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Erhaltenswerte Schätze

Historische Fenster mit Know-how sanieren
Erhaltenswerte Schätze

Raimund Dörr hat sich dem Denkmalschutz im Fensterbau verschrieben. Mit der Erfahrung aus vielen Generationen werden in seiner Tischlerei die historischen Kunstschätze restauriert oder originalgetreu nachgebaut. Erhöhte Anforderungen an Wärme- und Schallschutz erfüllen? Kein Problem für den Spezialisten. Sein selbst entwickeltes „Histo-Glas“ bietet er auch Kollegen an.

Autor: Dittmar Siebert
I Historische Fenster originalgetreu nachbauen, restaurieren oder reparieren bzw. wiederherstellen ist das Kerngeschäft der Tischlerei Dörr aus Osterburken. Seit 2007 unter Leitung von Glasermeister und Fensterbauer Raimund Dörr beschäftigt das Unternehmen 20 Mitarbeiter – hochqualifizierte, sprichwörtliche Handwerker.

Erfahrungen im Bereich Denkmalschutz sammelte man aber bereits seit 200 Jahren über sechs Generationen hinweg.
Wir geben Ihnen Einblicke in das Tagesgeschäft und wissenswerte Informationen zum Denkmalschutz im Fensterbau. Erfahren Sie außerdem, welche speziellen Materialien sich bei den Restaurierungsspezialisten bewährt haben.
Maschinenpark und verwendete Hölzer
Auf den 400 m2 Werkstattfläche des Betriebes finden sich neben den üblichen Standardmaschinen auch ein Variomat von Weinig. Diese Kehlmaschine zum vierseitigen Hobeln und Profilieren kann Werkstücke sowohl längs als auch stirnseitig bearbeiten. Zum Einsatz bei der Restaurierung und dem Nachbau der historischen Fenster kommen ausschließlich einheimische Holzarten wie Lärche, Kiefer und Eiche – auch in Form von zweifach verleimten Massivholzkanteln.
„Histo“-risch verglast mit hohem Dämmwert
Moderne Fenster, denkmalschutztechnisch modifiziert, sind mindestens 56 mm stark und isolierverglast. Die Flügel sind innen wie außen mit dauerelastischen Dichtungsmaterialien samt dichtstofffreiem Glasfalzgrund verglast und mit einem Überschlag auf der Außenseite bestückt.
Historische Fensterelemente hingegen besitzen eine Einfachverglasung und sind nur 38 bis 44 mm stark. Der größte Nachteil des Einfachglases im sogenannten EV40-Fenster ist die schlechte Wärmedämmwirkung (Ug-Wert: 6,0 W/m2K). Eine Verbesserung erreicht man bei der Sanierung durch den Einsatz von Verbund- und Kastenfenstern mit zwei hintereinanderliegenden Scheiben (Ug-Wert von 2,4 bis 2,8 W/m2K).
Was macht man aber, wenn diese nicht gewünscht sind und die vorhandenen EV-Fenster saniert, bzw. original nachgebaut, die Wärmedämmwirkung aber verbessert werden soll?
Dazu hatte Dörr vor rund 25 Jahren eine gute Idee, welche schließlich in dem Produkt „Histo-Glas“ mündete, das die Firma heute europaweit vertreibt.
Verglichen mit normalem Isolierglas ist die Gesamtstärke und die Höhe des Randverbundes bei diesem Spezialglas deutlich geringer. So messen Standard-Isoliergläser in der Stärke mindestens 20 mm. Histo-Glas hingegen hat eine minimale Stärke von 8 mm (zwei Scheiben à 2 mm plus Scheibenzwischenraum von 4 mm). Der Ug-Wert beträgt 1,9 W/m2K. Erhältlich sind Varianten bis 13 mm Gesamtstärke und einem Ug-Wert von 1,3 W/m2K.
Neben der besseren Wärmedämmeigenschaften ist bei Histo-Glas nur eine geringe Glasfalzhöhe notwendig, da es kaum Randverbund abzudecken gilt. Dieses Glas passt somit hervorragend in das alte einfachverglaste EV40-Fenster – egal ob nur das Einfachglas der alten Fenster gegen Spezialisolierglas ausgetauscht oder ein neues EV40 hergestellt werden soll.
Ein weiterer Vorteil des Spezialglases aus dem Hause Dörr ist seine unverwechselbar historische Optik. Gefertigt mit Gläsern, die nach alten Verfahren als handgezogenes oder als mundgeblasenes Glas hergestellt werden, weist Histo-Glas die typischen Wellen, Schlieren, Blasen und Schürfern alter Scheiben auf.
Scheibeneinbau und Oberflächenschutz
