den Werkzeugen und Tätigkeiten von Handwerkern.
Anhand dieser umfangreichen Sammlung ist es möglich, drei Jahrhunderte handwerklicher Kultur, Kenntnisse und Praktiken der Berufswelt des Handwerks zu erfassen. Die Werke der Bibliothek des „Maison de l’Outil et de la Pensée ouvrière“, dem Haus der Werkzeuge und der Gedankenwelt des Handwerks – so die deutsche Übersetzung des Namens – geben Studenten, Lehrenden und Spezialisten aus allen Herren Länder wertvolle Informationen rund um die Geschichte der Handwerksberufe.
Im siebten Werkzeughimmel
Die annähernd 10 000 im Museum ausgestellten Werkzeuge geben einen tiefen Einblick in die Welt des Handwerks. Eine Welt, in der der Mensch über Jahrhunderte eine geradezu persönliche Beziehung zu seinem Werkzeug entwickelt hat. Dem Werkzeug als verlängerte Hand die, zusammen mit dem Geist, Dinge erschafft. Viele Werkzeuge, vor allem diejenigen aus den Holzberufen, sind wohl vom Handwerker selbst angefertigt worden. Tragen sie doch vielfach dessen Initialen und sind aufwändig mit Ornamenten beschnitzt. Stets sind sie der Hand des Nutzers individuell angepasst und oft lässt sich ihre Funktion direkt ablesen.
Bei vielen Stücken erschließt sich deren Einsatz jedoch nicht auf den ersten Blick, sind doch Werkzeuge aus den verschiedensten Gewerken wie Tischler, Zimmermann, Böttcher, aber auch die des Maurers, des Gerbers, des Schuhmachers oder des Töpfers ausgestellt. Auch die Werkzeuge der Metallberufe, wie diejenigen der Schmiede, Hufschmiede und Blechner finden sich neben allgemein in Vitrinen zusammengefassten Werkzeugen zum Bohren, Messen oder Wiegen.
Vielfalt des Tuns
Alle Werkzeuge sind in der speziellen Art ihrer Verwendung ausgestellt. So sind hunderte von verschiedenen Kellen des Maurers an feinen Nylonfäden in der Art ihrer Benutzungsrichtung aufgehängt: Kellen zum Anmischen, zum Anwerfen von Putz, zum Glätten oder Ausarbeiten von Fugen. Andere Vitrinen zeigen die Vielfalt an Zimmermannsäxten: Solche mit langen Stielen, mit denen der Zimmermann auf dem Rundholz stehend dieses zu einem vierkantigen Balken besäumt oder solche mit kurzem Stiel und leicht geneigter Schneide zum Abbund und der Herstellung von Kerben.
Einzelne Werkzeuge, vor allem viele Hobel aus Holz, zeigen aufwändige Schnitzmotive in Form von Tier- oder Menschenfiguren. Auch der Griff eines Schraubendrehers kann gleich einer menschlichen Hand geformt sein. Solch individualisierte Werkzeuge haben seinen Besitzer oft durch ein ganzes Berufsleben begleitet. Sie unterstützten den Handwerker auf der Wanderschaft auf vielen Baustellen, denn die wandernden Gesellen mussten ihre Werkzeuge oft selbst mitbringen. Diese jahrzehntelange Nutzung hinterließ ihre Spuren an den Werkzeugen: Ausgearbeitete Griffe, Fehlstücke und Beschädigungen zeugen von einem harten Arbeitsleben – für beide, das Werkzeug und den Handwerker!
Ein Besuch im Haus der Werkzeuge in Troyes führt den Besucher in eine längst vergessene und archaisch anmutende Welt des Handwerks zurück. Eine Welt, die es in Zeiten von CNC, CAD und Automatisierung nicht mehr zu geben scheint. Und dennoch liefert es einen lebendigen Beweis von der Vielfalt handwerklichen Tuns und den tausenden kleinen Helfern derer sich Handwerker, zum Teil bis zum heutigen Tag, bedienen. (Heinz Fink) ■
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