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Der Soundwerker

In der Schreinerei Steffan schafft CNC-Komplettbearbeitung neue Freiräume
Der Soundwerker

Norbert Reinhart, Inhaber der Schreinerei Steffan, hat in ein Technologiekonzept investiert, ohne es zuvor im Einsatz zu sehen. Der „Schreinertraum“ hat ihn bereits auf dem Papier überzeugt – und inzwischen in der Praxis bewiesen, wie effizient Komplettbearbeitung tatsächlich sein kann. BM-Chefredakteur Christian Närdemann

I Norbert Reinhart (54) plant und produziert mit seiner Zehn-Mann-Schreinerei Steffan in Tauberbischofsheim individuelle Möbel und Einrichtungslösungen für Privat- und Gewerbekunden. Und da gibt es noch ein ganz besonderes Steckenpferd: Unter der Marke „Woodsound“ (www.woodsound.de) bündelt Reinhart kreative Schreinerkompetenz mit seiner Leidenschaft für erstklassige Hi-Fi-Komponenten. Er entwickelt und produziert System-Soundmöbel nach Kundenwunsch, Boxen, Verstärker und Zubehör für Menschen, die sozusagen schöner hören wollen. Sein Motto: Das Auge hört mit. Das vielseitige Produktspektrum und einen repräsentativen Querschnitt über Möbel- und Soundkreationen der Schreinerei können Kunden in seiner Ausstellung „Wohnkultur“ in Tauberbischofsheim begutachten und auch in Ruhe Probe hören. Aber Achtung: Hat man einmal Platz vor einer der schicken Sound-Wohnwände genommen und wird von ihr beschallt, fällt das Aufstehen gar nicht so leicht – so jedenfalls geht es mir bei meinem Besuch vor Ort.

