Nicht mehr verbrauchen, als nachwachsen kann, und einen guten Umgang mit sich und den Mitmenschen pflegen – das nahm sich der frischgebackene Tischlermeister Hans Stumpe vor, als er gemeinsam mit dem erfahrenen baubiologischen Fachhändler Manfred Röwekamp, der ebenfalls aus dem Tischlerhandwerk stammt, vor gut 20 Jahren die Tischlerei Röwekamp & Stumpe im münsterländischen Telgte-Raestrup gründete. Dass dieser gute Vorsatz natürlich nicht immer problemlos in gute Taten umgesetzt werden kann, ist eine Erfahrung, die die beiden mehr als einmal machen mussten – und die sie mit allen Idealisten teilen. Doch sie haben sich nicht entmutigen lassen, sodass sie heute nicht nur auf ein großes Netzwerk Gleichgesinnter vertrauen können, sondern dieses Jahr auch mit dem Alfred-Jacobi-Preis belohnt wurden. Denn weil die Münsterländer jede unternehmerische Entscheidung im Sinne der Nachhaltigkeit betrachten, wurden sie in der Kategorie „Betriebe ab zehn Mitarbeitende“ von der fünfköpfigen Jury auf den ersten Platz gewählt.
Vielseitiger Betrieb mit 14 Mitarbeitern
„Als Handwerksbetrieb im Tischlergewerk liefern wir alles aus Holz, was in Haus, Hof und Garten das Leben schöner macht und mehr“, so beschreibt Dorothee Stattmann, die bei Röwekamp & Stumpe für das Marketing und den Vertrieb verantwortlich ist, die Aufgabenfelder ihres Unternehmens. Neben Tischlern arbeiten auch Bodenleger, Holzbildhauer, Elektrofachkräfte, Fachbauleiter für Dämmtechnik, Gestalter im Handwerk und Gebäude-Energieberater im Team des Preisträgers. „Wir arbeiten zudem eng mit anderen Gewerken wie Zimmerei, Ladenbau, Haustechnik, Lehmbau, Solarbau sowie Malermeistern und Polsterern zusammen“, fügt Stattmann hinzu.
Mit Sachverstand und Kompetenz, Zuverlässigkeit und Geradlinigkeit, Pragmatismus und Flexibilität gehe man ans Werk und sorge für ein positives Arbeitsklima auf der Baustelle: „Das heißt, dass wir diese Ziele nicht nur mit unserem eigenen Team verfolgen, sondern auch in der Zusammenarbeit mit Planern, den anderen Gewerken und nicht zuletzt mit den Bauherren“, so Stattmann.
Überschaubarer Maschinenpark
Zur Nachhaltigkeit gehört für die Münsterländer auch, nicht ständig in neue Maschinen zu investieren. Den überschaubaren Maschinenpark mit zwei Formatkreissägen von Altendorf, Breitbandschleifer von Bütfering, Kantenanleimer von Hebrock, Vierseithobel von SCM, Oberfräse von Gannomat und kleiner CNC von Felder fasst Stattmann mit den Worten „alt, aber bezahlt“ zusammen und ergänzt: „Wir kaufen lieber bei Kollegen, als jeden Monat eine Menge Leasinggebühren berappen zu müssen. Das ist in Zukunft vielleicht überlebensentscheidend …“
Zusammenarbeit mit kompetenten Partnern
Da von Beginn an im Team nachhaltige Strategien entwickelt und gefördert wurden und damit schnell die Erkenntnis reifte, dass eine nachhaltige Ausrichtung auch jenseits des Tagesgeschäftes viel Kraft und Zeit erfordert, gingen die Münsterländer früh auf Partnersuche. „So haben wir sowohl Verbände als auch Fördermöglichkeiten gefunden, die uns unterstützen“, sagt Dorothee Stattmann. „Das Meisterteam mit Sitz in Hamburg ermöglichte uns die Gruppenzertifizierung FSC und PEFC. Auch der Austausch mit anderen Betrieben aus dem Ökobau NRW sowie Kontakte über den Nachhaltigkeitstag der HWK Münster oder mit den Altbau-Partnern Münster verhalfen uns zu mehr Wissen.“ Dazu kamen unterschiedliche Potenzialberatungen, die für eine effektive Struktur in Verbindung mit der angestrebten nachhaltigen Unternehmensführung sorgten.
