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Nicht reden – handeln

Gelebte Nachhaltigkeit der ,Ökologischen Werkstatt’ von Salvatore Gugliuzza
Nicht reden – handeln

Viele sprechen über Nachhaltigkeit – glaubhaft wird sie allerdings erst, wenn sie auf ganzheitlichem Handeln, getragen von einer grundsätzlichen Überzeugung und Verantwortung für das eigene Tun, beruht. Schreinermeister Salvatore Gugliuzza lebt diese Überzeugung mit seinem Betrieb ,Ökologische Werkstatt’ in Fellbach bei Stuttgart.

Autor: BM-Redakteur Heinz Fink

I Der Lebensweg mancher Menschen verläuft gerade, die familären und beruflichen Ziele sind klar abgesteckt, der Sohn wird, was der Vater war, und setzt die Traditionen fort. Andere gehen Um- und Nebenwege und kommen schließlich doch zu ihren Wurzeln zurück. Auch Salvatore Gugliuzzas Lebensweg hätte vorbestimmt sein können, stammt er doch aus einer alten sizilianischen Handwerkerfamilie: Der Vater war Maurer, sein Großvater Kunsttischler. Doch der junge Abiturient hatte andere Pläne und kam 1987, nach einem kurzen Studium der Kultur- und Literaturwissenschaften in Bologna, nach Deutschland. Nach einem Vorpraktikum für ein angestrebtes Innenarchitekturstudium in einer Massivholzschreinerei in Schorndorf, fiel die endgültige Entscheidung für die Ausbildung zum Schreiner. Die Zeit dort war prägend für den jungen Sizilianer: „Ich kam zur Überzeugung, das Richtige zu tun, denn neben der traditionellen Ausbildung stand auch alternatives Denken und Handeln bezüglich Rohstoffen und Ressourcen im Mittelpunkt.“