Ausreichend für herkömmliche Einfachverglasung sowie für Histo-Glas ist eine Falzhöhe von 9 bis 10 mm. Der Glaseinstand beträgt dabei 8 mm, die Luft ca. 1 bis 2 mm. Mit einem 6-mm-Steg können so glasteilende Sprossen mit Kittfalz mit 24 bis 26 mm Gesamtbreite hergestellt werden. Dies genügt im Allgemeinen den Ansprüchen des originalgetreuen Denkmalschutzes.
Die Flügel haben einen Kitt-Außenfalz, in dem die Glasscheibe vollsatt in Leinölkitt liegt. Eine Kittphase beugt Staunässe vor, indem sie das Regenwasser abfließen lässt. In der Firma Dörr verwenden die Tischler Zweikomponenten-Leinölkitt. Dieser trocknet schneller als das historische Material. Noch besser sei „Elastokitt“, ein modernes Material, basierend auf modifizierten Silikonharzen. Man sieht optisch kaum einen Unterschied und dieser hat bessere Leistungseigenschaften. Damit der Kitt durch die Witterung nicht spröde, durchlässig und schließlich brüchig wird, muss er überstrichen werden. Der traditionelle Anstrichwerkstoff ist Leinölfarbe. Als Grundierung dient farbloses Leinöl. Die Deckfarbe besteht aus pigmentiertem Leinöl, das mit dem Pinsel sauber aufgebracht wird. Insgesamt vier Oberflächenarbeitsgänge sind nötig, bis ein deckender weißer oder farbiger Anstrich entsteht.
Da Leinöl sehr langsam trocknet, sollte man zwischen den Arbeitsgängen 3 bis 5 Tage Wartezeit einplanen. Besonders hohe Langlebigkeit erreicht, wer die Leinölfarbe über den Rand der Kittphase hinaus aufträgt, sodass sie 1 bis 2 mm breit in der Glasfläche haftet. Dies beugt dem Eindringen von Feuchtigkeit vor, was zu Holzschäden und oft schließlich zur Zerstörung des kompletten Flügelunterstücks führt.
Beschläge und optionale Zusatzdichtung
Bei der Firma Dörr werden überwiegend nachgebaute historische, zum großen Teil aufgesetzte Beschläge verwendet. Dazu gehören Winkel-, ebenso wie Fitschen- und Lappenbänder. Verbaut werden zudem u. a. aufliegende Fenstergetriebe, Einsteckeinreiber und Gussvorreiber sowie Fensterkrücken und Oliveneinreiber. Historische EV40-Fenster haben keine Dichtung und nur einen Falz. Um die Leistungseigenschaften hinsichtlich Winddichtheit und Schlagregensicherheit zu verbessern, kann eine Dichtung im Bereich des inneren Flügelüberschlags konstruktiv angeordnet werden. Diese liegt rings umlaufend luftdicht an, weil die historischen Beschläge die Dichtungsebene nicht unterbrechen.
Montage, Futter und Bekleidungen
Dörr befestigt seine Fenster mit herkömmlichen Direktbefestigungsschrauben. Im bewitterten Außenbereich kommt oft ein diffusionsoffenes, schlagregendichtes Fugendichtband zum Einsatz.
Die Fuge zwischen Blendrahmen und Mauerwerk wird meist mit Mineralwolle oder Hanf ausgestopft. Lässt der Untergrund es zu, werden auch Multifunktionsbänder eingesetzt.
Bei Fachwerkhäusern werden Futter und Bekleidungen außen montiert. Insbesondere bei Verbund- und Kastenfenstern im Denkmalschutzbereich baut Dörr hier Futter und Bekleidungen bzw. Holzfensterbänke individuell nach Originalvorgaben.
Spezialitäten mit CE-Kennzeichen
Dörr ist es gelungen, historische Fenster mit erhöhten Schallschutzwerten von 34 und 39 bzw. 41 dB zu bauen. Auch historisch aussehende F30-Brandschutzfenster mit 52 bis 56 mm Gesamtstärke wurden entwickelt.
Eine weitere Fenstervariante mit 56 mm erreicht die höchste Beanspruchungsgruppe im Bereich des Schlagregenschutzes und der Winddichtheit. Neben rechteckigen Modellen sind alle Sonderformen als Einfach-, Verbund- und Kastenfenster möglich: von Rund- bis Spitzbogenvarianten.
Eine weitere Spezialität ist die Restaurierung und der Nachbau von Ganzstahlfenstern. Auch hier kann Histo-Glas eingesetzt werden. Die meisten Fenster sind hinsichtlich der Leistungseigenschaften geprüft. So kann Dörr in der Regel für seine angebotenen Produkte eine Leistungserklärung und ein CE-Kennzeichen ausstellen. I

Lieferantenverzeichnis
Leinölkitt: Elastokitt Karl Wolpers KG, Hildesheim , www.kawo.de
Histo-Glas: Raimund Dörr, Osterburken , www.doerr-fenster.de
Leinölfarbe: Ottoson Färgmakeri AB, Genarp , www.ottosonfarg.com
Historische Beschläge: GSG Baubeschläge, Elsterwerda , www.gsg-baubeschläge.de
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