Keine Worthülsen
Das Kompetenzzentrum CSR Münsterland ermöglichte 2019, alle Ansätze nachzuschärfen und stärker zu verfolgen. Die CSR, also die Corporate Social Responsibility, wurde zudem in Zusammenarbeit mit engagierten Studierenden der FH Münster optimiert, zum Beispiel durch die Definition der Top-fünf-Zukunftsthemen „Qualität der Ausbildung und der Führung“, „Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung“, „transparente Produktkommunikation“, „Klimaschutz“ und „Energieeffizienz“.
Dass es sich hier nicht um Worthülsen handelt, belegen zahlreiche Beispiele. So haben 2022 bereits sieben junge Menschen, darunter ein junger Mann mit Förderbedarf, ein- bis mehrwöchige Praktika bei Röwekamp & Stumpe absolviert. Die regionale Beschaffung von zertifiziertem Holz hat Priorität, es wird viel Vollholz verarbeitet, aus Abschnitten und Resten werden Hocker, Brettchen, Kartenständer und vieles mehr gefertigt. Oberflächen werden mit ökologischen Produkten behandelt, die frei von petrochemischen Rohstoffen sind. Seit 2009 wird Ökostrom bezogen, Werkstatt und Büros wurden auf LED-Beleuchtung und energieeffiziente Geräte umgerüstet, als Büroausstattung dienen Recyclingpapier und plastikfreie Materialien und insgesamt sechs S-Pedelecs werden sowohl von den Geschäftsinhabern als auch von den Mitarbeitern für Arbeitswege und sogar Kundentermine genutzt.
Trotz allem keine Hardcore-Öko-Tischlerei
„Trotz allem sind wir keine Hardcore-Öko-Tischlerei“, betont Stattmann. „Wir achten auch darauf, was sich unsere Kunden leisten können, denn leider ist Nachhaltigkeit nicht immer auch für alle erschwinglich.“ Es geht den Münsterländern folglich nicht darum, radikal die Welt zu verändern, sondern einfach vieles besser zu machen. „Und dabei müssen von uns alle mitgenommen werden, unsere Mitarbeiter, unsere Partner und natürlich auch unsere Kunden“, sagt Stattmann. Mit Letzteren ist sie oft in Kontakt, wenn sie in der Innenstadt von Münster im Shop der Tischlerei u. a. für Auro Naturfarben zu tun hat: „Nicht alle unsere Kunden achten auf Nachhaltigkeit, aber es werden immer mehr – und das freut uns wirklich sehr!“
Röwekamp & Stumpe GbR
48291 Telgte-Raestrup
Alfred-Jacobi-Preis
Gute Ideen werden belohnt
Mit dem Alfred-Jacobi-Preis – dem Innovationspreis für das nordrhein-westfälische Tischlerhandwerk – belohnt der Fachverband Tischler NRW gemeinsam mit den mehr als 80 Unternehmen aus dem Kreis der „Tischlerpartner NRW“ Jahr für Jahr die Kreativität des Tischlerhandwerks in Nordrhein-Westfalen. Der Preis, der 2011 zum ersten Mal vergeben wurde, ist nach dem langjährigen Verbandsvorsitzenden Alfred Jacobi benannt, der im Sommer 2010 nach schwerer Krankheit verstorben ist. Auf Landes- und Bundesebene hat Alfred Jacobi bis zu seinem Tod entscheidende Weichen gestellt – dieses Engagement soll mit dem Preis besonders gewürdigt werden.
Im vergangenen Jahr stand der Alfred-Jacobi-Preis unter dem Motto „Alle Zeichen auf Grün – Nachhaltigkeit und Umweltschutz“. Im Rahmen des „Treffpunktes Tischler“ in Bochum Mitte September wurde der Preis in zwei Kategorien verliehen: einmal für Betriebe bis neun Mitarbeitende und einmal für Betriebe ab zehn Mitarbeitende. Am meisten überzeugen konnten am Ende die Tischlerei Beule aus Brilon in der ersten und die Tischlerei Röwekamp & Stumpe aus Telgte in der zweiten Kategorie.