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… with a little help from my friends

Bau eines Holzmastes für ein traditionelles Segelboot
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Einer besonderen Herausforderung stellten sich der Arzt und Maschinenbauingenieur Dr. Roland Dietrich und das Team um den Treppenbauer Johannes Wunsch in Forbach im Murgtal. Sie bauten einen neuen, 11 m langen Holzmast für Dietrichs traditionelles Nordisches Folkeboot „Moltina“. Roland Dietrich hat seine Erfahrungen rund um den Mastbau für uns zusammengefasst.

Die Zeichnung des Nordischen Folkebootes geht zurück auf einen Konstruktionswettbewerb, den die Königlich Göteborgische Segelvereinigung 1939 ausgeschrieben hatte. Aufgabe war die Erschaffung eines kleinen, einfachen und für die Ostsee tauglichen Touren- und Regattabootes. Aus mehreren Entwürfen ging schließlich das Folkeboot hervor, das bis heute in unveränderter Form gebaut wird. Unabhängig vom Material des Rumpfes ist ein Holzmast vorgeschrieben, dessen Abmessungen und Konstruktionsmerkmale sich in sehr engen Grenzen bewegen.

In der Regattaszene sind vor allem weiche, biegsame Masten gefragt. Außerdem sollten sie möglichst leicht sein, da ihr Gewicht die Schräglage verstärkt. Im Gegensatz dazu steht die Forderung nach ausreichender Stabilität, um die erheblichen Kräfte zu bändigen.
Nach einer Faustregel treten am Hauptbeschlag Spitzenbelastungen auf, die in etwa dem Bootsgewicht entsprechen: zwei Tonnen – „viel Holz“ also für einen Mastdurchmesser von lediglich maximal 115 mm. Diese sich widersprechenden Eigenschaften sind nur durch einen verleimten Mast zu erreichen. Sitkafichte gilt als das beste Holz für diesen Zweck. Es wächst in Nordamerika und Kanada. Es ist langfaserig, leicht, elastisch und in astfreien Seiten zu haben. Auch die Instrumentenbauer verwenden für ihre Gitarrendecken gerne Sitka, vielleicht ist es auch deshalb sehr teuer. Der Preis erreicht inzwischen den von Teakholz.
Probleme gibt es auch bei der Suche nach Oregon Pine. Zugelassen ist darüber hinaus heimische Fichte. Hier muss man eventuell Äste und Harzgallen in Kauf nehmen.
Die Mastform: eine echte Herausforderung
Johannes Wunsch hatte mich darauf aufmerksam gemacht, dass das Sägewerk Echtle in Nordrach Weißtanne in bestechender Qualität liefern kann. So fiel unsere Wahl schließlich auf dieses Holz. In früheren Jahren wurden Tannen in dieser Güte von der Murgschifferschaft im Schwarzwald als „Holländertannen“ bezeichnet. Sie gingen vorwiegend zum Schiffbau in die Niederlande und wurden über Murg und Rhein bis hinunter nach Rotterdam geflößt.
Die Form des Mastes ist alles andere als einfach. Am Mastfuß ist er noch kreisförmig, nach oben wächst der Durchmesser, wobei sich der Mittelpunkt des Kreisprofils in Bootsrichtung nach vorne verlagert. Schließlich geht der Querschnitt in eine Tropfenform über an der Stelle, wo an der Rückseite eine Hohlkehle beginnt, welche die Vorliekleine des Großsegels aufnimmt.
Denkbar wäre hier zwar auch eine Aluminiumschiene, an welcher das Segel mit Mastrutschern angeschlagen wird. Die Bauvorschriften der Nordic Folkeboot International Association lassen jedoch nur die Hohlkehle zu, fachmännisch als „Göl“ bezeichnet oder mit dem aus dem Englischen stammenden Begriff „Keep“. Nach oben nimmt der Querschnitt erheblich ab, das Profil wird mehr und mehr längsoval und endet in einer annähernd elliptischen Form.
Zunächst musste eine exakt gerade verlaufende Richtbank erstellt werden, was wir unter Verwendung eines Lasergerätes erreichten. Darauf wurden die Abmessungen 1:1 aufgezeichnet. Da der Mast sich in Längsrichtung biegen soll, muss er auch längs verleimt werden, um ihn nicht zu sperren.
