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Traumberuf CNC-Tischler

Sören Ruland fertigt im Auftrag von Kollegen
Traumberuf CNC-Tischler

Sören Ruland hat ein Faible für CNC-Maschinen. So entstand eine Geschäftsidee, die mehr ist als nur ein Standbein: Sein Betrieb will Zulieferer für Kollegen sein. Der persönliche Kontakt ist ihm wichtig. Christine Speckner

Ganz am Anfang war es nur ein Spaß. Wenn Sören Ruland sah, wie sein Tischlerkollege von Hand Löcher in die Schrankwand bohrte, frotzelte er schon mal: „Das würde eine CNC-Maschine alles alleine machen.“ Noch nie hatte Ruland an einer CNC gearbeitet. Er träumte nur davon. Für den Technik-Freak bedeutete eine CNC schnelle Programmierung, mehr Tempo und Ertrag, aber auch viele Gestaltungsmöglichkeiten. Zehn Jahre später wurde aus dem Spaß Ernst. Heute blickt Sören Ruland von seinem Büro durch eine blitzsaubere Glasfront auf eine mit Tageslicht geflutete Werkstatt. Es ist seine eigene. Und wenn er von seinem Chefsessel aus ein bisschen mehr nach links schaut, hat er sie im Blick: seine eigene CNC. Daneben Kantenanleimer und Plattensäge.
Bierdeckel mit Handskizze
„2011 habe ich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt“, erzählt Ruland. Ein Firmenname lag gleich auf der Hand: CNC-Tischler. Das wollte er ja auch werden. Einer, der im Auftrag von Kollegen fertigt – nicht für Endkunden. „Wir sind Zulieferer für Tischler und Schreiner, die sich kein Bearbeitungszentrum in die Werkstatt stellen können oder wollen.“ Für sie fertigt der CNC-Tischler sämtliche Möbelteile: Vom Plattenzuschnitt ab Stückzahl 1 bis zum fertigen Möbel, egal ob Büroschrankwand oder Küchenmöbel, auch vormontiert. „Wir brauchen nur Aufmaß und Materialwunsch. Unsere Kunden bestellen meist mit CAD-Daten per Mail oder Fax.“ Eine Bierdeckelzeichnung reiche aber auch, schmunzelt Ruland. Aus der Vorlage wird eine 3D-Konstruktion erstellt. Daraus sämtliche Möbelteile gefräst, inklusive Bohrungen, Aussparungen, Schnitte und Nuten.
Erfolgreich in der Nische
Eine halbe Autostunde von Köln entfernt liegt das Bergische Land. Hier, im Ort Wiehl, liegt die Werkstatt des CNC-Tischlers. Man muss sich nicht wundern, wenn man den Ort im Grünen nicht kennt. Provinz, sagen die einen. Für mich ist das mein Zuhause, sagt Ruland. Hier ist er schon als 14-jähriger Jungspund im Leichtathletik-Verein gesprintet. Warum nicht Fußball? „Das machte doch jeder“, sagt Ruland und grinst. Mit dem Strom schwimmen wollte er nie. Sein früherer Chef, Ulrich Renner, Geschäftsführer der Tischlerei Renner, erinnert sich: „Unter den Gesellen hat Sören sich früh eine Führungsrolle erarbeitet. In der Montagetruppe war er Teamleader, obwohl er eher ein ruhiger Typ ist.“ Als Ruland ihm von seiner Idee erzählt, sich selbstständig zu machen, ist der Chef skeptisch. Noch eine Schreinerei? Wo es in der Gegend schon viele kleine Betriebe gibt? „Das macht wenig Sinn, da bist du nur Mitbewerber. Such dir besser eine Nische!“, rät er ihm. Während Ruland die Meisterschule besucht, entwickelt sich die Idee, einen Zuliefererbetrieb zu gründen. Heute ist sein früherer Arbeitgeber selbst Kunde bei Sören Ruland. Und nicht nur das. „Wir unterstützen ihn auch, indem wir seine Firma Kollegen empfehlen“, betont Renner. Konkurrenz gebe es genug. Ein großer Holzhändler habe in der Region ein Bearbeitungszentrum hingestellt.
Im Nebenerwerb angefangen
Der Weg in die Selbstständigkeit lief jedoch nicht immer glatt. „Zuerst hatte ich nur einen Nebenerwerb angemeldet“, erzählt Ruland. Als sich wenige Kilometer von seinem Wohnort die Chance ergab, eine kleine Tischler-Werkstatt zu mieten, packte er die Gelegenheit beim Schopf. Miete zu zahlen brauchte er nur, wenn ein Auftrag hereinkam. Allerdings konnte er kaum Werbung für das eigene Geschäft machen. Und ziemlich stressig war es auch, nach Feierabend noch mal an die Säge zu müssen, um eigene Aufträge zu erledigen. Ein Jahr hielt er durch. Dann ging er zum Chef und sprach offen über seine Pläne. Angestellt bleiben wollte er auf Dauer nicht, sondern sein eigener Chef sein. Klingt nach Strategie. „Stimmt schon“, sagt Ruland ruhig. „Ich plane gerne.“ Sein Ziel vor Augen, war ihm aber auch die Partnerschaft wichtig. Seine Frau bestärkte ihn. „Sonst hätte ich es nicht gemacht.“
Teamwork fängt Auftragsspitzen ab
