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Patentrezepte gibt es nicht

BM-Serie, Teil 1: Akustik im Büro
Patentrezepte gibt es nicht

Wer kennt diese Situation nicht: Man versucht sich im Büro auf seine Arbeit zu konzentrieren und die Kollegen führen eine lautstarke Diskussion, oder die lebhaft geführten Telefonate der Nachbarabteilung lenken ab. Lärm und starke Hintergrundgeräusche werden als störend empfunden. Was aber zeichnet eine gute Raumakustik aus und wie lässt sie sich positiv beeinflussen? In dieser zweiteiligen Serie erläutert Michael Fuchs die Grundlagen der Akustik und zeigt praktische Lösungen auf.

Die negativen Auswirkungen von Lärm auf die Arbeitsqualität der Mitarbeiter sind unbestritten. Für gute Akustik am Arbeitsplatz zu sorgen und Arbeitsschutzvorschriften zu befolgen, ist für Unternehmen mittlerweile keine lästige Pflicht mehr, sondern rechnet sich schnell durch deutlich gesteigerte Produktivität und zufriedenere Mitarbeiter. Was aber zeichnet eine gute Raumakustik aus und wie lässt sie sich positiv beeinflussen?

Lärm belästigt Mitarbeiter am Arbeitsplatz wie kein anderer Störfaktor. In zahlreichen Studien konnte nachgewiesen werden, dass Lärm die Leistung und das Wohlbefinden beeinträchtigen und im schlimmsten Fall zu Schlafstörungen, Migräne, Bluthochdruck und anderen Krankheiten führen kann.
Menschen empfinden Lärm sehr subjektiv. Allerdings ist festzustellen, dass die Toleranz gegenüber Lärm mit steigender Komplexität der Aufgaben und unter Zeitdruck abnimmt.
Subjektiv stärker durch Lärm belästigt fühlen sich auch Mitarbeiter, die beispielsweise von einer kleineren Büroeinheit, z. B. einem Einzel- oder Zweierbüro, in ein Großraumbüro umziehen.
Untersuchungen der letzten Jahre ergaben, dass die menschliche Stimme die Störschallquelle Nummer 1 in Büros ist. Telefonate und Besprechungen haben stark zugenommen. Hingegen sind lärmerzeugende Geräte wie Drucker oder Kopierer deutlich leiser geworden oder häufig in abgetrennten Räumen untergebracht. Computer stören höchstens durch das Klicken der Tastatur, dessen Lautstärke ebenfalls stark gesenkt wurde.
Frequenz, Schalldruckpegel und Hörempfinden
Die Tonhöhe wird durch die Frequenz der Schwingungen bestimmt. Das menschliche Ohr nimmt Töne in einem Frequenzbereich von 16 bis 20 000 Hertz wahr, wobei die Empfindlichkeit besonders für hohe Frequenzen, sprich hohe Töne, mit dem Alter sinkt.
Die Sprache wiederum bewegt sich in einem Frequenzbereich von ca. 150 bis 8000 Hertz.
Phon ist die Einheit für den Lautstärkepegel. Dies ist eine rein subjektive Größe angepasst an das menschliche Gehör. Der Schalldruckpegel hingegen beschreibt Druckschwankungen. Diese werden vom menschlichen Ohr wahrgenommen und somit als laute und leise Töne und Geräusche erkannt. Die Lautstärkenänderung, bezogen auf diese Druckschwankungen, ist stark frequenzabhängig. Da es sich hierbei um ein logarithmisches Maß handelt, werden bereits kleine Schwankungen bei hohen Schalldruckpegeln stärker empfunden als bei niedrigen. Um diese komplexen Zusammenhänge in der Praxis zu vereinfachen, erfolgt die Kennzeichnung durch einen auf das menschliche Gehör abgestimmten Bewertungspegel, den A-Schalldruckpegel.
Der Grundpegel liegt in Büros abhängig von ihrer Nutzung bei etwa 35 dB(A) und erhöht sich bei normal lauten Gesprächen auf ca. 50 bis 60 dB(A). Vereinfacht lässt sich sagen, dass sich eine Erhöhung des Schalldruckpegels um 10 dB etwa einer Verdopplung der Lautstärke entspricht (siehe auch untenstehende Tabelle).
Was ist nun eigentlich gute Akustik?
Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass eine gute Akustik der in einem schalltoten Raum entspricht. Besprechungsräume und Vortragssäle verlangen beispielsweise eine längere Nachhallzeit als normale Büros, denn der Fokus liegt hier auf einer guten Sprachverständlichkeit. In einem Büro, speziell einem Großraumbüro, ist genau dies unerwünscht.
Aufgrund des hohen Ablenkungspotenzials gilt es hier zu verhindern, dass Kollegen an den Gesprächen anderer passiv teilnehmen. Die Optimierung der Akustik in Büros verlangt deshalb die genaue Analyse von baulichen Gegebenheiten und Nutzungen sowie eine individuelle Planung. Pauschallösungen gibt es nicht.
Bauakustik heißt Schalldämmung
