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Werkstatt-Asse

ASE Wohnkultur: Wer Qualität liefern will, muss Qualität leben
Werkstatt-Asse

Es sind nicht Maschinen, die Qualität erschaffen. Worauf es in der Werkstatt wirklich ankommt, weiß Gerald Asenkerschbaumer. In seiner 30-Mann-Schreinerei setzt er auf klare Strukturen, gute Kommunikation, Sauberkeit und Ordnung. Mit diesem Mix ist er sehr erfolgreich. Schneiden Sie sich eine Scheibe ab. BM-Redakteurin Natalie Ruppricht

Dichter Wald. Das Navi sagt, ich habe mein Ziel fast erreicht. Hier soll es eine Schreinerei mit 30 Mitarbeitern geben? Als ich die Bäume hinter mir lasse und ins bayerische Örtchen Asten fahre, bietet sich mir dann doch das typische Bild: Auf dem Parkplatz stehen blaue Transporter, zwei Mitarbeiter in weißen T-Shirts legen eine Platte auf die Säge, ein anderer steht an der CNC, der Azubi spachtelt. Es ist alles etwas größer, als ich es kenne, und doch so, wie ich es liebe: der Geruch von Holz, der Lärm der Maschinen, die Geschäftigkeit. „Der Chef ist vorne im Büro“, verrät mir einer der Männer.