Im ersten Schritt wurden 11 m lange Bretter hergestellt. Da die Längen nur bis 5 m lieferbar sind, bestand jedes der Bretter aus drei Teilen, welche über eine etwa 30 cm lange Schäftung verbunden wurden. Alle Leimverbindungen erfolgten mit Epoxidharz. Wir wählten die Dicke so, dass vier Lagen Holz zusammenkamen, jede ca. 30 mm dick und 140 mm breit. Die beiden zentralen Bretter wurden mittels der Oberfräse mit einer Längsnut versehen. Zusammengeleimt bilden beide Nuten die Hohlkehle für das Segel.
Nach Aufbringen der beiden äußeren Lagen wurde der Zimmermann aus dem Ort bestellt. Mit seiner großen Handkreissäge brachte er den so entstandenen Leimbinder in seine erste Form, noch mit rechteckigem Profil. Mit der kleinen Handkreissäge wurde anschließend die Schräge an der Göl erzeugt. Anschließend wurden über die ganze Mastlänge die Kanten eines Achteckprofils angezeichnet und mit dem Elektrohobel herausgearbeitet. Ab diesem Zeitpunkt gab es nur noch Handarbeit. Der Schritt zum Sechzehneck erfolgte bereits mit der Raubank, mit der auch im nächsten Arbeitsgang das Profil weiter verrundet wurde.
Nachdem alle geraden Flächen und Linien verschwunden waren, wurde die Orientierung immer schwieriger. Allenfalls mit einer Schablone konnte der Unterschied zwischen Ist- und Sollmaß noch wahrgenommen werden, mit Setzlatte und Richtschnur wurden eventuelle Kalibersprünge aufgespürt.
Wichtiger war ab jetzt jedoch das Gefühl für die Form. In dieser Phase waren meine Zweifel am Gelingen des Projektes am größten. Zuletzt wusste ich nicht mehr, an welcher Stelle ich noch weiter hobeln musste. Immer wieder ging ich mit Schieblehre und Schablonen den Mast entlang und es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis ich begriff: „Du kannst den Hobel weglegen, der Mast ist fertig!“
Dass ich dieses Projekt überhaupt durchführen konnte, verdanke ich der ausgeprägten Fähigkeit von Johannes Wunsch, sich in eine ihm fremde Thematik einzudenken und unbekanntes Terrain zu betreten. (Dr. Roland Dietrich) ■
Von Rigg bis Topp: Zusatzinfos für Interessierte
Es handelt sich bei der Takelage des Nordischen Folkebootes um ein sogenanntes „2/3-Rigg“, d. h., der Hauptbeschlag für die Befestigungen der Seitenwanten und des Vorstags ist in 2/3 der Masthöhe angebracht. Dadurch ergibt sich ein recht einfacher Trimm, der sich weitgehend selbstständig den herrschenden Windverhältnissen anpasst: bei zunehmendem Winddruck wächst die Spannung im Großsegeltuch, die sich in etwa um den Flächenschwerpunkt des Segeldreiecks konzentriert.
Dadurch entsteht eine Kraft, die den Großbaum nach oben ziehen will, was jedoch durch die Großschot verhindert wird. Da andererseits das Masttopp oberhalb des Hauptbeschlages frei steht, wird dieses durch die Anspannung im Segel nach hinten gebogen. Dadurch öffnet sich das Segel im oberen Anteil und lässt einen Teil des Windes vorbei streichen, wodurch krängende Kraft im oberen Bereich weg genommen wird.
Unterhalb des Beschlages dagegen bildet der Mast eine Wölbung nach vorne aus, wodurch das Segelprofil flach getrimmt wird und sich damit der erhöhten Windgeschwindigkeit anpasst. Vom Masttopp aus führt ein dünner Draht an das hintere Ende des Bootes, das sogenannte Achterstag. Es wird in der Regel lose gefahren. Bei kräftigem Wind kann es vom Cockpit aus angezogen werden, um die Mastbiegung weiter zu vergrößern.
Eine Reffeinrichtung zur Verkleinerung der Segelfläche ist dagegen nicht vorgesehen. Es wird auch bei Starkwind unter Vollzeug gesegelt. Schließlich führen noch zwei trapezförmig über Spreizarme geleitete „Jumpstagen“ zum Topp. Die Jumpstagspreizen sind seitlich und im leichten Winkel nach vorne ausgerichtet. Zum einen beeinflusst das Jumpstag die Biegekurve des Mastes, zum anderen verhindert es das seitliche Wegbrechen des oberen Mastanteils.
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