Die Bauakustik beschäftigt sich mit den Auswirkungen der baulichen Gegebenheiten auf die Schallausbreitung in einem Gebäude. Durch Schalldämmung soll verhindert werden, dass störende Geräusche von außen, beispielsweise Straßen- oder Baustellenlärm, und aus dem Inneren des Gebäudes, z. B. aus Nachbarräumen, in die Büroräume gelangen. Daraus ergeben sich Anforderungen an die Luftschalldämmung von Fassaden, Decken, Wänden und deren Anschlüssen, den so genannten Flanken. Vorgaben an die Schalldämmung sind in der DIN 4109 geregelt. Die entscheidende Rolle für den Schallschutz spielen die Wände zwischen den Büroräumen in Verbindung mit allen angrenzenden Bauteilen.
In neueren Bürogebäuden werden die Richtwerte für den Schallschutz dank der heute verfügbaren Fassaden-, Decken- und Wandsysteme in der Regel erfüllt. Anders ist die Situation in älteren Bestandsimmobilien. Sie weisen oft Defizite in der Bauakustik auf, die im Rahmen einer Revitalisierung so gut wie möglich beseitigt werden sollten. Im ersten Schritt müssen die Ursachen für den unzureichenden Schallschutz ausfindig gemacht werden. Häufig sind Flanken und angrenzende Bauteile nicht aufeinander abgestimmt oder es existieren Schallbrücken bedingt durch Montagefehler oder nachträgliche Durchdringungen beispielsweise durch Elektrokabel. Oft werden auch bei Umbaumaßnahmen Bauteile verändert oder für den Schallschutz wichtige Baustoffe wie z. B. Dämmmaterial weggelassen oder unsachgemäß montiert. In diesen Bereichen kann der Schall direkt von einem in den anderen Raum übertreten. Um die Luftschalldämmung zu verbessern, werden Bauteile ertüchtigt, getauscht oder bestehende Bauteile beispielsweise mittels Vorsatzschalen optimiert, Fugen geschlossen und Schallbrücken entfernt. In der Regel lassen sich die negativen Folgen von eindringendem Schall auf diese Weise vermeiden oder zumindest stark reduzieren.
Raumakustik verlangt Schalldämpfung
Im Unterschied zur Bauakustik befasst sich die Raumakustik mit der Schallausbreitung innerhalb eines Raums. Aufgabe der Raumakustik ist es – abgesehen von der Lärmbekämpfung – für gute Hörbedingungen zu sorgen und die Sprachverständlichkeit auf die jeweilige Raumnutzung abzustimmen. Eine typische Maßnahme ist hier die Ermittlung und Optimierung der Nachhallzeiten, die durch Schallreflexionen im Raum entstehen.
Für die Raumakustik entscheidend sind die eingesetzten Bauteile, deren Aufbau und ihre Oberflächen. Eine Vielzahl an glatten, harten Oberflächen, wie Beton, Glas, Steinböden und Parkett reflektieren den Schall extrem und verursachen dadurch hohe Nachhallzeiten. Um diese zu verringern, müssen im Raum gezielt auch absorbierende Elemente eingesetzt werden, die Schallenergie aufnehmen und nicht mehr oder nur reduziert in den Raum zurückgeben. Normen und Empfehlungen für die Raumakustik finden sich in der DIN 18041 und der VDI-Richtlinie VDI 2569. Die optimale Nachhallzeit hängt von der Raumnutzung ab. Erfahrungsgemäß sollte die Nachhallzeit in einfachen Büroräumen mit zwei oder mehreren Arbeitsplätzen 0,5 bis 0,6 Sekunden nicht überschreiten.
Raumakustik und Architektur
Die moderne Architektur stellt hohe Anforderungen an die Raumakustik. Durch den Wunsch nach Transparenz und formaler Reduktion dominieren heute Glas-, Beton- und andere glatte, schallharte Oberflächen im Inneren der Gebäude. Oftmals wird versucht, durch Teppichböden einen Ausgleich zu schaffen. Damit wird deren Potenzial bei weitem überschätzt. Teppichböden absorbieren Geräusche in der Regel erst ab einer Frequenz von etwa 1000 bis 2000 Hertz.
Bei der Reduzierung der im Raum entstehenden Schallenergie muss vor allem das Frequenzspektrum von 100 bis 5000 Hertz betrachtet werden, in dem das menschliche Gehör sehr gut ausgeprägt ist. Um moderne architektonische Konzepte und gute Raumakustik in Einklang zu bringen, sind sorgfältige Planung und eigens für diesen Einsatz entwickelte Absorbersysteme unverzichtbar. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass sich die Anforderungen an die Raumakustik zwischen Gruppenbüros, Großraumbüros und Besprechungsräumen deutlich unterscheiden.
Worauf in Abhängigkeit von der Raumnutzung zu achten ist und welche Lösungen zur Verfügung stehen, lesen Sie im zweiten Teil dieser Serie in der Juli-Ausgabe. ■