Vorne ist auch die Ausstellung. Sie schafft einen ersten Eindruck darüber, was die Firma ASE Wohnkultur anbietet – Bäder, Küchen, Schlaf- und Wohnzimmereinrichtungen – und erweckt in mir den Eindruck von Qualität, Ehrlichkeit und Offenheit. Im Eingangsbereich steht ein massiver Eiche-Esstisch. Dahinter erwarten mich ein geschmackvoller Werkstoffmix und durchdachte Lichtkonzepte. Ich sehe Moos an der Wand, Glaskies auf dem Boden, Materialmuster in Hülle und Fülle. Schon kommt der Chef, Gerald Asenkerschbaumer (52), strahlend auf mich zu und stellt mir seine Tochter Sarah (27) vor.
Richtig gute Mitarbeiter
Der wichtigste Qualitätsfaktor in der Werkstatt sind ihre Mitarbeiter, da sind sich die beiden einig. Die Technik hingegen sei eher Mittel zum Zweck. „Damit geht’s halt schneller“, erklärt Gerald. „So kann man mit wenigen Mitarbeitern viel erreichen.“ Schließlich gibt es im Handwerk immer weniger gute Fachkräfte. Doch die zunehmende Digitalisierung verursacht auch Probleme: „Die Leute stumpfen ab, weil ihre Arbeit oft monoton ist. Sie werden nachlässig, die Qualität leidet. Es ist eine Kunst, sie immer wieder zu motivieren.“ Der Schreinermeister hat auch schon ungelernte Hilfsarbeiter ausprobiert. Funktioniert hat es nicht. „Was bringt es mir, wenn einer munter Platten an der Kantenanleimmaschine abnimmt, drei Wagen belädt und nicht sieht, dass die Qualität nicht stimmt?“ Sarah bringt es auf den Punkt: „Wir brauchen Leute, die mitdenken und Probleme sofort erkennen.“ Deshalb beschäftigt ASE nur noch ausgebildetes Personal: Gesellen, Meister, einen Innenarchitekten. Der Betriebsinhaber will Kunden Qualität bieten, also müssen die Mitarbeiter selbst einen hohen Qualitätsanspruch haben. Für Gerald ist es aber nicht nur wichtig, gute Mitarbeiter zu haben. Es müssen die richtigen sein. „Es macht keinen Sinn, eine super Fachkraft einzustellen, wenn sie nicht ins Team passt und das Klima in der Werkstatt immer wieder vergiftet.“
Motivation durch Abwechslung, Geld und Wertschätzung
Und wie hält man diese hoch qualifizierten Menschen in einer doch sehr technischen Umgebung bei Laune? „Zum einen versuchen wir, sie da einzusetzen, wo ihre Stärken liegen. Grundsätzlich muss aber jeder alles können und soll bis auf wenige Ausnahmen an alle Maschinen. Sie werden sowohl in der Fertigung als auch auf Montage eingesetzt. So bleibt die Arbeit abwechslungsreich.“ Ein weiterer Faktor ist die gute Bezahlung: Azubis erhalten eine Prämie, wenn sie in der Schule gute Leistungen bringen. „Das spricht sich rum.“ Und Mitarbeiter, die Verantwortung übernehmen, werden übertariflich bezahlt: „Wir haben einige Gesellen mit Meisterlohn.“
Zur Motivation trägt auch Geralds Offenheit gegenüber Neuem sowie seine Bereitschaft zu Investitionen bei. Letztes Jahr wurde ein Arbeitsplatzsystem von und für die Firma Barth getestet. „Der deutsche Schreiner gibt schnell eine halbe Million Euro für Maschinen aus, aber in den Bankraum investiert kaum einer“, sagt Gerald. Das sei verständlich: „Früher waren 90 % Handarbeit. Heute entfallen 25 % auf Arbeitsvorbereitung, 30 % auf die Montage und nur ein gutes Drittel der Zeit auf die gesamte Fertigung.“ Das ASE-Team ist von dem ergonomischen Arbeitstisch samt Zubehör begeistert.
Reden ist Gold
Ein weiterer Motivations- und Qualtitätsfaktor für Asenkerschbaumers ist die Kommunikation. Da sind zum einen viele Besprechungen: Das komplette Team trifft sich täglich um 6.55 Uhr in der Werkstatt, damit alle wissen, was ansteht. Am Freitag erörtern Geschäfts- und Projektleitung sowie Kalkulation und Außendienst die aktuelle Auftragslage. Sarah hat in Rosenheim Innenausbau studiert und ist seit September 2015 als Projektleiterin im elterlichen Unternehmen. Mit Alexander Wetzelsperger aus der Kalkulation ist sie ständig im Austausch. Fertigungsleiter Markus Salzinger stößt alle sechs Wochen dazu, um die Situation in der Werkstatt zu besprechen und verbessern oder anstehende Großaufträge optimal einzutakten. Zweimal im Jahr gibt es eine umfangreiche Teambesprechung: Wie steht das Unternehmen da? Wo geht die Reise hin? Gerald und seine Frau Heidi Asenkerschbaumer, verantwortlich für Personalfragen, Arbeitsrecht und Verwaltung, nehmen sich zudem einmal jährlich Zeit für ein Einzelgespräch mit jedem Beschäftigten. Hier sollen Stärken und die persönliche Entwicklung, aber auch Ängste und Sorgen offen angesprochen werden.
Die Strukturen tragen zu einer guten Kommunikation bei: Unter dem Werkstattleiter gibt es drei Teamleiter, die jeweils Verantwortung für mehrere Mitarbeiter tragen. „Wir haben hier ein freundschaftliches Verhältnis, auch mit Papa“, so Sarah, „aber manche tun sich schwer, Probleme beim Chef anzusprechen. Da ist es leichter, wenn sie sich ihrem Teamleiter anvertrauen können.“ Sarahs Bruder Philipp (25), schon seit mehreren Jahren als Facharbeiter im Unternehmen, ist ebenfalls eine wichtige Anlaufstelle sowie Sprachrohr für die Kollegen.
Wohlfühlklima – erst machen, dann zeigen
Doch natürlich sind es auch Weihnachtsfeier und Betriebsausflug, die den Zusammenhalt stärken. Im Sommer organisieren die Lehrlinge ein Grillfest und am Geburtstag gibt es ein kleines Geschenk. Hat jemand etwas Besonderes erreicht, wird mit Lob nicht gespart und als der regionale Fußballverein aufgestiegen ist, hat Sarah den Zeitungsbericht im Pausenraum aufgehängt. „Es ist wahnsinnig wichtig, dass man sich bei der Arbeit wohlfühlt, dass man ernst genommen und geschätzt wird“, findet sie. Ihr Papa ergänzt: „Viele unserer Mitarbeiter fahren recht weit. Das würden sie nicht auf sich nehmen, wenn es ihnen hier nicht gefallen würde. Wem die Stimmung egal ist und wer einfach nur Geld verdienen will, der geht in die Industrie.“