Heute beschäftigt der 34-Jährige sieben Mitarbeiter. Vor Kurzem sind sie in eine größere Werkstatt umgezogen: 730 m² Produktionsfläche, zwei Büroräume. In derselben Halle arbeitet sein Vermieter, eine andere Tischlerei. Das bringt Vorteile für beide Unternehmer. „Die Nachbarfirma übernimmt bei uns Überkapazitäten und wir wiederum von ihnen. Dadurch können wir beide mehr Aufträge abwickeln.“ Gewiss, aus heutiger Sicht würde der Jungunternehmer manches anders machen. „Ich hätte gleich größere Maschinen gekauft, wenn ich gewusst hätte, wie gut mein Geschäft läuft.“ So wurde die erste Kantenanleimmaschine mit 8 m/min vor wenigen Wochen durch ein produktiveres Modell (20 m/min) ersetzt. Außerdem investierte Ruland zwei Jahre nach Gründung in eine liegende Plattensäge, eine HPL 300 von Holzma. Gestartet war man mit einer Formatkreissäge. Die CNC-Fertigung übernimmt ein 4-Achs-Bearbeitungszentrum Venture 08M von Weeke.
Weniger Kosten, mehr Flexiblität
Von seiner Geschäftsidee, ausschließlich Zulieferer für Kollegen zu sein, ist der CNC-Tischler immer noch überzeugt. Privatkunden kommen nicht infrage. „Damit könnte ich meine CNC gar nicht auslasten“. Eine Zusammenarbeit mit ihm bringe für seine Kollegen deutliche Vorteile, nämlich weniger Kosten und mehr Flexibilität. „Gerade kleinere Betriebe müssen somit nicht in ein CNC-Bearbeitungszentrum investieren und haben beim Zuschnitt kein Risiko“, fasst Ruland zusammen.
Mittlerweile hat der Unternehmer einen treuen Kundenstamm im Umkreis von 150 Kilometern. Aber auch Messe- und Ladenbauer lassen bei ihm fertigen, sowie einzelne Kollegen aus Berlin, Dresden und Südbaden. Zwei bis drei Wochen dauert es im Schnitt, bis ein Auftrag erledigt ist und ausgeliefert wird.
Persönlicher Dialog mit Kunden
Anruf am frühen Montagmorgen. Ein Messebauer möchte zwei Rundtheken bestellen. „Machen wir“, sagt Ruland, das Angebot will er gleich schreiben. Ist es die unkomplizierte Art, mit der er sich gegen die Konkurrenz behauptet? Der junge Tischlermeister zuckt mit den Schultern. „Wir sagen halt: Ruft uns an und sagt, was Ihr braucht, wir geben dann Bescheid, ob’s geht.“ Kommt ein Spezialauftrag rein, den seine Firma selbst nicht fertigen kann, gibt er ihn an Kollegen weiter. „Da bin ich Netzwerker.“ Wenn er so redet, klingt es sympathisch. Und doch müssen die Zahlen am Ende stimmen. Weil der Acht-Mann-Betrieb mit den Niedrigpreisen der großen Zuliefererbetriebe nicht mithalten kann, setzt der Existenzgründer auf eine andere Karte: Kundennähe. Mindestens einmal im Jahr fährt er persönlich zu den Kunden. „Das machen die Großen nicht, da ist man nur eine Nummer.“ So ein Kundenbesuch fordert aber auch Durchhaltevermögen. Gerade wenn man nicht so gern im Mittelpunkt steht, wie Sören Ruland. Der CNC-Freak, markantes Gesicht und Brille, im dezent weiß-blau-karierten Hemd lächelt. „Das muss man lernen als Unternehmer“, sagt er.
Praktische Tipps von der Innung
Was die Meisterschule ihm nicht mitgegeben hat, holt er sich von anderer Seite. So sei zum Beispiel die Innung ein guter Ratgeber für Gründer, weiß Ruland heute. Mittlerweile ist er als Beisitzer im Vorstand. Und hat in Kursen gelernt, wie er seinen Betrieb besser organisiert und wie er mit klaren Zielen Mitarbeitergespräche führt.
Vor zwei Monaten erfolgte die Umstellung auf Zweischicht-Betrieb, so läuft die Produktion noch effektiver. Doch funktionierende Maschinen allein, das reicht nicht. Zum Chef-Sein gehört auch Mut zum Risiko. Man braucht schon gute Nerven an Tagen, wenn es mal nicht so läuft. Inzwischen hat er mehr Erfahrung, ist nicht mehr so schnell geknickt wie beim Start seiner Selbstständigkeit vor fünf Jahren. Damals hatte er eifrig Werbebriefe an 5000 Schreiner geschickt. Doch niemand meldete sich. Einen Monat lang hieß es warten, bis endlich der erste Auftrag kam. Ruland lächelt, wenn er daran denkt.
Es soll überschaubar bleiben
Soll die Firma weiter wachsen? Er winkt ab. Überschaubar soll es bleiben, eine Handvoll Mitarbeiter, das ist okay. Auch an Wegzug aus der ländlichen Idylle denkt das langjährige Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Wiehl nicht. Nur eines, sagt Ruland, will er sich bald gönnen: zwei Wochen Urlaub, den Betrieb mal alleine lassen – ohne Bauchschmerzen.
CNC-Tischler Ruland
51674 Wiehl-Bomig

Die Autorin
Christine Speckner ist freie Journalistin und lebt bei Freiburg.
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