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»Nachhaltigkeitslabels können oft nicht verglichen werden«

BM sprach mit dem geschäftsführenden Vorstand der DGNB Johannes Kreißig
»Nachhaltigkeitslabels können oft nicht verglichen werden«

Damit Nachhaltigkeit tatsächlich plan- und messbar wird, hat die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) das Zertifizierungssystem für nachhaltige Neu- und Bestandsbauten sowie Quartiere entwickelt. BM sprach mit Geschäftsführer Johannes Kreißig darüber, wie unsere Branche das Thema Nachhaltigkeit für sich nutzen kann.

 

BM-Redakteur Stefan Kirchner

BM: Die DGNB zertifiziert ganze Gebäude und Quartiere. Zertifiziert sie auch die Dienstleistungen und Produkte von Tischlern, Schreinern und Fensterbauern?

Johannes Kreißig: Nein, die DGNB zertifiziert ausschließlich das Gesamtwerk Gebäude. Bauprodukte, Bauteile und Systeme können ihren Teil dazu beitragen, dass das Ergebnis nachhaltig ist. Sie sind aus Sicht der DGNB aber nicht per se nachhaltig. Ihre Leistung ergibt sich erst im Kontext des Gebäudes. Denn ein aus Nachhaltigkeitssicht einwandfrei hergestelltes, recyclingfähiges Bauprodukt kann seine Nachhaltigkeitswirkung verlieren, wenn es im Gebäude so verklebt wird, dass es nicht mehr sortenrein getrennt werden kann.

BM: Inwiefern ist die DGNB-Zertifizierung für Tischler, Schreiner und Fensterbauer interessant?

Johannes Kreißig: Wissen sollte man, dass das DGNB-System als das ambitionierteste weltweit gilt und immer stärker nachgefragt wird. Mehr als 10 000 Gebäude oder Innenräume wurden damit bereits ausgezeichnet. Für Ihre Zielgruppe interessant ist, dass in der Zertifizierung auch sozial- und umweltspezifische Eigenschaften von Materialien und Produkten in die Bewertung mit eingehen. Sei es eine sozialverträgliche Herstellung, kurze Transportwege, Schadstofffreiheit oder der CO2-Fußabdruck der Herstellung.

BM: Sollten die Bauelemente- und Möbelhersteller intensiver die Nachhaltigkeit in den Fokus ihrer Produkte stellen und dies auch sichtbar machen?

Johannes Kreißig: Unbedingt, Planende sind auf die Informationen und Daten von Herstellern angewiesen. Und andersherum wissen Hersteller oft nicht, welche Informationen denn benötigt werden. Die DGNB hat deshalb eine eigene Bauprodukteplattform, den DGNB-Navigator entwickelt. Dort können Hersteller ihre Produkte einstellen und die für eine Gebäudezertifizierung relevanten Informationen angeben. Abgefragt werden z. B. die CO2-Emissionen, die bei der Herstellung des Produkts entstehen. Ein großes Thema sind auch Schad- und Risikostoffe. Da das Thema komplex ist, hat die DGNB eine Matrix erstellt, die aufzeigt, bei welchen Produktgruppen welche Schad- und Risikostoffe auftreten können und welche Grenzwerte hier eingehalten werden sollten. Abgefragt wird auch, welche Nutzungsdauern bei Bauprodukten zu erwarten sind und ob sie am Ende der Nutzungsdauer wiederverwendet werden können, anstatt als Abfall entsorgt zu werden. Nicht zuletzt fordert die DGNB auch die Einhaltung bestimmter sozialer und umweltbezogener Standards in der gesamten Lieferkette.

BM: Worauf sollten Tischler, Schreiner und Fensterbauer im Besonderen achten?

Johannes Kreißig: Bei der Beschichtung von Holzoberflächen mit Lacken oder Lasuren und bei Holzwerkstoffen, die ja Kleber enthalten, ist auf gesundheitsschädliche Schad- und Risikostoffe zu achten. Die VOC-Emissionen, also flüchtige organische Verbindungen, gelangen im Wohnraum in die Luft und werden beispielsweise bei der Innenraumluftmessung im Rahmen der DGNB-Zertifizierung gemessen. Für Endverbraucher gibt der Blaue Engel Auskunft über die Einhaltung von Schad- und Risikogrenzwerte. Aus Klimaschutzperspektive steht Holz natürlich gut da, da es Kohlenstoff bindet. Wichtig ist aber, dass es aus nachhaltiger Forstwirtschaft gewonnen wird. Das weisen Labels wie „Holz von hier“, PEFC und FSC nach. Genauso wichtig ist auch, dass möglichst kurze Transportwege zurückgelegt werden. Im Sinne der Rückbau- und Recyclingfähigkeit sind Möbel und Bauteile idealerweise so gebaut, dass sie wieder getrennt und weiterverwendet werden können. Für Fensterbauer gilt alles, was unter der vorherigen Frage aufgelistet wurde. Sie sollten für ihre Produkte Umweltproduktdeklarationen (EPDs) zur Verfügung stellen. Gut ist auch, wenn Unternehmen ihre Fenster wieder zurücknehmen und recyceln. Das Institut für Fenstertechnik hilft z. B. bei der Erstellung von EPDs.