Glossar

Absorption: Definiert die Unterbindung von Reflexion und die Umwandlung von Schall, hauptsächlich durch Reibung in Wärme.
A-Bewerteter Schalldruckpegel: Der A-Bewertete Schalldruckpegel ist ein auf die Frequenz abgestimmter Schalldruckpegel. Er ist auf das Hörempfinden des menschlichen Ohres angepasst: dB(A).
Bauakustik: Definition der Schalldämmung, die Unterbindung der Schallausbreitung durch Raumbegrenzungen. Akustische Trennung von Räumen gegen nicht erwünschten Schall von außen oder von Nebenräumen. Unterschieden wird der Schutz gegen Luftschall und Körperschall (Trittschall, Installationsgeräusche).
Bewerteter Schallabsorptionsgrad: Bei der Ermittlung des Einzahlwerts werden 18 Terzfrequenzen von 100 bis 5000 Hz auf ihr Absorptionsverhalten untersucht. In der Auswertung erfolgt dann die Mittelung von drei Terzen zu einer Oktavfrequenz, den so genannten ap. Dieser wird auf 0,05 gerundet und mittels einer Bezugskurve (DIN EN 11654) ein Einzahlwert, der so genannte aW ermittelt.
Frequenz: Definiert die Anzahl der Schwingungen über die Zeit. Die Einheit wird in Hertz (Hz) angegeben.
Geräusch: Ein Schallereignis, welches aus verschiedenen Tönen bzw. Frequenzen besteht.
Lautstärkepegel: Subjektive Kenngröße der Lautstärke, abgestimmt auf das menschliche Gehör.
Lärm: Lärm ist ein unerwünschter Schall. Er setzt sich oft aus unterschiedlichen Tönen und Geräuschen zusammen und führt zu Belästigung oder gar zu gesundheitlichen Schäden.
Nachhallzeit: Die Nachhallzeit definiert die Zeit in Sekunden, in der nach Abschalten einer Lärmquelle der Schalldruckpegel um 60 dB abfällt. Der verbleibende Nachhall ist nach dieser Zeit für das menschliche Ohr nicht mehr hörbar.
Oktav: Abstand von zwei Frequenzen mit dem Verhältnis 2:1.
Raumakustik: Definition der Schalldämpfung und der Schallausbreitung innerhalb eines Raumes.
Schalldruck: Definition von Druckschwankungen in der Luft, welche sich mit dem vorhandenen Luftdruck überlagern.
Schalldruckpegel: Ist ein logarithmisches Maß zur Definition der Stärke eines Schallereignisses. Die Einheit für den Schalldruckpegel wird in Dezibel (dB) angegeben.
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Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
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