Widerstände als Chance begreifen
Nach kurzer Tätigkeit als Geselle in einer Schreinerei mit baubiologischem Schwerpunkt, war Salvatore Gugliuzza allerdings klar, dass er diesen Beruf selbstständig ausführen wollte. Doch das war einfacher gesagt als getan. Ohne eigenes Kapital und Sicherheiten erschien die Gründung einer eigenen Werkstatt nicht möglich.
Dennoch, die Grundstruktur des eigenen Betriebes hatte er schon damals, wenn auch unscharf, vor Augen. „Motiviert durch die Grundzüge alternativen Handelns und dem Anspruch, gesunde Räume zu schaffen“, beschreibt er die Entstehung seiner Werkstatt, „entwickelte sich ein Arbeitskonzept, das auch der Namensgebung zugrunde liegt: die ,Ökologische Werkstatt’.“
Ab 1992 versuchte er, seinem Traum mit einem Montagebetrieb näher zu kommen, als er das Angebot erhielt, seinen Lehrbetrieb zu übernehmen. Mit inzwischen kleinem eigenen Kundenstamm, aber wenig Eigenkapital und kaum Sicherheiten war eine übliche Finanzierung über eine Bank immer noch nicht zu realisieren. Aber wie das Leben so spielt, kam er über eine Kundin in Kontakt mit einer Bank mit dem außergewöhnlichen Slogan „Geben-Leihen-Schenken“, der GLS Gemeinschaftsbank, einer Genossenschaftsbank, die sich der Förderung nachhaltiger Unternehmenskonzepte verschrieben hat. Noch am selben Tag führte ein Gespräch mit den Verantwortlichen der Bank zu den Vorbereitungen für eine Kreditvergabe – und gleichzeitig zu einem neuen Auftrag der Bank für den jungen Betrieb.
Prinzip der Gegenseitigkeit
„Der Kredit über damals 20 000 DM wurde durch Bürgschaften von Kunden und Freunden sowie eine eigene Einlage als Mitgliedschaft gesichert“, erzählt der heute 52-jährige Schreinermeister. „Dieses gegenseitige Vertrauen von Menschen in verschiedene Rollen hat es möglich gemacht, dass die ,Ökologische Werkstatt’ 1995 ihren Lauf nahm.“
Heute beschäftigt der Betrieb in Fellbach bei Stuttgart neben dem Betriebsinhaber zwei Meister, zwei Gesellen, einen Auszubildenden und eine Bürokraft. Der Kundenstamm besteht zu fast 90 % aus oft langjährigen Privatkunden und zu 10 % aus Geschäftskunden. Darunter seit mehr als 20 Jahren die GLS-Bank, anthroposophische Schulen und Kindergärten, aber auch Ärzte und Ladenbesitzer – allesamt Kunden, denen die Grundwerte der Werkstatt wie Ökologie, Nachhaltigkeit, Gesundheit und Umweltverträglichkeit ebenfalls wichtig sind.
Vielschichtiges Wechselspiel
Das Thema Nachhaltigkeit hat für Salvatore Gugliuzza dabei verschiedene Aspekte. Ausgangspunkt aller kreativen und produktiven Tätigkeit im Handwerk, so seine Überzeugung, sind die Rohstoffe. So verarbeitet die Werkstatt vorwiegend Massivholz (Stammware und Platten) aus der Region und aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Dies schließt die Verwendung hochwertiger Beschläge ein.
„Für die Oberflächenbehandlung kommen ausschließlich Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen, wie Öle und Wachse, zum Einsatz. Wir vermeiden weitgehend Schad- und Kunststoffe, sowohl in der Produktion als auch in den Endprodukten“, so Gugliuzza. „Müllvermeidung, Wieder- und Weiterverwertung sind uns bei der Herstellung unserer Produkte wichtig. Bei der Verarbeitung nutzen wir ausschließlich Strom aus regenerativen Energiequellen.“
Der Kunde als Partner
Ansporn für ihn und sein Team sind die Nachfrage, Ideen und Bedürfnisse seiner Kunden, die Salvatore Gugliuzza als Partner auf Augenhöhe sieht: „Wir wollen unsere Kunden verstehen und beraten, um durch die Umsetzung ihrer Wünsche und Ideen einen wirklichen Mehrwert zu schaffen – Ziel ist der zufriedene Auftraggeber.“ Der Kunde werde so zum Finanzier und schließe den Kreislauf von Werkstatt, Rohstoffen und den hergestellten Produkten: „Unser Kapital unterstützt Ihre Produkte – Ihr Kapital unterstützt uns.“
Dieser Kreislauf (siehe Grafik oben) zeige, so Gugliuzza, die wechselseitige Wirkung der verschiedenen Komponenten: z. B. zwischen den kreativen Impulsen der Kunden und der soliden handwerklichen Ausführung der Werkstatt oder zwischen der hohen Qualität der Rohstoffe und einer soliden Finanzierung. „Die gemeinsame Werteorientierung zwischen uns und unseren Auftraggebern lässt sich unter dem Aspekt Nachhaltigkeit zusammenfassen“, sagt Gugliuzza. „Das heißt: Das Prinzip des ressourcenschonenden Umgangs mit allen Materialien, um künftigen Generationen eine gesunde Lebensgrundlage zu erhalten, der Grundsatz der Ehrlichkeit und langfristiges Denken prägen das Handeln.“
Auch wenn sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit oft zu widersprechen scheinen und es immer wieder Kompromisse brauche, ist Salvatore Gugliuzza fest davon überzeugt: „Unser nachhaltiges Arbeiten wirkt sich positiv auf Kunden und Werkstatt aus und gibt unserer täglichen Arbeit Sinn.“ I

Die BM-Serie im Überblick: Facetten der Nachhaltigkeit
Dieser Beitrag ist Teil einer Serie.
Darin geht BM der Frage nach, wie nachhaltiges Handeln in der Schreinerei aussehen kann. Im Fokus steht insbesondere die praktische Relevanz des wenig greifbaren Begriffes der Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk.
Die Hauptbeiträge im Einzelnen:
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BM-Gewinnspiel
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BM-Titelstars
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Im Fokus: Vernetzte Werkstatt

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Im Fokus: Vakuumtechnik
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Im Fokus: Raumakustik
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Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
Im Fokus: Gestaltung
Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

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