BM: Wie können die verschiedenen Nachhaltigkeitslabels miteinander verglichen werden?

Johannes Kreißig: Bei Nachhaltigkeitslabels ist wichtig, zu schauen, welcher Aspekt genau zertifiziert wurde. Geht es um Wohngesundheit oder um die Standards der Lieferkette – und wenn ja, welcher Teil wird beachtet? Vergleichen kann man Labels also oft nicht, da im einen beispielsweise überprüft wurde, ob das Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt, im anderen die Schadstofffreiheit der eingesetzten Lacke. Um hier Klarheit zu schaffen, hat die DGNB eine Labelanerkennung eingeführt. Sie prüft die Labels und zeigt auf, in welchen Kriterien der DGNB-Zertifizierung ein Label als Nachweis für bestimmte Anforderungen anerkannt wird. Mehr dazu unter www.dgnb.de/labelanerkennung.

BM: Können Nachhaltigkeitslabels als Marketinginstrument verwendet werden und wie werden diese wahrgenommen?

Johannes Kreißig: Als reines Marketinginstrument sollten Nachhaltigkeitslabels bitte nicht eingesetzt werden. Wenn Nachhaltigkeitslabels verwendet werden, dann sollte transparent dargestellt werden, was genau geprüft wurde.

Das hilft Planenden bei ihren Entscheidungen.

BM: Sollte die Forderung des Recyclings in dem Leistungsverzeichnis eines Produktes gleich festgelegt werden?

Johannes Kreißig: Angaben zu Recycling, lebenszyklusbezogenen CO2-Emissionen oder im Produkt enthaltenen Schad- oder Risikostoffen sollten unbedingt in das Leistungsverzeichnis des Produkts.

BM: Was ist nachhaltiger: ein Holz-, Kunststoff- oder Metallfenster?

Johannes Kreißig: Diese Frage kann nur projektspezifisch beantwortet werden. Es gibt keine One-fits-all-Lösung. Grundsätzlich sollte immer der gesamte Lebenszyklus des Gebäudes in die Entscheidung einbezogen werden, das heißt, neben Herstellung und Einbau auch der Unterhalt und das End-of-Life, ökologisch wie auch die Kosten. Aus einer fassadenbündigen Einbausituation ergeben sich so andere Anforderungen an Fenster als auf einer Ostseite mit Dachüberstand. Weitere Faktoren, die die Wahl beeinflussen, sind die Zugänglichkeit bzw. der Gebäudetyp oder die Nutzungsart. Es ist zu empfehlen, die positiven Eigenschaften der verschiedenen Materialien im Sinne der Nachhaltigkeit zu verbinden, wie beispielsweise beim Holz-Alufenster. Holz ist in der Regel gut reparierbar. Um den Witterungsschutz der Oberflächen sicherzustellen, wird Aluminium als Vorsatzschale anstatt organischen Beschichtungen, die ein regelmäßiges Streichen während der Nutzung erfordern, eingesetzt.

BM: Kann eine Montage auch nachhaltig sein und wie kann diese nach Gesichtspunkten der DGNB umgesetzt werden?

Johannes Kreißig: Die Montage ist das Bindeglied zwischen der Produktqualität und der Nutzung. Hier gilt es, die dauerhafte Funktion des Bauteils sicherzustellen, und dazu gehören neben der sicheren Verankerung eben auch die Schadstofffreiheit der Einbaumaterialien und die Luftdichtigkeit. Um das Fenster exakt zu positionieren, richtig anzuputzen und während der rauen Bauphase vor Beschädigungen zu schützen, kann die Verwendung einer Montagezarge vorteilhaft sein.

BM: Hilft die DGNB auch dabei, dass Tischler, Schreiner und Fensterbauer beim Thema Nachhaltigkeit vorankommen?

Johannes Kreißig: Neben dem DGNB-Navigator besteht für die Zielgruppe jederzeit die Möglichkeit, Mitglied und damit Teil des DGNB-Netzwerks zu werden. Die Mitgliedschaft dient dazu, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, was das nachhaltige Bauen angeht. Die Transformation des Bausektors findet bereits statt. Es ist von Vorteil, sich früh darüber klar zu werden, was das für die Branche bedeutet.

Die Fragen stellte BM-Redakteur Stefan Kirchner

www.dngb.de

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