Eine schlichter Hallenbau im Gewerbegebiet. Im Inneren der großzügigen Halle die üblichen Maschinen eines holzverarbeitenden Betriebes, nur alles etwas größer dimensioniert. Schnell ist klar, hier geht´s nicht ums Klein-Klein, hier wird Material bewegt! Doch der Schein trügt, bei Muny Holzbau und Schreinerei in Kornwestheim, zwischen Stuttgart und Ludwigsburg gelegen, werden ganz entgegen einem ersten Eindruck auch kleine, feine Produkte hergestellt: Seit 2015 fertigt der Handwerksbetrieb in Kooperation mit Optik Flegl (siehe Objektbericht, S. 46 bis 49) unter dem Markennamen Flegl Wood Collection edle Brillenfassungen aus Holz.
Lange Handwerkstradition
Das im Jahr 1921 von Otto Muny als Zimmergeschäft und Treppenbau in Ludwigsburg gegründete Unternehmen wird heute von seinem Enkel Eberhard Muny und Patrick Pressel – beide Zimmermeister, Restauratoren im Zimmererhandwerk und Gebäudeenergieberater – geführt. Seit 2006 wird die Schreinerei als eigenständige, vom Holzbau unabhängige Abteilung von den beiden Schreinermeistern Wolfgang Muny und Wolfram Staiger als Betriebsleiter unter Schreinerei Muny GmbH geleitet. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen heute 26 Mitarbeiter, davon 15 in der Zimmerei und 11 in der Schreinerei. Das Auftragsspektrum umfasst dabei neben klassischer Zimmerei, die Sanierung und Restauration, den Holz- und Fassadenbau bis hin zu Komplettleistungen im Holzbau. Das Auftragsspektrum der Schreinerei umfasst den gehobenen privaten Innenausbau, den Brandschutz, sowie Objekt- und Museumsbauten.
Konsequente Produktentwicklung
Die Idee für die Herstellung von exklusiven Holzbrillen brachten Vater und Sohn Gerhard und Stefan Flegl, Inhaber von Optik Flegl aus dem nahegelegenen Sachsenheim, ein. Stefan Flegl hatte schon während seiner Meisterschulzeit erste Entwürfe für individuell gefertigte Brillen entwickelt und konnte nach seinem Einstieg ins elterliche Geschäft 2013, auch seinen Vater für die Idee einer eigenen Brillenkollektion begeistern. Seit Jugendzeiten mit Wolfgang Muny bekannt, lag es für Gerhard Flegl nahe mit dieser Idee an die Firma Muny heranzutreten.
Trotz der nicht ganz alltäglichen Anfrage, erkannten die Schreinermeister Wolfgang Muny und Wolfram Staiger das Potenzial eines solchen Produktes und sahen die Möglichkeiten für den erweiterten Einsatz des erst kurz vorher angeschafften 5-Achs-Bearbeitungszentrums. Doch ganz so einfach war die Sache dann doch nicht: Denn wie immer, von den ersten Ideen bis zum markreifen Produkt ist es ein langer Weg.
Von der Zeichnung auf die Maschine
Wohl hatte Stefan Flegl bereits CAD-Zeichnungen seiner Entwürfe angefertigt, diese Daten waren jedoch nicht maschinenkompatibel. Die Lösung dafür bot das Programm Top Solid Wood des Softwarehauses Moldtech in Salzkotten. Mithilfe des spezialisierten CAD/CAM-Programmes setzte Manuel Ciupke, Schreinergeselle und CNC-Spezialist bei Muny, die Daten im CAD um, sodass diese auf dem 5-Achs-Bearbeitungszentrum (HolzHer 7225) präzise umgesetzt werden konnten.
Doch bevor dies geschehen konnte, mussten zuerst die Verleimschablonen für die Herstellung der Rohlinge produziert werden. Aus starken Multiplexplatten wurden jeweils Form und Gegenform hergestellt – für jede Brillenform eine, für die Bügel sogar zwei –, in der anschließend acht bis zehn Schichten unterschiedlicher Furniere mit PVAC-Leim in eine leicht gebogene Form gebracht wurden. Als Furniere kommen, wegen ihrer Homogenität und Holzartenvielfalt sogenannte Fineline-Furniere (Alpi) zum Einsatz – für exklusive Modelle auch Furniere aus echtem Stein.
Die so verleimten Formteile wurden wiederum in Frässchablonen aus Multiplex mithilfe von Schaftfräsern mit einem Durchmesser von nur 4 mm bearbeitet. Da bei solch minimalen Werkstückdimensionen scharfkantige Ecken nicht mehr mit dem Sägeaggregat ausgearbeitet werden können, dient hier ein extra angefertigter Schaftfräser im Durchmesser von nur 0,8 mm zum Ausstechen der Taschen, die zur Aufnahme der Brillengelenke in Fassung und Bügel dienen.
Eine weitere Bearbeitungsspezialität stellt die Befestigung der Brillengläser dar: Da die Fassungen nicht wie üblich zum Einsetzen der Gläser mittels einer Schraube geöffnet und
so geweitet werden können, erhalten diese durch einen speziellen Profilfräser mit nur etwa 5 mm Durchmesser an der Innenkante eine V-förmige Nut. In diese werden die vom Optiker ebenfalls auf einer CNC-Schleifmaschine exakt geformten Gläser später vorsichtig eingepresst. Auch die hölzernen Brillenbügel und die daran angesetzten Bügelenden aus Acetat-Kunststoff erhalten mittels eines Spezialfräsers eine kleine T-förmige Taschenfräsung. Zum Abschluss werden die fertigen Brillenfassungen mit einem schützenden Überzug aus tiefmattem 2K-PUR-Lack (Klumpp naturmatt) lackiert.
Breite Modellpalette, Just-in-time-Fertigung
Dank einer erfolgreichen Markteinführung der Flegl Wood Collection in den vergangenen zwei Jahren, hat sich die Modellpalette auf inzwischen gut 30 verschiedene Brillenformen in 15 unterschiedlichen Holz- und zuletzt
sogar fünf Steinoberflächen erweitert. Mit bis heute gut 1000 hergestellten Fassungen bildet die Brillenproduktion ein, wenn auch kleines aber feines Segment im Auftragsspektrum des Kornwestheimer Holzbau- und Schreinereibetriebes.
BM-Video: Einblicke in die Brillenfertigung
(Quelle Video: Muny GmbH/Flegl OHG)
Projektbeteiligte
Muny Holzbau Schreinerei
70806 Kornwestheim
Optik Flegl OHG
74343 Sachsenheim
Moldtech GmbH
33154 Salzkotten