Für die Kommunikation nach außen nimmt ASE alle zwei Jahre am Tag des Schreiners teil. „Das ist interessant und lukrativ“, findet Gerald. „Auch kleine Betriebe sollten diese Chance nutzen und sich vor den Großen nicht verstecken.“ Regelmäßig besuchen Schulklassen den Betrieb und auch Kunden dürfen jederzeit gerne einen Blick in die Werkstatt werfen. „Mit diesen Aktionen erreichen wir nicht nur neue Kunden, sondern auch potenzielle Azubis und Mitarbeiter.“
Oberstes Gebot: Sauberkeit und Ordnung
Gerald ist sicher: „Du kannst die besten Mitarbeiter haben und noch so viel reden – wenn die Werkstatt schlampig ist, wirst du keine guten Möbel bauen. Der Charakter der Menschen gleicht sich dem Chaos an.“ Deshalb spielt die Ordnung eine große Rolle: „Es war mein oberstes Ziel, dass jedes Teil einen festen Platz hat.“ Zwar hat jeder Facharbeiter sein eigenes Handwerkzeug, doch alle Handmaschinen sowie Kleingeräte und Zubehör sind in Systainern untergebracht und beschriftet. Wer die Lamellofräse oder Schleifpapier sucht, ein Lasermessgerät oder den Lötkolben braucht, weiß, wo es zu finden ist. Holt er etwas aus dem Regal, hängt er eine Marke mit seinem Namen an den Haken. Diese Ordnung müsse sich durch alle Bereiche ziehen: Auftreten, Firmenkleidung, Werbung, Arbeitseinstellung. Selbst der Müll wird vorbildlich getrennt. In den ASE Standards ist definiert, dass Mitarbeiter bei Kundschaft die Schuhe aus- oder Überzieher anziehen, ordentlich grüß Gott und auf Wiedersehen sagen, klare Ansagen machen. Die Kundenzufriedenheitsbögen zeigen: Das zieht. „Unsere Mitarbeiter werden oft gelobt“, erzählt Sarah stolz. Wenn dadurch entsprechend anspruchsvolle Aufträge kommen, ist das Team motiviert.
Eine Frage der Organisation
Zu einem reibungslosen Ablauf tragen auch geregelte Strukturen und klare Prozesse bei. „Das haben wir auf die Spitze getrieben“, schmunzelt Gerald. Während der Auftragsabwicklung läuft beispielsweise der Kundenordner immer mit – bei der Arbeitsvorbereitung, in der Werkstatt, auf Montage. Er enthält Zeichnungen und Pläne, Rahmendaten, die der Werkstattleiter für die Einteilung benötigt, und eine Checkliste für den Monteur. Daneben ist eine Bestellliste fürs Sekretariat drin, ein Aufmaß- und ein Oberflächenformular. Das Abnahmeformular lässt der Monteur vom Kunden unterschreiben, die Materialverbrauchsliste gibt er im Büro ab, wo jeder Auftrag nachkalkuliert wird. Zuletzt liegt noch eine Chancenliste bei, auf der die Mitarbeiter Verbesserungsvorschläge notieren können. „Und wir haben noch mehr Checklisten und Ablaufpläne, z. B. für Aufmaß, Bewerbungsgespräche, Praktikum oder die Einführung neuer Lehrlinge.“
Im Arbeitsalltag hat jeder Mitarbeiter bestimmte Aufgaben: Die Azubis halten die Fahrzeuge in Ordnung, waschen die Leimrolle aus, holen Brotzeit und räumen die Küche auf. Gesellen und Meister kümmern sich um den Maschinenpark oder einzelne Arbeitsbereiche. Dazu Gerald: „Es ist wichtig, dass man Zuständigkeiten definiert. Sonst fühlt sich keiner verantwortlich und einer schiebt es auf den anderen.“ So hat Oberflächentalent Markus Radauer ein Auge auf den Lackierraum. Er unterstützt die Kollegen und weiß, wie’s geht. Der Lehrlingswart wiederum ist Ansprechpartner für die Azubis und hilft bei der Planung ihres Gesellenstückes. Auch sonst ist ASE ein vorbildlicher Ausbildungsbetrieb. „Wir sind den Lehrplan durchgegangen und haben alle Aufgabenfelder auf unseren Betrieb übertragen.“ Für jeden Azubi wird eine Liste geführt, sodass stets ersichtlich ist, was er schon alles gemacht hat. Während die Anforderungen der BG viele Handwerker überhaupt nicht interessieren, zieht Gerald auch Gefährdungsbeurteilung, Wartung und Sicherheitsunterweisungen gnadenlos durch, wie er sagt. Die Termine sind im Outlook-Kalender hinterlegt. „Eine Frage der Organisation“, winkt er ab, als ich staune. „Man muss nur erkennen, dass es ein Hilfsmittel ist und keine Regulierung.“
Mich hat er überzeugt. Und weil hier zwar alles etwas größer ist, als ich es kenne, und im Grunde doch genau so, wie in jeder Schreinerei, schaffen andere das sicher auch.
ASE Wohnkultur
84529 Tittmoning-Asten
www.ase-wohnkultur.de

Überzeugungstäter

Das ist mir aufgefallen

40061175Beim Schreiben dieser Reportage fiel es mir anfangs schwer, die vielen nützlichen Inhalte zu ordnen und in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Denn gewisse Werte, Ideen und Vorstellungen tauchten im Gespräch immer wieder auf. Das zeigt mir, dass sie sich wie ein roter Faden auch durch den Betrieb ziehen. Es sind echte Überzeugungen von Gerald Asenkerschbaumer, keine Marketing-Phrasen. Tochter Sarah ist eine ebenso authentische und selbstbewusste Persönlichkeit. Sollte das Familien-Unternehmen irgendwann in vierter Generation weitergeführt werden, dürfte der Übergang auch dank der geordneten Strukturen kein Problem sein. Davon bin ich überzeugt.

Zum Nachmachen

Sie wollen in Ihrer Werkstatt selbst gerne Werkzeugplaketten einführen würde, wissen aber noch nicht, wie das aussehen könnte?  > Hier gibt’s zur Inspiration den “ASEguide Handwerkzeug
Außerdem hat Gerald Asenkerschbaumer freundlicherweise seine Checkliste für’s Aufmaß zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!
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