Aber ich bin ja schließlich nicht zum Musikhören in Tauberbischofsheim, sondern um mir anzusehen, was Reinhart in der Produktion jüngst alles bewegt und auf neue Beine gestellt hat. Und das, soviel sei hier bereits vorweggenommen, ist bemerkenswert. Reinhart ist nämlich einer der allerersten Schreiner, die in einen Multicenter ST (ST = „Schreinertraum“) des Maschinenhandelshauses Grupp investiert haben. Das Einzigartige daran: Die Möbelteile werden inklusive aller horizontalen Bohrungen in einer Aufspannung fertig bearbeitet. Ein ebenso einfacher wie genialer Trick macht dies möglich. Und der ist patentiert.
Das Konzept: Bearbeitung komplett
Beim Multicenter ST handelt es sich weniger um eine Maschine als vielmehr um einen durchdachten, strukturierten und einfachen Ablauf. Grundlage und Voraussetzung für dieses Konzept ist das horizontale Bohren in eine Gesamtplatte, nachdem zuvor für diesen Arbeitsgang Taschen ausgefräst wurden. Dieses Verfahren ist patentiert und ermöglicht die komplette Fertigung von Korpusteilen – bis auf das Bekanten – in nur einem Arbeitsschritt auf ein und derselben Maschine.
Grundsätzlich kann jede Flachbettmaschine der Firma SCM oder Morbidelli mit dieser Option ausgestattet werden. Voraussetzung ist eine vierte Achse, um das Winkelaggregat für das horizontale Bohren einsetzen zu können. Grupp empfiehlt jedoch die SCM-Portalmaschine „Pratix S“, wie sie auch bei der Schreinerei Steffan im Einsatz ist. Sie ist rundum begehbar, sodass weder Lichtschranken noch Trittmatten zum Einsatz kommen müssen.
Unkomplizierte Arbeitsvorbereitung
Der Schreiner plant und konstruiert die Teile ebenso wie für eine herkömmliche CNC-Bearbeitung. Dies kann entweder mithilfe des Korpusgenerators oder CAD-Programms eines beliebigen Softwarehauses geschehen oder über die Programmierung von Einzelteilen im SCM-Programmiersystem Maestro. Norbert Reinhart hat neben dem CAD-System Rhino 3D den 3D-Generator von Truncad im Einsatz. Mit ihm lassen sich auf einfache Weise unterschiedlichste Möbel (beispielsweise auch Dachschrägenschränke etc.) komfortabel planen und konfigurieren. Im „Multicenter-Studio“, einer speziell für diesen Einsatz konzipierten Version der Software Nesting-Studio der CAD Line Hard- und Software Vertriebs GmbH, Bad Oeynhausen, werden die Daten dann als Zuschnittliste generiert. Dieses Modul erstellt vollautomatisch sämtliche Verschachtelungspläne inklusive der Ausfräsungen, um die erforderlichen horizontalen Bohrungen ausführen zu können. Reststücke, die sonst üblicherweise an der Längs- und Querseite anfallen, werden automatisch nach innen verschachtelt und für diese Ausfräsungen genutzt. Multicenter-Studio und Maestro sind durchgängig und aus einem Guss miteinander „verschmolzen“, was dem Anwender die Arbeit leicht macht.
Bevor der finale Schachtelplan dann abgespeichert wird, wird der Anwender nach einem alternativen Fräser (das ist je nach zu verarbeitendem Material sinnvoll) sowie nach einer alternativen Frästiefe gefragt. Letzteres nutzt Norbert Reinhart beispielsweise, wenn sehr kleine Teile produziert werden. Denn wenn nicht ganz durchgefräst wird, so der einfache aber effektive Trick dabei, kann ein Verrutschen sicher verhindert werden.
Sind diese Eckdaten geklärt und definiert, wird der Schachtelplan abgespeichert und steht damit für die Bearbeitung in der Werkstatt am Multicenter ST zur Verfügung.
Einfacher Fertigungsablauf
Auch der Ablauf ist unkompliziert: Der Maschinenbediener legt mittels Vakuumheber eine Halbformatplatte auf die Maschine, wählt das Verschachtelungsprogramm in der Steuerung an und startet die Bearbeitung. Das Ausfräsen der Taschen, das horizontale und vertikale Bohren sowie das Auftrennen der Fertigteile erfolgen dann automatisch auf der Vierachs-Maschine. Das Winkelaggregat für das horizontale Bohren ist so schlank konstruiert, dass 8-mm-Bohrungen mittig in 16-mm-Platten erfolgen können. Optional ist auch eine automatische Etikettierung der Einzelteile möglich, was Norbert Reinhart allerdings (noch) nicht nutzt.
Handlingaufwand minimiert
Im Anschluss an die maschinelle Bearbeitung, für die zwölf Werkzeugplätze zur Verfügung stehen, lässt sich der Bediener die Teile vom automatischen und per Lichtschranke gesteuerten Schieber entgegenbringen, entnimmt sie und stellt sie in einem Kommissionswagen ab. Sollte eine Zweitbearbeitung notwendig sein (z. B. Schrankmittelseite), wird das betreffende Teil nochmals aufgelegt und die rückseitige Bearbeitung gestartet.
Im Anschluss wird der Transportwagen zur Kantenanleimmaschine gefahren, um dort im letzten Schritt die Korpusteile zu bekanten. Fertig. Das Besondere: Eine Bohrmaschine, wie sie beim konventionellen Nesting nach der CNC-Bearbeitung fürs stirnseitige Bohren erforderlich ist, benötigt der Verarbeiter nicht. Entsprechend spart er auch den Hin- und Weitertransport zur/von der Bohrmaschine – was nicht nur Zeit spart, sondern auch weniger Handling bedeutet und so das Risiko potenzieller Beschädigungen minimiert.
Viel Schreinertraum auf wenig Raum
Die Maschine in der Schreinerei Steffan hat ein Bearbeitungsfeld von 4,3 x 2,1 m. Der Platzbedarf des Multicenter ST beträgt lediglich 6,3 x 3,4 m. Dank der installierten Bumper sind keine Schutzzäune um die Maschine erforderlich und sie ist rundum zugänglich. Alternativ ist das Bearbeitungszentrum auch eine Nummer kleiner mit einem Bearbeitungsfeld von 3,1 x 2,1 m erhältlich.
Spürbare Nutzeffekte
Im Zusammenhang mit der Investition in den Multicenter ST hat Reinhart seine Werkstatt komplett umgestellt. Der Ablauf konnte dadurch deutlich optimiert werden. Das zahlt sich unterm Strich aus: Die Durchlaufzeit in der Werkstatt konnte er durch das neue Bearbeitungskonzept halbieren. Und die mit der Teilefertigung zusammenhängenden Personalkosten um satte 75 % reduzieren. So können er und seine Mitarbeiter sich nun anderen wichtigen Dingen widmen, z. B. der Kundenberatung, Planung oder auch der kreativen Neu- und Weiterentwicklung im Bereich Woodsound.
Höhere Wertschöpfung, auch für Kollegen
Das neue Technologiekonzept zeigt also Wirkung. Nicht zu vergessen, dass die Wertschöpfung sich deutlich verbessert hat. Der Multicenter ST läuft derzeit rund zwei bis drei Stunden täglich. Bei seiner Leasingrate von 2500 Euro pro Monat, so hat Reinhart errechnet, würde bereits eine Stunde Maschinenlaufzeit am Tag reichen, damit sich die Investition rechnet – verglichen mit der Kombination Formatkreissäge/CNC/Bohren/Kante, wie er sie bis dato eingesetzt hat.
So freut er sich nicht nur über mehr Platz in der Werkstatt, sondern auch darüber, dass am Ende des Tages mehr in der Kasse bleibt. Und seine Kunden haben deutlich schneller ihre Wunschmöbel. Das gilt übrigens auch für Schreinerkollegen, für die er gerne individuelle CNC-Lohnarbeiten jeder Art auf seinem „Schreinertraum“ ausführt. „Klingt“ doch irgendwie richtig gut, um es mit Reinharts Worten auf den Punkt zu bringen. I

Weniger ist mehr

Das ist mir aufgefallen

Ich habe neulich einen interessanten Spruch aufgeschnappt. Sinngemäß besagt er: Dem Leben mehr Zeit geben funktioniert nicht – aber der Zeit mehr Leben. Irgendwie passt das zu dem, was ich in der Schreinerei Steffan gesehen habe. Das von Grupp patentierte Konzept der Komplettbearbeitung mit dem Multicenter ST ist technologisch eigentlich gar nicht so spektakulär. Ein Quantensprung besonders für kleine Betriebe hingegen ist, was daraus resultiert: Neue Freiräume für Chefs und Mitarbeiter.
Hinzu kommen kürzere Durchlaufzeiten, eine höhere Wertschöpfung und, dass sich das Konzept individuell bis hin zum vollautomatischen Beschicken und Etikettieren realisieren lässt. Spannend auch, ab welcher Maschinenlaufzeit pro Tag sich das Konzept bereits rechnet.

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