Dass Hirnholz extrem druckfest ist, lernt schon jeder Azubi. Würde es nicht während der Trocknung so stark reißen … Tischlermeister Rainer Böhme entwickelt nun gemeinsam mit Partnern ein Verfahren, um genau das zu verhindern. Rudolf Bartl
Wer kennt sie nicht, diese unverwüstlichen Fußböden aus Hirnholzpflaster in Werkstätten und Turnhallen oder jene Hackklötze, deren Hirnholzflächen selbst scharfen Klingen widerstehen. Tischlermeister und Treppenbauer Rainer Böhme aus Sangershausen wollte die hervorragenden Eigenschaften dieser Hirnholzböden, nämlich stabil, extrem unempfindlich gegen Schmutz, dauerhaltbar und wohltuend für das Auge, auf seinen Treppenbau übertragen. Er verfolgte diese Idee über mehrere Jahre und sammelte bei vielen Fehlversuchen mancherlei Erfahrungen – negative, jedoch auch positive. Dennoch, weiterhin überzeugt, meldete er auf seine Idee „Hirnholz im Treppenbau“ (Sanierungselement für eine Trittstufe und Trittstufen) schon mal einen Gebrauchsmusterschutz an sowie auch das Europäische Patent – die Erteilungsankündigung liegt bereits vor.
Gleichzeitig initiierte er mit mehreren Partnern ein Entwicklungsprojekt, das vom Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert wird. Im Rahmen dieses Projekts werden diverse Modifizierungsverfahren und Trocknungstechniken untersucht.
Im Tränkkessel mit Polymeren imprägniert
Im Hirnholz treten sowohl innere Wachstums- als auch Oberflächenspannungen auf. Das Schwinden des Holzes während der Trocknung ist in tangentialer Richtung größer als in radialer. All diese Faktoren führen zu einer verstärkten Rissbildung des Hirnholzes. Vor diesem Hintergrund wird ein neuartiger Prozess entwickelt, welcher das Reißen von scheibenförmigem Hirnholz im Verlauf des Trocknungsprozesses unterbindet.
Bei der Modifizierung wird in einem eigens angefertigten Tränkkessel das Holz mit einem niedrigmolekularen, hydrophilen und nichttoxischen Polymer imprägniert. Das im Holz enthaltene Wasser wird verdrängt und das Polymer vernetzt sich im Holz und sorgt so für eine ausreichende Stabilität. Die Vernetzung verhindert das Emitieren des Polymers. Insgesamt wirkt sich die Modifizierung nicht negativ auf die gewünschte Eigenschaft des Hirnholzes aus. Da sich Laubhölzer im anatomischen Aufbau unterscheiden, müssen die Produktionsprozesse für jede Holzart speziell entwickelt und angepasst werden.
Dieses Verfahren schafft die Möglichkeit, die getrockneten Hirnholzscheiben in naturgemäß gewachsenere Form für Anwendungen im Innenausbau weiterzuverarbeiten. Die Anpassung der Fertigungsschritte auf die Verarbeitung der modifizierten Massivholzmaterialien ist ebenfalls Bestandteil des Entwicklungsprojektes.
Es wird noch weiter entwickelt
„Natürlich habe ich Lehrgeld bezahlen müssen,“ gibt Rainer Böhme zu. „Dennoch fasziniert mich diese Idee nach wie vor. Wir sind mit der Forschung nun soweit, dass wir schon die ersten Referenzprojekte umgesetzt haben. Allerdings muss das Verfahren noch perfektioniert und für die Serienproduktion verfeinert werden. Aber ich habe bereits weitere Ideen, wie und wo wir die modifizierten Rundholz-Querschnitte verwenden können“ so der ambitionierte Tischlermeister.
Der Autor
Rudolf Bartl leitet eine PR-Agentur, die Unternehmen aus dem Umfeld des Tischler- und Schreinerhandwerks sowie Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen betreut.
Die Projektbeteiligten
Am Entwicklungsprojekt „Hirnholz“ – Entwicklung modifizierter Hirnhölzer zur Herstellung hochwertiger Holzprodukte – sind folgende Projektpartner beteiligt:
- Tischlerei Rainer Böhme GmbH: Produktentwicklung, Verfahrensumsetzung
- Hochschule Rosenheim: Verfahrensentwicklung und Charakterisierung der Produkteigenschaften
- Kasanit Stahl- und Metallbau GmbH: Konstruktion und Bau der Tränkanlage
- Holzimpulszentrum Rottleberode: Projektkoordination
Teilen: